Insel aus Stein: Mittsommerglück (German Edition)
davon erholen, doch glücklicherweise habe ich mich getäuscht. Trotzdem ist er nie wieder der Alte geworden, verstehen Sie? Annikas Tod hat ihn verändert. Es ist, als hätte er sich von der Welt zurückgezogen. Er verlässt Svergå nur noch selten, und selbst hier auf der Insel sucht er die meiste Zeit über die Einsamkeit.” Zweifelnd kniff Malin die Augen zusammen. “Er sagt, er benötigt Ruhe, um zu schreiben. Ich glaube allerdings, dass er die meiste Zeit über grübelt und mit seinem Schicksal hadert.”
“Sie glauben also, er schreibt überhaupt nicht mehr?” Cassie gab sich alle Mühe, gelassen zu klingen. Die Worte der Haushälterin hatten sie tief getroffen.
Doch Malin widersprach energisch. “Oh, das wollte ich damit nicht sagen. Dale schreibt sehr wohl. Eine ganze Menge sogar, sofern ich das beurteilen kann. Mein Zimmer liegt direkt neben seinem Arbeitsraum, und oftmals kann ich ihn bis weit in die Morgenstunden auf seiner Tastatur herumklappern hören.”
Er schreibt also, dachte Cassie erleichtert. Nun, das bedeutete immerhin, dass es ihr erspart bleiben würde, der Verlagsleitung mitzuteilen, dass das Zugpferd von Dolphin Books an einer Schreibblockade litt. Allerdings erklärte das nicht, warum er sich so beharrlich weigerte, das Manuskript aus der Hand zu geben. Nein, sie war sich nach wie vor sicher, dass er irgendein dunkles Geheimnis hatte, das er vor der Welt – insbesondere vor ihr – verbarg.
“Nun kommen Sie, Cassie, das macht Ihnen ganz sicher Spaß! Man hat Schweden nicht richtig kennengelernt, wenn man nicht wenigstens einmal an einem traditionellen Familienfest teilgenommen hat.”
Abwehrend hob Cassie die Hände. “Malin, ich weiß nicht. Ich kenne diese Svanbergs doch gar nicht, und außerdem haben sie Sie und Dale eingeladen, nicht mich.”
“Ach was, das ist doch Unfug. Hätte Britta Svanberg gewusst, dass Sie zurzeit bei uns auf Svergå wohnen, hätten auch Sie ganz sicher eine Einladung zur Hochzeitsfeier ihres Enkels bekommen. Außerdem habe ich schreckliche Kopfschmerzen, möchte Dale aber nur ungern allein fahren lassen. Sie würden mir also einen riesigen Gefallen tun, wenn Sie ihn an meiner Stelle zu dem Fest begleiten würden.”
“Nanu? Was ist denn hier los?” Dale stand stirnrunzelnd im Türrahmen und schüttelte den Kopf. “Tuschelnde Frauen waren mir schon immer ein wenig unheimlich. Was habt ihr vor?”
Cassie lächelte verhalten. “Malin erzählt mir gerade von einer Hochzeitsfeier, die auf einer der Nachbarinseln stattfinden soll.”
Für einen Moment wirkte Dale irritiert, dann schlug er sich in einer übertriebenen Geste vor die Stirn. “Ach ja, natürlich, heute ist ja die Hochzeit von Frederik! Das hatte ich ganz vergessen.” Er verzog das Gesicht. “Sag mal, muss ich da unbedingt hingehen?”
Malin verschränkte die Arme vor der Brust. “Untersteh dich, einen Rückzieher zu machen, Dale Prescott! Wie lange bist du mit Frederik Svanberg befreundet? Acht Jahre? Zehn? Du kannst ihn unmöglich enttäuschen und nicht zu seiner Hochzeitsfeier erscheinen!”
Beschwichtigend hob er die Hände. “Ist ja schon gut, ich geh ja hin.” Er seufzte. “Aber beschwer dich hinterher nicht, falls ich kein besonders angenehmer Gesellschafter sein sollte.”
“Ach, das kümmert mich wenig”, erwiderte Malin schmunzelnd. “Ich komme nämlich nicht mit.”
“Wieso denn das jetzt schon wieder nicht?”
Malin zog ein gequältes Gesicht, das Cassie ihr jedoch nicht ganz abnahm. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass die mütterliche Haushälterin etwas im Schilde führte. “Ich habe heftige Kopfschmerzen. Deshalb habe ich Cassie gebeten, dich zu begleiten.”
“Du hast – was? Also wirklich, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.”
Cassie spürte, dass ihm Malins Idee nicht behagte, und ihr selbst war auch nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Dale zu begleiten, deshalb sagte sie: “Dale hat recht. Ich werde einfach hierbleiben und es mir mit einem guten Buch in meinem Zimmer gemütlich machen. Das ist überhaupt kein Problem, ich …”
“Was soll denn das, Kinder? Ich verstehe gar nicht, warum ihr euch so anstellt. Ihr tut ja gerade so, als würde ich euch zu eurer eigenen Hochzeit schicken!”
Ihre eigene Hochzeit? Cassie wusste nicht, wieso, aber der Gedanke erschreckte sie irgendwie. Natürlich war es völlig abwegig. Zwischen Dale und ihr würde niemals mehr sein, als bestenfalls eine harmonische berufliche Zusammenarbeit. Dennoch
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