Insel der glühenden Sonne
gutzumachen«, sagte er zu Gott. »Ich brauche dringender denn je deine Hilfe. Sobald ich das Pferd abgestellt habe und in die Berge laufen kann, musst du mich zu einer der Buschräuberbanden führen. Da passe ich hin.«
Als die Luft rein war, ritt Freddy über die Brücke und folgte dem Viehpfad neben dem Bach. Bald tauchte das vertraute Warboy-Haus in der Ferne auf, doch er hielt sein Tempo, bis er sich hinter einer der großen Scheunen befand.
»Sieh sich das einer an«, sagte er zu sich selbst. »Da sollte ich jetzt eigentlich arbeiten, es mir gut gehen lassen wie Shanahan und seine Kameraden, aber nein, Gott legt mir wieder Steine in den Weg.«
Er hatte oft genug sagen hören, Gottes Wirken sei in allem zu spüren, und gab sich daher keinen Illusionen darüber hin, wer für seine Misere verantwortlich war.
»Hast du gehört?«, fragte er, als er das Pferd zum Stehen brachte. »Ich sitze richtig in der Patsche. Du könntest mir ruhig mal helfen.«
Am Nachmittagshimmel ballten sich dunkle Wolken zusammen, und es schauderte ihn, als er aus dem Sattel stieg. Dem Wetter in diesem Land konnte man nicht trauen. Die brennend heißen Tage ließen einen die Kälte vergessen, doch im Juni konnte man sich glatt zu Tode frieren, und er hatte nicht mal eine Decke. Wenn er hier auf Shanahan wartete, könnte er ihn um Essen und Unterkunft bitten. Nur für eine Nacht. Das wäre doch nicht zu viel verlangt.
Andererseits war Shanahan ein harter Hund. Vor allem, seit sein Cousin gestorben war. Er hätte ihn durchaus von der Insel bringen können, wenn er sich nur darum bemüht hätte. In Melbourne könnte er es zu etwas bringen. Arbeit am Hafen suchen, bezahlte Arbeit, keine Sklavenschufterei wie beim Bau der neuen Docks in Hobart, wo er täglich bis zum Hals im eisigen Wasser gestanden hatte.
Er führte das Pferd zum Gatter, als die ersten Tropfen durch die Bäume fielen, und betrachtete die Satteldecke. Sie wirkte wärmer und dicker als alles, was man den Sträflingen zugestand. Undenkbar, einem Pferd etwas so Gutes zu gönnen.
Er löste den Sattelgurt. Shanahan wäre es sicher egal, wenn die Decke fehlte. Mehr noch, wenn nun das ganze Pferd abhanden kam? Es war doch nicht Shanahans Besitz.
Die Idee erschien ihm ungeheuerlich. Normalerweise war er ein kleiner Langfinger und hatte sich nie an Pferden versucht, die waren eine Nummer zu groß für ihn. Andererseits – was wollte ein Buschräuber ohne Pferd? Auf diesen Gedanken war er noch gar nicht gekommen. Sie würden ihn auslachen, vielleicht sogar verprügeln oder in eine Schlucht werfen.
»Danke, Gott«, flüsterte er, zurrte den Riemen wieder fest und überprüfte den Sattel, bevor er aufstieg. Schnell weg von hier, bevor Shanahan auftauchte.
»Na los, Neddy«, sagte er, nahm die Zügel und stieß dem Tier die Fersen in die Flanken.
Freddy Hines jubelte vor Freude, als das treue Tier den Weg entlangtrabte, der Freiheit entgegen, und bald waren sie wieder auf der Straße. Das aufziehende Unwetter kam ihm sehr gelegen, da sich nun kaum jemand aus dem Haus trauen würde. Er ritt meilenweit und wurde erst langsamer, als die Straße in einen Buschpfad überging, der Weg in ein neues Leben. Shanahan war vergessen, Pansy Hurley war vergessen, für Freddy galt es nur noch, die Buschräuber zu finden.
7. Kapitel
Jubal stürmte ins Arbeitszimmer seines Vaters. »Was ist mit dem gestohlenen Pferd? Ich habe den Diebstahl erst bemerkt, als ich den Viehbestand aufnehmen wollte.«
»Das ist schon Wochen her«, antwortete Barnaby müde. »Ein Unbekannter hat ein Pferd von der Koppel gestohlen, die Polizei wurde benachrichtigt, eine Beschreibung zu Protokoll gegeben, und wir bekommen Bescheid, wenn das Tier gefunden wurde.«
»Ein Unbekannter! Das glaubst du doch wohl selbst nicht. In deiner Scheune haust ein Haufen Krimineller! Ich kann dir genau sagen, was mit dem Tier passiert ist – einer von denen hat es gestohlen und verkauft, das ist doch sonnenklar. Wie soll ich dir helfen, Vater, wenn ich von solchen Vorfällen erst im Nachhinein erfahren?«
»Du kannst mir helfen, indem du meinen Vorarbeiter seine Arbeit tun lässt. Er führt Buch, zwei Leute brauchen wir dafür nicht.«
»Und genau da irrst du dich,
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