Insel, aus Traeumen geboren
„Gerade habe ich zu Ihrer … zu Mrs. … zu Olivia gesagt, dass ich einmal so eine Archäologin wie sie werden möchte.“
Jack lächelte. Wer wollte das nicht? Bestimmt hatte sie schon Dutzende junger Studentinnen inspiriert. Das war auch kein Wunder. Olivia war intelligent, tüchtig und bildhübsch. Und ihr Enthusiasmus war ansteckend. Doch niemand würde jemals wie Olivia sein. Sie war einzigartig, und er war ein Narr gewesen, dass er ohne sie gegangen war. Heute würde er das gewiss nicht mehr tun, doch diese Einsicht kam zu spät. Die verletzenden Worte, die sie sich gegenseitig an den Kopf geworfen hatten, ließen sich nicht mehr zurücknehmen.
„Kommst du mit?“, fragte er, nachdem Sandy weitergegangen war. „Ich möchte dir etwas zeigen.“
„Nur wir beide?“ Olivia blickte sich kurz um. „Ich möchte nicht, dass die Leute denken …“
„Dann nimm deinen kleinen Freund mit.“
Gemeinsam mit Elias, der vor ihnen auf dem steilen Pfad immer wieder ins Rutschen kam, aber keine Angst zeigte, kletterten sie zum Strand hinunter.
„Ein netter Junge“, bemerkte Jack.
„Ja, das ist er. Heute Morgen dachte ich noch, er wäre ein Waisenkind, das Touristen um Kleingeld anbettelt. Ich hatte den verrückten Wunsch, ihn unter meine Fittiche zu nehmen. Jetzt bin ich erleichtert, zu wissen, dass er zumindest einen Vater hat.“
Jack warf ihr einen kurzen, forschenden Blick zu. Sehnte sie sich immer noch nach einem Kind, das sie umsorgen konnte? Er dagegen hatte die Hoffnung auf Nachwuchs längst aufgegeben, und an eine gemeinsame Zukunft glaubte er auch schon fast nicht mehr. Hatte Olivia ihm nicht klargemacht, dass ihre Beziehung für sie zu Ende war? Hätte sie gewusst, dass er mit zum Ausgrabungsteam gehörte, wäre sie nicht einmal gekommen.
Als sie über einen Stein stolperte, griff er nach ihrer Hand und hielt sie einen Augenblick lang fest. Zu gern hätte er gewusst, ob Olivia jemals eine Adoption in Betracht gezogen hatte oder sich mit dem Gedanken beschäftigte.
Der Strand war breit und sandig, das Wasser ruhig und warm. Als sie den alten Anleger erreichten, erwies er sich als stark reparaturbedürftig.
„Was wolltest du mir zeigen?“, fragte Olivia.
„Den Anleger.“ Jack prüfte die Planken. „Er muss erst repariert werden, bevor wir ein Boot herbringen können.“
„Ein Boot?“ Olivia sah ihn fragend an. „Wir hatten beim letzten Mal auch keins. Wozu brauchen wir jetzt eins?“
„Um vielleicht auch einmal andere Inseln anzusteuern.“ Er deutete zum Horizont, wo sich einige dunkle Konturen abhoben. „Auf Antihyphasis soll zum Beispiel noch ein gut erhaltener Artemis-Tempel stehen.“
„Oh ja, den würde ich mir gern ansehen.“
„Das dachte ich mir.“ Nur zu gern würde Jack sie überall dorthin bringen, wohin sie nur wollte. Schließlich würden sie nicht nur arbeiten. Es war ihr letzter gemeinsamer Sommer, und jede Minute davon sollte für sie unvergesslich werden. Vielleicht ließen sich damit die quälenden Erinnerungen an die Vergangenheit auslöschen. „Wir werden die Arbeiter mit der Reparatur beauftragen und uns dann ein kleines Boot besorgen.“
Olivia streifte ihre Schuhe ab und tauchte die Füße ins warme Wasser, während Elias flache Steine über die Wellen schlenzte.
„Hast du deinen Badeanzug dabei?“, fragte Jack.
„Eingepackt hatte ich einen, er ist jedoch mit meinem Koffer untergegangen. Ich muss mir erst wieder einen neuen kaufen.“
„Das letzte Mal …“
„Jack“, unterbrach sie ihn mit einem warnenden Blick. Sie wusste genau, was er hatte sagen wollen: Das letzte Mal hatten wir auch nichts an. Wir sind nackt im Meer ge schwommen, nachdem die anderen sich am Abend zurück gezogen hatten. „Das hier ist nicht letztes Mal.“
„Das ist mir schon klar“, lenkte er ein. „Wir sind aber immer noch verheiratet. Das bedeutet immerhin einiges.“
„Das bedeutet gar nichts, außer einer Formalität auf dem Papier.“
„Wenn du es so siehst, dann sollten wir die Sache doch lieber beenden.“ Besser, es jetzt zur Sprache zu bringen als später.
Obwohl das Meer warm war, hatte Olivia plötzlich das Gefühl, von eisigen Wellen überrollt zu werden.
„Ist es das, was du willst?“, fragte sie, während sie mühsam versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
„Ich war nicht derjenige, der die Scheidung eingereicht hat“, hielt er ihr entgegen. „Entweder trennen wir uns endgültig, oder du kommst zu mir nach Kalifornien.“
„So einfach ist
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