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Insel, aus Traeumen geboren

Insel, aus Traeumen geboren

Titel: Insel, aus Traeumen geboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grace
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ruhen. Was er über die Erwartungshaltung gesagt hatte, traf auch auf sie privat zu.
    Sie hatte vergessen, was für ein mitreißender Redner er war. Sein Enthusiasmus war so ansteckend, dass man sich nicht zu wundern brauchte, wenn die Studenten sich um einen Platz bei seinen Vorlesungen stritten. Wahrscheinlich standen die Studentinnen vor seinem Büro Schlange, um mit ihm über ihre Arbeiten zu sprechen oder auch nur, um ihm nahe sein zu können.
    Doch das sollte sie nicht stören. Am besten suchte Jack sich nach der Scheidung eine andere Frau. Das Leben sei zu kurz, um es allein zu verbringen, würde Tante Alyce sagen. Sie war vor mehr als sechzig Jahren geschieden worden und hatte danach zahllose Bekanntschaften mit Männern gehabt, die zum Teil erheblich jünger gewesen waren als sie.
    Jack sei der treueste Ehemann, den eine Frau sich nur wünschen könne, hatte ihre Großtante immer wieder betont. Soviel Olivia wusste, hielt er sich immer noch an sein Ehegelöbnis. Doch welcher Mann, der von seiner Frau getrennt lebte, noch dazu fast tausend Kilometer entfernt, tat das schon? Auch sie hatte ihn bisher nicht betrogen, denn vor dem Gesetz waren sie immer noch miteinander verheiratet.
    Olivia warf einen Blick auf die attraktiven Studentinnen, die ihn umringten und sichtlich anhimmelten. Traf er sich auch nach den Vorlesungen mit ihnen? Setzte er ihr deshalb das Messer auf die Brust und verlangte eine Entscheidung von ihr, weil er sich nicht länger zurückhalten wollte?
    Die Gruppe wurde in mehrere kleine Teams aufgeteilt, mit der Folge, dass Olivia und Jack in einem Team waren. Sie würde mit jemandem tauschen müssen, andernfalls würde sie nicht in der Lage sein, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren.
    Über die Schulter beobachtete sie den Sonnenuntergang. Warum verspürte sie plötzlich dieses unbezähmbare Verlangen, zum Strand hinunterzulaufen, sich in die azurblauen Fluten zu stürzen und ihren Körper von dem warmen Wasser umschmeicheln zu lassen? Sie benahm sich wie eine hoffnungslose Romantikerin auf einer Urlaubsreise und nicht wie eine Wissenschaftlerin bei einer Ausgrabung.
    Als es dunkel wurde, warf jemand den Generator an. Die Lichterketten an den Zelten flammten auf und verliehen dem Camp eine beinahe märchenhafte Atmosphäre. Olivia fiel es noch schwerer, einen kühlen Kopf zu bewahren.
    Der würzige Geruch von am Spieß gebratenem Lammfleisch erfüllte plötzlich die Luft. Die Küchenhilfe hatte in dem großen Gemeinschaftszelt über die Tische handgewebte Tischtücher gebreitet und Flaschen mit Mineralwasser, Ouzo und einheimischem Rotwein gebracht.
    „Bist du in Ordnung?“, fragte Jack, als er Olivia draußen vor dem Zelt traf. Dann hob er ihr Kinn an und betrachtete sie forschend.
    Olivia schluckte. Sein besorgter Gesichtsausdruck drohte, sie alle guten Vorsätze vergessen zu lassen.
    „Natürlich. Warum interessiert dich das?“
    „Du hast so verloren ausgesehen.“
    „Wahrscheinlich lag es daran, dass ich in den letzten Jahren bei Grabungen immer eine große Verantwortung hatte. Diesmal bin ich lediglich ein Mitglied des Teams. Als wäre ich wieder eine Studentin. Es ist ein merkwürdiges Gefühl.“
    „Ein negatives oder positives?“
    „Da bin ich mir nicht so sicher. Es ist einfach anders. So als ob man sich zurücklehnen und anderen die harte Arbeit überlassen kann.“
    „Heißt das, dass du dich abends im Ort ins Nachtleben stürzen willst?“
    „Nein, das nicht.“ Sie blickte auf ihre sandigen Füße in den Sandalen. „Ich weiß nicht, was ich tun möchte. Ich weiß nur, dass ich unmöglich mit dir in einem Team arbeiten kann.“
    „Wie du meinst“, sagte er, als wäre es ihm völlig gleichgültig. „Du kannst es dir ja noch mal überlegen. Bestimmt fühlst du dich nach dem Abendessen besser, denn mittags hast du ja kaum etwas zu dir genommen.“
    „Trotzdem werde ich meine Meinung nicht ändern.“ Es sei denn, mein Verstand würde mich vollkommen im Stich lassen, fügte sie in Gedanken hinzu. Schnuppernd sog sie die Luft ein. „Es riecht köstlich hier. Viel besser als das Essen, das wir damals hatten.“
    „Als wir abwechselnd gekocht haben und es mal gut, mal weniger gut schmeckte“, erinnerte Jack sich.
    „Einmal hattest du zum Abendessen Schmorfleisch gemacht, das war ganz lecker.“
    „Waren dann meine Kochkünste schuld, dass du dich in mich verliebt hast?“
    Olivia musste lächeln. „Bis ich herausfand, dass es das Einzige war, was du kochen

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