Insektenstachel
auf der elften, sondern auf der zehnten Fliese.«
Der Erste Detektiv verfiel ins Grübeln. Dabei kratzte er sich nachdenklich am Kinn.
»Haben Sie Laura davon erzählt?«, versuchte unterdessen Bob in Erfahrung zu bringen. »Schließlich könnte es doch sein, dass sie die Möbel und den Teppich beim Hausputz unbeabsichtigt verschoben hat.«
»Davon hätte ich ja wohl etwas mitgekriegt. Ich bin doch rund um die Uhr im Haus. Außerdem hat hier kein Hausputz stattgefunden. Laura hat sich ausschließlich um mich gekümmert.«
Unruhig begann Justus im Schlafzimmer umherzulaufen. »Sie sind eine äußerst sensible und aufmerksame Person, Madam. Ich kenne sie erst seit einigen Tagen, doch trotzdem wage ich die Behauptung aufzustellen, dass Ihnen durch Ihr feinfühliges Gespür nicht das geringste Detail entgeht. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Durch den Verlust Ihres Augenlichts sind Sie in der Lage, Dinge zu bemerken, die uns Sehenden verborgen bleiben. Eine Kostprobe dieser Fähigkeit haben Sie uns ja gerade geliefert.«
»Worauf willst du hinaus?« Mrs Hazelwood strich sich verlegen durchs Haar.
»Ich frage mich, weshalb Sie an Ihrer Wahrnehmung zweifeln? Wenn der Badezimmerschrank nicht mehr an der gleichen Stelle steht wie bisher, dann handelt es sich um eine Tatsache und keinesfalls um eine Halluzination. Ich denke mal …« Mitten im Satz hielt Justus plötzlich inne.
Hinter der angelehnten Schlafzimmertür hatte er eine Bewegung wahrgenommen.
Misstrauen
Als Justus mit einem Ruck die Tür öffnete, entfuhr Mrs White ein greller Schrei. Mrs Hazelwood, Peter und Bob lief es eiskalt den Rücken herunter. Die Lehrerin schrie wie am Spieß und konnte sich kaum beruhigen.
Der Erste Detektiv erholte sich zuerst von dem Schrecken. »Reißen Sie sich zusammen, Mrs White! Es ist doch gar nichts passiert! Kommen Sie zu sich!«
»Wie … wie kannst du es wagen, mich so zu erschrecken!« Anklagend drückte sie ihren spitzen Finger gegen seine Brust.
»Sie haben an der Tür gelauscht. Da darf man sich nicht wundern.« Justus blickte ihr scharf in die Augen. »Gibt es einen triftigen Grund für Ihr Benehmen?«
Atemlos kam Laura herbeigeeilt. »Um Himmels willen, was ist passiert?« Sie warf einen raschen Blick ins Schlafzimmer. »Ist jemand verletzt?«
Mrs Hazelwood hatte in der Zwischenzeit ihr Bett verlassen und sich in einen Bademantel gehüllt. »Ich verlange Aufklärung. Was geht hier vor?«
»Ich habe Mrs White nur hereingebeten und ihr gesagt, dass Sie oben im Schlafzimmer mit den jungen Herren essen«, verteidigte sich Laura. »Ohne mich eines Blickes zu würdigen, rauschte sie an mir vorbei.«
»Nicht du schuldest uns eine Erklärung, Laura, sondern Mrs White.« Der Erste Detektiv verschränkte die Arme. »Also bitte, Madam. Wir hören. Weshalb haben Sie unser Gespräch belauscht?«
»Das hat dich einen Dreck zu interessieren!«, pfefferte sie Justus rüde entgegen. »Darüber unterhalte ich mich mit Mrs Hazelwood unter vier Augen.« Sie stockte verlegen. »Ich meine natürlich – ohne weitere Anwesende. Entschuldige, Janet, aber meine Nerven liegen seit einigen Tagen blank.«
»Das geht uns nicht anders«, warf Laura ein. »Vielleicht liegt es nur am Wetter. Man erstickt ja bei dieser Schwüle. Draußen bewölkt es sich. Ich denke, bald gibt es ein Gewitter.«
»Darauf müssen wir noch warten«, prophezeite Mrs Hazelwood. »Bis dahin braut sich noch eine Menge zusammen.« Dann wandte sie sich an Mrs White. »Ich habe vor Laura und den drei Jungs keine Geheimnisse, Jennifer. Du kannst offen reden.«
»Es wäre mir aber sehr unangenehm, Janet.«
Laura lachte auf. »Dann geht es sicher um mich oder euch, Jungs! Haben Sie keine Hemmungen, Mrs White. Packen Sie aus!«
»Also gut.« Nervös fummelte die Lehrerin an ihrer Perlenkette. »Ich habe nicht an der Tür gelauscht. Ich wollte nur nicht hereinplatzen, da ich den Gesprächsfetzen entnehmen konnte, dass es um irgendeine wichtige Sache ging. Ich verstand nur einige Worte, ohne den geringsten Zusammenhang. Das musst du mir glauben, Janet. Ich hatte mich gerade entschlossen anzuklopfen. In dem Moment riss dieser Bengel die Tür auf und erschreckte mich fast zu Tode!«
»Was wolltest du denn nun mit mir besprechen, Jennifer?« Durch den Mund atmend wartete Mrs Hazelwood auf eine Antwort.
»Es tut mir für alle Beteiligten außerordentlich Leid. Aber ich habe den ganzen Tag noch einmal über das Verschwinden meiner Brieftasche nachgedacht. Wie
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