Insel der glühenden Sonne
Stimmung schwand, es kam zum üblichen »Wir-unten-und-die-oben«, das das Denken vieler Sträflinge prägte.
Der Ertrag der Farm hatte sich verbessert, Josies Verkaufsgeschick leider nicht. Jeder unterbot ihre Preise, und die Kosten lähmten sie förmlich. Die Regierung erfand ständig neue Steuern, dazu die letzte Erhöhung von einer Guinea für jeden zugewiesenen Sträfling, von der die Kleidung bezahlt wurde. Josie fand es ungeheuerlich, da die Sträflingskleidung in der Frauenfabrik genäht wurde und sie diese zuvor dort für wenige Shilling hatte erwerben können.
»Es wird mir einfach zu viel«, hatte sie auch ihrem Anwalt gesagt. »Ich muss die Pinewoods Farm verkaufen. Die Besitzurkunde habe ich bei mir. Könnten Sie das für mich arrangieren?«
Er las die Besitzurkunde und schüttelte den Kopf. »Sie haben sie auf Ihren Namen und den Ihres Mannes gekauft. Wenn ich recht verstehe, wurde er hierher deportiert, Sie sind ihm gefolgt, was ich für durchaus vorbildlich halte. Leider haben Sie die Sache durch die doppelte Namenseintragung sehr kompliziert. Ohne seine Unterschrift können Sie die Farm nicht verkaufen.«
Josie wollte nicht eingestehen, dass ihr Name eher zufällig dort auftauchte, dass Lester sie gar nicht in die Entscheidung einbezogen hatte.
»Aber ich kann nicht mehr, Mr. Baggott. Es ist zu schwierig, Sträflinge zu beschäftigen und mit den … erfahrenen Farmern zu konkurrieren.«
Der Anwalt kratzte sich mit seinem Brieföffner den Bart. »Nun ja, weitere acht Jahre kann man Ihnen das wohl nicht zumuten. Allerdings fällt mir auch keine wirkliche Lösung ein. Womöglich erhalte ich vom Kronanwalt die Erlaubnis, Ihren Mann zu besuchen. Aber überlegen Sie es sich gut, Mrs. Harris. Wenn ich ihn nun besuche, und er lehnt den Verkauf ab? Hatten Sie Gelegenheit, mit Mr. Harris über Ihre Pläne zu sprechen?«
»Leider nicht. Ich habe erst durch Arbeiter auf meiner Farm erfahren, dass er in das andere Gefängnis geschickt wurde.«
»Ich gebe Ihnen einen Rat, Madam. Falls Sie nicht sicher sind, dass er sich einverstanden erklärt, sollten Sie mich gar nicht erst mit dieser Mission beauftragen. Wenn er Nein sagt, ist die Sache endgültig erledigt.«
»Was sonst kann ich tun?«
»Überlassen Sie das mir. Ich werde einmal mit dem Kronanwalt plaudern und ihm Ihre Lage schildern. Mal sehen, ob er eine Idee hat.«
»Vielen Dank, Mr. Baggott, das weiß ich sehr zu schätzen.«
»Was haben Sie vor, wenn Sie die Farm verkauft haben?«
»Ich hatte an eine Rückkehr nach England gedacht. Vielleicht bleibt mir auch genug, um hier ein Haus zu kaufen und mir eine Stelle zu suchen.«
Josie sah, wie er die Augenbrauen hochzog, und wusste sofort, was er dachte. Wenn sie Arbeit suchte, würde sie mit den weiblichen Sträflingen konkurrieren müssen. Dennoch brachte sie ein Lächeln zustande. »Eins nach dem anderen, Mr. Baggott.«
Dann war da noch Louise. Wenn sie die Farm verließen und in ein Haus zogen, würde ihre Tochter begreifen, dass man hier ohne Einkommen unmöglich überleben konnte, und einer Rückkehr nach Carlendon zustimmen.
»Manchmal habe ich Heimweh«, sagte sie nun vorsichtig zu ihrer Tochter. »Es wäre nett, die Familie wieder zu sehen, oder?«
»Es wäre demütigend! Und wie!«, schrie Louise, stürzte aus der Küche und schlug die Tür hinter sich zu.
Gerade jetzt, da Sean sie dringend sehen musste, schien Louise kaum mit Tulip auszureiten, und es dauerte drei Tage, bis er sie endlich auf der Straße erblickte. Er stieß einen Pfiff aus.
»Sie sehen heute wie gemalt aus, Miss Harris«, rief er, als sie auf ihn zuritt. »Wohin wollen Sie?«
»Nirgendwohin, wie immer«, zischte sie.
»Ein verschwendeter Tag. Warum reiten Sie nicht auf den Markt und kaufen sich eine neue Haube, das hebt die Stimmung.«
»Hauben kosten Geld!«
»Natürlich, das war mir entfallen. Ich wollte Sie nur bitten, eine Nachricht für mich zu überbringen, falls Sie in die Stadt reiten.«
»Eine Nachricht? Warum? Sie sind doch ständig in Hobart.«
»Hier herrschen neue Sitten. Ich darf das Farmgelände nicht mehr
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