Insel der glühenden Sonne
Er berichtete kurz. »Es kommt mir komisch vor, Shanahan ist kein Spitzel. Ich glaube, er hat es von diesem Bailey gehört. Reden Sie mit ihm, tun Sie, als hätte Shanahan ihn verraten, damit er Namen nennt. Lester Harris erwähnen Sie aber nicht. Notfalls müssen Sie ihm drohen, dass wir ihn wegen Beihilfe zum Mordversuch verhaften.«
»Könnte Lester Harris den Angriff von Port Arthur aus gesteuert haben?«, fragte der Wachtmeister Sergeant Budd.
»Die Sträflinge können Nachrichten schicken und Dinge kaufen, solange sie Geld haben, um Seeleute und Zivilisten zu bestechen, die zwischen Hobart und Port Arthur verkehren. Dort gibt es fast tausend Sträflinge, die überall verteilt arbeiten. Die kann niemand ständig im Auge behalten.«
»Und warum fliehen sie nicht?«
Budd lachte. »Aus Angst, Gander, aus purer Angst! Der Kommandant kümmert sich nicht um die Nachrichten, aber Fluchtversuche werden mit großer Härte bestraft. Was hatte Bailey uns mitzuteilen?«
»Nichts. Er glaubt nicht, dass Shanahan ihn verraten hat. Er sagte, ich wolle ihn nur in die Falle locken, er wüsste von nichts. Aber als ich schon aufgeben wollte, meinte er, es könne eine Geldspur geben, die unmittelbar zu Harris führt.«
»Und?«
»Harris ist nicht arm. Ihm gehört die Farm, er könnte einen Mörder anständig entlohnen. Aber warum sollte er seine Frau töten lassen? Darauf erwiderte Bailey, er sei doch kein verdammter Hellseher.«
»Hast du Hippisley davon berichtet?«
»Natürlich.«
Hippisley begab sich zu Baggott, von dem er erfuhr, dass Lester Harris sich rundweg geweigert habe, die Farm zu verkaufen. Er stimmte zu, dass der Angriff wohl in häuslichen Auseinandersetzungen wurzelte. Doch wie sollte er weiter vorgehen? Es war schwer, Spitzel in die Welt der Sträflinge einzuschleusen, und lohnte in diesem Fall kaum den Aufwand. Andererseits war ein zweiter Mordversuch nicht auszuschließen.
»Eins könnte ich versuchen«, bot Baggott an. »Ich könnte den Kronanwalt bitten, Mrs. Harris den Verkauf zu gestatten, weil sie um ihr Leben fürchtet. Wir begründen es damit, dass sie nach England zurückkehren möchte.«
»Um seinen mörderischen Klauen zu entgehen?«
»Na ja, sagen kann ich das nicht, aber andeuten.«
»Gut. Geben Sie mir Bescheid, ob Sie Erfolg damit hatten.«
Als Sean die Wache verließ, sprach ihn ein junger Mann an. »Erkennen Sie mich noch? Ich bin Mr. Baggotts Sekretär.«
»Natürlich. Was kann ich für Sie tun?«
»Da Sie sich unserer kleinen Gemeinschaft angeschlossen haben, möchte ich Ihnen mit allem Respekt einen Rat geben, Mr. Shanahan.«
»Sicher doch.«
»Wir müssen aufpassen, dass wir niemanden vor den Kopf stoßen und unseren guten Ruf wahren. Beispielsweise müssen wir pünktlich unsere Rechnungen begleichen.«
»Verstehe. Schulde ich jemandem Geld?«
»Leider ja. Mr. Baggott stehen zwei Shilling Sixpence zu.«
»Wofür?«
»Ich habe Ihnen die Rechnung zusammen mit Mr. Baggotts Brief geschickt.«
»Was stand in dem Brief?«, drängte Sean.
»Leider darf ich nicht darüber sprechen, aber Sie hätten ihn schon vor Wochen erhalten müssen.«
»Das ist aber nicht der Fall. Ich habe nichts von ihm bekommen.«
»Nun, das ist etwas anderes. Ich werde mich beim Postamt erkundigen, ich habe das Schreiben selbst dort aufgegeben.«
»Moment! Wenn Briefe für Dr. Roberts kommen, sehe ich sie mir nicht an, sondern lege sie in sein Büro. Vielleicht war meiner dabei.«
»Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Ich möchte Sie nicht offiziell mahnen müssen.«
»Danke«, sagte Sean geistesabwesend und versuchte zu entscheiden, was Vorrang hatte: den Brief suchen oder Josie treffen.
Baggotts Brief gewann.
Aus Gewohnheit sah er unter die oberste Treppenstufe, wo der Briefträger die Post gern vor Regen und marodierenden Elstern versteckte, doch an diesem Tag war die Höhlung leer. Er sah die Briefe im Büro durch und fand seinen darunter.
Sean
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