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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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hatte, wenn sich alles als Illusion erwies.
    Sie betrachtete Sams direkte Herangehensweise nicht als Bedrohung. Ganz im Gegenteil, er war auf charmante Art einnehmend, wie ein Kind mit dem Kopf voll naiver Fragen. Celia hatte in ihrem Leben schon viele Männer kennengelernt, hauptsächlich im Lehrberuf, die zweifellos offen und unbefangen waren, aber nur sehr wenige konnten dies mit Humor verbinden. Und genau das war es, was Sam mitbrachte. Etwas, das ganz eindeutig in Celias Erfahrungen gefehlt hatte.
    Ebensowenig bezweifelte sie, daß er auch eine finstre Seite besaß, einen Teil von ihm, den seine Persona nur unzureichend verbarg. Etwas, das sie noch nicht kennengelernt hatte, das aber früher oder später zutage treten würde, sollte ihre Liaison andauern. Celia konnte sich nicht vorstellen, wie sich diese finstre Seite manifestieren würde, noch wie sie damit umgehen würde, wenn es soweit war. Konnte etwas so Schreckliches wie Alkoholismus in seiner schlimmsten Form den geistigen Adel eines Opfers ungebrochen lassen?
    Mit solchen Gedanken war Celia noch beschäftigt, als Sam anklopfte und mit dem jungen Mann und seinem Hund hereinkam. Der höfliche junge Mann war schrecklich nervös, nahm seine Mütze ab und schüttelte ihr die Hand. Celia erkannte sofort, daß er entweder aus zerrütteten Familienverhältnissen stammte oder aber schlimm mißbraucht worden war. Wenn sie Geld drauf setzen müßte, wie diese amerikanischen Detektive immer sagten, dann würde sie auf beides wetten. Solche Kinder waren niemals leicht zu unterrichten, sofern sie nicht wirklich hochmotiviert waren. Aber dieser Junge war fast schon ein Mann. Celia hatte immer nur Kinder unterrichtet.
    Sie servierte kleine Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade, ganz offensichtlich eine gute Wahl, denn sie verschwanden so schnell wie ein Blinzeln.
    «Geordie möchte bei der Firma anfangen», sagte Sam. «Aber er muß schriftliche Berichte verfassen können.»
    «Was sagt Geordie dazu?» fragte Celia.
    «Ein paar Worte kann ich schreiben», sagte er. «Ich kann Worte ziemlich gut abschreiben, ’scheinlich könnte ich ein ganzes Buch abschreiben.»
    «Es kommt allein auf dich an, Geordie», sagte Celia. «Es ist überhaupt kein Problem für mich, mit dir zu arbeiten. Ich kann dir helfen, aber ich werde das nur tun, wenn du es auch wirklich willst.»
    Geordie sah Sam an. «Das ist der Job, richtig?»
    Sam nickte. «Ein Teil davon. Willst du’s versuchen?»
    «Ich kann lernen», sagte er. «Ich weiß, daß ich es kann. Wann fangen wir an?»
    «Wir können sofort anfangen», sagte Celia. «Aber morgens ist es mir am liebsten. Sam könnte dich morgens vorbeibringen.»
    «Okay», sagte Sam. «Sie können ihn jetzt für ein paar Stunden hier behalten. Ich hole ihn gegen halb sechs wieder ab.»
    Celia gab Sam eine Liste von Terminen. «Alle im Betty’s», sagte sie. «Zehn Uhr morgens. Sie können Geordie gegen neun hier absetzen, dann treffen Sie sich mit den Klienten.»
    «Das Leben wird höllisch schnell, Celia. Ich weiß nicht, ob ich das Tempo mithalten kann.»
    «Sie werden sich dabei voll entfalten, Sam.»
    «Was ist mit Ihnen? Jedesmal, wenn ich vorbeikomme, bringe ich Ihnen neue Arbeit.»
    «Das ist viel besser als stricken», sagte sie. «Bevor ich Sie kennenlernte, habe ich die halbe Dritte Welt mit Socken versorgt.»
     
    Sam fuhr zum Haus seines Vermieters und klingelte. Mike Parker war inzwischen im Ruhestand, und die beiden Häuser, die ihm gehörten, waren seine Altersversorgung. Lebte mit seiner unverheirateten Tochter zusammen. Mike war immer zu Hause.
    «Sam», sagte er. «Komm rein. Lange nicht gesehen.»
    «Die Wohnung über meiner», sagte Sam, betrat das Haus und ging zur Küche durch, «haben Sie schon einen Mieter dafür?»
    «Es sind mehrere Leute interessiert», sagte Mike. «Aber, nein, ich habe sie noch nicht vermietet. Denken Sie daran, sich nach oben auszudehnen?»
    «Es ist nicht für mich. Aber ein Junge, der für mich arbeitet, könnte einen Platz zum Wohnen gebrauchen.»
    «Wenn Sie wollen, gehört sie Ihnen», sagte Mike. «Wenn alle Mieter wie Sie wären, könnte ich ruhiger leben.»
    «Er hat nicht sonderlich viel Geld», sagte Sam. «Für den Anfang eine niedrige Miete, sagen wir, das erste Jahr?»
    «Jesus», sagte Mike, «die ganze Welt versucht mich aufs Kreuz zu legen.»
    «Nicht schon wieder eine Geschichte, wie schwer Sie’s haben.»
    «Fünfzig die Woche», sagte Mike. «Nehmen Sie’s oder lassen Sie’s

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