Insel der glühenden Sonne
vorlas, die im Küchenschuppen ausgehängt werden sollte.
»Verstehst du das?«, erkundigte sich der Boss.
»Ja.«
»Irgendwelche Kommentare?«
»Sicher. Sie haben das Leben eines Unschuldigen zerstört.«
Warboy schob die Wollmütze zurück, die seinen kahlen Kopf bedeckte, und funkelte ihn an. »Deine Loyalität ist fehl am Platz. Meine Enkelin hat ihn beschuldigt und würde nicht lügen. Ich habe dich nach den Vorschriften gefragt.«
Sie hat gelogen, du alter Narr.
Sean sah wieder auf das Blatt. Die Hälfte der Vorschriften würde ohnehin nicht eingehalten werden. Er und Warboy hatten gemeinsam viel ausprobiert und zu einem brauchbaren System gefunden, mit dem alle leben konnten. Nun riss der Boss alte Wunden auf, verhängte eine frühe Ausgangssperre, verbot das sonntägliche Angeln, verlangte versammeltes Erscheinen beim Gottesdienst …
»Was soll damit sein?«, fragte Sean mürrisch.
»Ob du etwas hinzuzufügen hast?«
Nur, dass Sie sich selbst keinen Gefallen tun.
»Nein. Wäre das alles?«
»Keineswegs!«, sagte Warboy wütend. »Pass auf, ich dulde keine Unverschämtheiten. Ich habe dich aufgefordert, ein schwarzes Mädchen für die Küche zu suchen. Warum hast du das nicht getan?«
Weil wir hier nicht in Jamaika sind.
»Weil es keine gibt. Aber man kann gute Hilfen aus der Frauenfabrik bekommen.«
Warboy nahm einen Stift zur Hand. »Das ist mir neu. Aber wenn du meinst, nenn mir einen Namen.«
»Marie Cullen.«
»Eine Freundin von dir?«
»Sie war eine Freundin meines verstorbenen Cousins Matt O’Neill, den man gefoltert und umgebracht hat.«
Warboy tippte gereizt mit dem Stift aufs Papier. »Noch ein Wort, und du landest wieder im Gefängnis. Niemand ist unersetzlich. Ist diese Cullen anständig und sauber?«
»Ja, Sir.«
»Nun gut. Außerdem brauche ich einen Ersatz für McLeod. Weißt du jemand?«
Alle guten Männer, mit denen ich hergekommen bin, arbeiten woanders oder sind tot.
»Nicht aus dem Stegreif«, log er.
Warboy knurrte wütend und warf Sean das Blatt hin. »Das wäre alles. Die Vorschriften werden im Küchenschuppen ausgehängt. Alle müssen sie lesen, damit es keinen Streit gibt.«
Keinen Streit? Du hast vielleicht Nerven.
»Ja, Sir.«
Nachdem Singer ihn zunächst mit der jungen Dame aufgezogen hatte, überbrachte er Sean die schlechten Neuigkeiten von Angus und die gute Nachricht, dass ein Brief auf ihn wartete.
»Den hole ich mir heute Nacht.«
»Das ist zu riskant. Du musst morgen die Vorräte kaufen. Selbst wenn der Boss dabei ist, kannst du einen Moment verschwinden und in die Schnapsbude laufen. Ich habe übrigens mit Dossie geredet. Sie muss jetzt auf das verrückte Mädchen aufpassen und ist davon überzeugt, dass Angus sie nicht geschwängert hat. Sie hat sich Dossie anvertraut!«
»Hör auf damit.«
»Warte doch mal. Diese Penn hat Dossie erzählt, dass Angus ihr Freund ist und sie heiraten will. Sie wartet darauf, dass er zurückkommt und sie zum Altar führt.«
»Was? Sie weiß gar nicht, was aus ihm geworden ist?«
»Anscheinend nicht. Die Welt ist verrückt, Kumpel. Kann es sein, dass Angus sie rumgekriegt hat, indem er sie mit Heirat lockte? Wäre nicht die Erste, die darauf hereinfällt.«
»Nein, so etwas würde er nicht tun. Ist ein Sturkopf mit Prinzipien. Der arbeitet nicht mit Tricks.«
»Und wenn sie ihm nun einen Heiratsantrag gemacht hat?«
»Nie im Leben. Er wird wohl kaum zu Warboy gehen und um ihre Hand bitten. Du kannst nicht allen Ernstes glauben, dass es Angus war!«
Singer runzelte die Stirn. »Ich sag dir was, Shanahan. Wenn sie Angus einen Antrag gemacht hat, wäre er tot umgefallen. Wir mögen für ihn eintreten, aber die meisten Jungs sagen, er ist schuldig. Sie sind sauer, weil er uns das ganze Theater eingebrockt hat.«
»Der Boss ist auch davon überzeugt«, erwiderte Sean. »Ich wünschte, jemand könnte das Mädchen zur Vernunft
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