Insel der glühenden Sonne
dass die Siedler Petitionen einreichten, um die Sträflingsschiffe fern zu halten, was er als Wunder empfand. Hätte er nur eine Petition in die Finger bekommen, dann wäre er zu Fälscher Bailey gegangen und hätte ihn im Namen aller Einwohner unterzeichnen lassen.
»He, Shanahan!«, rief eine Frau und riss ihn aus seinen Gedanken. Er entdeckte die Hure Bobbee Rich, die in ihrem leuchtend roten Kleid und der ausladenden Krinoline auf der Schwelle eines Ladens stand.
»Hier!« Sie deutete mit dem Daumen um die Ecke. Er hielt an und stieg ab. »Was ist los?«
»Freddy Hines ist auf der Flucht.«
»Wieso? Wie ist das passiert?«
»Er ist aus dem Krankenrevier abgehauen.«
»Idiot. Was soll ihm das bringen?«
»Ein paar Tage in Freiheit, mehr wollte er wohl nicht. Hat Pansy vor dessen Lieblingskneipe aufgelauert und mit einer Eisenstange verdroschen, weil er ihm die Hand verkrüppelt hat. Der alte Pansy hat nur gekriegt, was er verdient.« Sie spuckte aus. »Hat das Bein gebrochen. Und der dumme Freddy rennt um sein Leben.«
»Wo ist er?«
»Irgendwo da draußen. Kannst du ihm ein Boot besorgen?«
»Zu knapp. Er muss in den Busch.«
»Wie?«
»Woher soll ich das wissen?«, entgegnete Shanahan wütend. »Solche Leute bringen sich in Schwierigkeiten, und wir sollen unsere Freiheit für sie aufs Spiel setzen.«
»Sie schicken ihn nach Port Arthur. Du musst doch etwas tun können.«
»Was bedeutet er dir, Bobbee?«
»Er ist ein Kumpel. Hat mir ein paar Gefallen getan.« Sie nickte in Richtung eines Tumults auf der Straße. »Die Bullen suchen alles ab, sie sind wirklich heiß auf ihn, Shanahan.«
»Kannst du ihn zum Wagenbauer Bert Cross schicken?«
Sie nickte.
»Er muss allein kommen. Zwei Leuten traut Bert nicht über den Weg. Ich sag ihm, dass Freddy auftauchen wird. Beeil dich.«
Sie wandte ihm ihr geschminktes Gesicht zu. »Alles klar, Schätzchen.«
Wütend ging Sean zu seinem Pferd und wollte gerade aufsteigen, als er Louise Harris mit entsetztem Blick vor dem Kolonialwarenladen stehen sah. Offenbar hatte sie beobachtet, wie er sich mit Bobbee unterhielt, der grellsten Hure aus dem benachbarten Bordell.
Er rief ihren Namen, doch Louise drehte sich auf dem Absatz um und eilte in den Laden.
Sean wollte ihr die Sache gern erklären, hatte aber keine Zeit, weil er Bert Cross überreden musste, Freddy in der Kammer hinter dem Heuschober zu verstecken. Eine andere Möglichkeit fiel ihm nicht ein, und die Polizei würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, da es einen ihrer eigenen Leute getroffen hatte. Er ritt unauffällig in die baumbestandene Straße, die zur Remise des Wagenbauers führte, doch dann blieb ihm fast das Herz stehen. Mehrere Polizisten überprüften die Passanten und durchkämmten die Gebäude beiderseits der Straße. Zurück konnte er nicht, also ritt er gelassen weiter, bis man ihn anhielt.
»Wer sind Sie?«, fragte der Constable.
»Shanahan. Bin der Warboy-Farm zugeteilt.«
»Was machst du hier draußen?«
»Ich muss zu Bert Cross, dem Wagenbauer. Mein Boss braucht eine neue Kutsche.«
»Aye. Während die kleinen Leute zu Fuß gehen müssen.«
»So ist es doch immer. Was ist denn eigentlich hier los?«
»Wir suchen nach Frederick Hines. Ist ausgebrochen und hat einen Aufseher angegriffen. Kennst du ihn?«
»Nicht dass ich wüsste. Darf ich weiterreiten?«
»Aye.« Zwei weitere Männer zu Pferd näherten sich aus der anderen Richtung, und der Constable wandte ihnen seine Aufmerksamkeit zu.
Sean trieb sein Pferd voran, weil er sich sorgte, Freddy könne auf einer der angrenzenden Koppeln auftauchen. Das Tier fiel in Trab, und er lenkte es an der Remise vorbei, bog in die nächste Seitenstraße und hielt Ausschau nach dem Flüchtling. Dann sah er Freddy, der aus einem Feldweg geschossen kam, als wäre die wilde Jagd hinter ihm her.
Sean stieß einen Pfiff aus. »Da kannst du jetzt nicht hin. Die suchen alles ab. Lauf besser dahin zurück, wo du hergekommen bist.«
»Geht
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