Insel der glühenden Sonne
wenige Habe aus dem früheren Leben enthielt: zerlumpte Kleidungsstücke, ein Kästchen mit Tand vom Rummelplatz, einen Pappumschlag mit dem Bild seiner Mutter, einige Schnürsenkel und einen Stofffetzen, in den drei Pennys gewickelt waren.
Er schoss fröhlich davon und sauste samt Sack ins Verwaltungsbüro, wo er sich erneut in die Schlange stellen musste. Mühsam unterdrückte er seine Aufregung und sah sich das üppig bepflanzte Blumenbeet neben der Treppe an.
»Was sind das wohl für Blumen?«, fragte er seinen Vordermann.
»Geranien.«
»Und die daneben?«
»Nelken.«
Freddy merkte sich die Namen, vielleicht konnten sie ihm eines Tages von Nutzen sein. Er hatte bisher nie einen Gedanken an Blumen verschwendet, kannte vom Sehen höchstens Stechginster, Brombeeren und andere Büsche, die ihn an der Flucht hindern konnten. Die Namen hatten ihn nie interessiert.
Er wartete an der Tür und gab sich unwillig, als hätte er keine Ahnung, was ihn erwartete. Schließlich winkte ihn der Verwaltungsbeamte »Pansy« Hurley herein.
»Du gehst weg, Hines. Komm her, unterschreib.«
»Wohin?«, knurrte Freddy, als wüsste er von nichts.
»Warboys Farm.«
Nachdem er im Register unterschrieben hatte, schulterte er seinen Sack und ging ins nächste Büro, um seine Papiere zu holen. Ein weiterer Beamter händigte ihm ein Heftchen aus.
»Was ist das?«
»Kannst du lesen?«
»Ja.«
»Die Vorschriften. Der Gouverneur hat angeordnet, dass alle zugeteilten Häftlinge dieses Regelwerk bei sich tragen und ihren Arbeitgebern aushändigen müssen. Warboy dürfte inzwischen einen ganzen Haufen davon haben.«
»Ich kenne die verdammten Vorschriften. Die hat man mir hier eingeprügelt.«
»Sind ja auch nicht für dich, du Trottel, sondern für deinen Boss.«
»Was Sie nicht sagen.«
Freddy studierte das Heft: Warboy musste ihm eine neue Bettdecke, eine warme Wolldecke und ein Laken zu Verfügung stellen, dazu alle sechs Monate neue Kleidung – Jacke, Weste, Hose, Hemd, Stiefel, Mütze. Diese Liste galt für alle Sträflinge, doch die neuen Sachen würden eine andere Farbe haben. Freddy nahm sich vor, gleich nach seiner Ankunft darum zu bitten. Dann las er, welche Rationen ihm bei leichter körperlicher Arbeit zustanden: Fleisch, Tee, Zucker und Gemüse, kaum weniger, als die Zwangsarbeiter erhielten. Und die Tabakration war die gleiche. Er nickte zustimmend und grinste, als er las, dass mustergültige Sträflinge von Unruhestiftern zu trennen seien. Und dass Gefangene das Recht hatten, sich beim Staatsanwalt über schlechte Behandlung zu beschweren.
»Wird mir viel nützen«, sagte er ins Blaue hinein.
»Steck das Heft ein und pass drauf auf, Hines. Und steh nicht den ganzen Tag dumm in der Gegend rum.«
Weitere Unterschriften, Papiere, Anweisungen folgten, dann war Freddy endlich auf dem Weg nach draußen. Auf Pansys unordentlichem Schreibtisch entdeckte er ein nagelneues Kartenspiel, und als er in den Sonnenschein hinaustrat, lagen die Karten in seinem Sack. Er war glücklich, denn an echte Spielkarten zu kommen war so gut wie unmöglich.
»Wohin jetzt?«, fragte er einen Wärter.
»Zum Tor. Shanahan wartet auf dich.«
Der Weg zum Tor war lang, doch wenn er erst mal draußen war, gehörten die Karten endgültig ihm.
Doch das war ihm nicht vergönnt.
Freddy lief los, sobald er Pansy brüllen hörte. Sein Seesack war hinderlich, aber er wagte nicht, ihn samt Karten wegzuwerfen. Er sah den großen Iren am Tor stehen, sein verwirrtes Gesicht, als Pansy sich von hinten näherte und den Wachen zurief, sie sollten Freddy festhalten. Dann schnappte er sich den Seesack und leerte seinen Inhalt auf den Boden.
»Da, das sind meine!«, schrie er.
»Nein, die gehören mir«, protestierte Freddy.
An Türen und Fenstern tauchten Zuschauer auf, als man Freddy vom Tor wegschleppte.
Pansy kochte noch vor Zorn. »Ich hab sie erst heute bekommen.« Er trat Freddy in die Rippen. »Frisch vom Schiff. Aus London. Von meiner Frau.«
»Deine Frau! Muss das eine
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