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Insel der glühenden Sonne

Titel: Insel der glühenden Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Angus war fest entschlossen, nie mehr in eine Tretmühle zu steigen. Es war eine erniedrigende, geistlose Tätigkeit, eines Menschen unwürdig. »Mir steht jetzt leichtere Arbeit zu. Ich war schon so lange auf der Straße.«
            »Du gehst dorthin, wohin ich dich schicke.«
            Singer trat vor. »Noch immer da, Forbes?«, flötete der Schreiber. »Ich dachte, du wolltest inzwischen in Port Arthur sein, der richtige Ort für Abschaum wie dich.«
            »Dann empfehlen Sie mich doch«, erwiderte Singer kühn.
            Angus erstarrte. »Allmächtiger«, murmelte er bei sich, »der nimmt den Mund aber ganz schön voll.«
            »Keine Sorge«, sagte ein Wärter, der ihn gehört hatte. »Wir brauchen dreißig von euch als Träger. Heutzutage fehlen überall Männer.«
            »Dann müssen sie eben noch mehr Unschuldige deportieren«, knurrte Angus und wurde unsanft weitergestoßen.
            Draußen kettete man ihn und Singer an den Arbeitstrupp und führte sie zu einer neuen Baustelle. Ein großes Lagerhaus aus Sandstein war beinahe fertig, nur das Dach musste noch mit Holzschindeln gedeckt werden. Die Träger wurden ein Stück bergab geschickt, wo das Baumaterial lagerte.
            Man nahm ihnen Ketten und Fußfesseln ab, alle bekamen einen Stapel Schindeln. Ein Läufer mit leichterer Last setzte sich wie immer an die Spitze der Kolonne und gab das Tempo an. Die Gefangenen liefen ihm hinterher, doch der Mann war zu schnell und die Schindeln zu schwer. Bald waren sie in Schritt verfallen und blieben demonstrativ in Reih und Glied.
            Die berittenen Aufseher preschten an ihnen vorbei, schlugen mit Peitschen auf sie ein, doch der ganze Trupp ging ungerührt weiter. Bis sie die Baustelle erreichten, wo der Läufer bereits wartete, waren zwei Männer niedergeschlagen und fast von den Pferdehufen zertrampelt worden. Andere hatten wie Angus Platzwunden im Gesicht davongetragen. Die Bauarbeiter beobachteten nervös, wie die Schindeln abgelegt wurden, trauten sich aber nicht näher heran.
            Auf dem Rückweg liefen die Träger bergab, weigerten sich jedoch, neue Lasten aufzunehmen.
            »Leichtere Last oder weniger Tempo«, forderte Angus von einem Offizier.
            »Pass auf«, warnte ihn Singer, »der geht sofort aufs Ganze.«
            Doch zu spät, der Offizier rief bereits: »Na schön, also ein Kompromiss. Leichtere Last, dafür werdet ihr rennen. Wenn nicht, gibt’s heute keine Ration.« Er grinste. »Was dich betrifft, Mister«, er deutete auf Angus, »du rennst mit Fesseln, sonst werdet ihr mir zu schnell.«
            »Hab ich dir doch gesagt. Das ist Leutnant Flood«, flüsterte Singer.
            »Ich renne«, rief Angus und fragte sich, was aus seinem Plan, sich bedeckt zu halten, geworden war.
            »Verzeichnet seine Nummer im Protokoll und legt ihm die Fesseln an«, befahl Flood.
            Er trat zurück, als man Angus einen großen Stapel Schindeln reichte.
            »Zu schwer?«, fragte Flood grinsend.
            Angus registrierte die kalten blauen Augen, die schmalen Lippen unter dem dunklen Schnurrbart und erwog seine Antwort. Ein Ja würde als Beschwerde ausgelegt, ein Nein als Prahlerei.
            »Schon möglich, mit den Fesseln«, sagte er vorsichtig.
            »Du kannst es wenigstens versuchen, Drecksack, also los.«
            Er konnte nicht laufen, nur dahinstolpern, stürzte an den steileren Stellen, weil er mit den Holzschindeln auf dem Arm kaum das Gleichgewicht halten konnte. Schließlich schaffte er es, hatte sich die Jacke aber endgültig zerrissen.
            Bei ihrer Rückkehr war der Offizier verschwunden. Man nahm Angus die Fußfesseln wieder ab, sodass er mit den anderen bergauf laufen konnte.
            Danach schickte man sie zu einem anderen Trupp, der unten am Fluss arbeitete.
            Angus blickte sehnsüchtig auf das wunderbar saubere Wasser des Derwent, wäre am liebsten hineingetaucht. Als Kind waren er und seine Freunde, die man auch Fischjungs nannte, immer ins kalte Wasser des Clyde gesprungen. Er musste an seine Eltern denken, von denen er trotz seiner Briefe noch nichts gehört hatte. Er tröstete sich damit, dass es über ein halbes Jahr dauerte, bis ein Brief Glasgow erreichte, und die Antwort ebenso lang unterwegs war. Andererseits kursierten Gerüchte, dass Briefe

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