Insel der glühenden Sonne
bist einfach zu nachlässig in solchen Dingen. Ich habe Shanahan überprüft. Er ist von der schlimmsten Sorte, ein irischer Unruhestifter und Dieb. Die saugen die Sünde mit der Muttermilch ein.«
»Nicht gerade christlich von dir«, bemerkte sein Vater, obwohl jede Kritik an seinem Sohn verschwendet war. Jubal betrachtete sich als Musterbeispiel eines Christen, während Barnaby ihn als aufreizend frömmelnden Tugendbold empfand und sich selbst verfluchte, weil er ihn ins Priesterseminar geschickt hatte.
»Hörst du mir überhaupt zu?«, drängte Jubal. »Ich habe vor, heute Abend mit den Männern zu sprechen und der Sache auf den Grund zu gehen. Sie wissen mehr, als sie zugeben, darauf kannst du dich verlassen.«
Barnaby drehte sich mit seinem Sessel herum. »Mach doch, was du willst! Aber vergiss nicht, das sind keine Nigger. Lass es ruhig angehen.«
»Jubal, Liebster«, hatte seine Frau gesagt, als sie auf dem Ledersofa in der Bibliothek ruhte, »nachdem ich diesen schüchternen kleinen Vikar habe predigen hören, bin ich zu dem Schluss gelangt, dass es der Gemeinde dienlicher wäre, wenn ein Laienprediger zu ihnen spräche. Ich will damit sagen …«
Er wusste genau, was sie damit sagen wollte, und war ganz ihrer Meinung. Thorley war ein schmächtiger Bursche mit rotem Hals und Piepsstimme, dem man nur unter Qualen zuhören konnte.
Vikar Samuel Thorley lebte in einem hübschen Sandsteinhaus neben der Holy Trinity Church, das von einem kleinen Garten umgeben war. Da er unpässlich war, hoffte er, an diesem Samstagnachmittag zu ruhen, bis die Damen zur Chorprobe eintrafen, doch das schien ihm nicht vergönnt.
Als er am Fenster vorüberging, bemerkte er einen Einspänner mit einem Paar darin, der gerade durchs Tor rollte und im Schatten der hohen Kiefern anhielt.
Enttäuscht wartete er ab, ob die Leute zu ihm oder lediglich die Kirche besichtigen wollten. Viele Leute kamen her, um den Altar und die Bänke zu bewundern, die Elias Donovan so wunderbar geschnitzt hatte. Er war zwar ein Sträfling, doch seine Arbeiten galten als wahre Kunstwerke und wurden von der Gemeinde sehr geschätzt, sodass Samuel stolz war, sie in seiner Kirche zu wissen.
Seine Freude verging, als Jubal Warboy, gefolgt von seiner Tochter, die ein weißes Musselinkleid und einen großen Blumenstrauß trug, aufs Haus zukam. Seufzend ging der Vikar zur Tür, als es klopfte.
»Nun, Mr. Warboy«, sagte er gezwungen, »und Miss Penelope, ich wünsche einen guten Tag.«
»Guten Tag, Herr Vikar«, sagte Warboy munter, »wir hörten, Sie seien unpässlich, und haben Ihnen Blumen aus dem Garten meines Vaters mitgebracht.«
Das Mädchen gab ihm den Strauß, für den sich Samuel überschwänglich bedankte. »Sie sind herrlich, vor allem die Rosen. Ich liebe Rosen.«
Er zögerte, doch da ihn die beiden erwartungsvoll ansahen, fragte er: »Sonst noch etwas?«
»In der Tat. Ich möchte mit Ihnen sprechen, Herr Vikar.«
Samuel führte sie ins Wohnzimmer.
»Ich stelle die Blumen ins Wasser. Nehmen Sie bitte schon Platz.«
Er ging in die Küche, füllte einen Eimer mit Wasser und stellte die Blumen hinein. Dann sank er auf einen Stuhl und umklammerte seinen Magen, da ihn ein plötzlicher Schmerz durchfuhr. Keuchend krümmte er sich und wartete, bis die vertrauten Stiche verebbten. Da fiel ihm auf, dass er noch Pantoffeln trug. Er würde es in diesem Zustand unmöglich nach oben in sein Schlafzimmer schaffen, um Schuhe anzuziehen.
Stöhnend rappelte er sich auf und schleppte sich zurück ins Wohnzimmer. An der offenen Tür richtete er sich auf und bemerkte verwundert, dass seine Besucher nicht zu sehen waren. Er spähte durch den Spalt zwischen Tür und Rahmen und entdeckte sie in der linken Hälfte des Zimmers gegenüber den Fenstern.
Samuel versuchte zu begreifen, was er da sah.
Mr. Warboy saß auf einem der soliden Ebenholzstühle, seine Tochter stand neben ihm. Die Hand des Mannes ruhte auf dem unteren Rücken des Mädchens, was ein wenig unziemlich schien. Nein, schlimmer noch, sie kroch verstohlen unter den dünnen Stoff des Kleides, und das Mädchen lächelte, schaute hinunter ins grinsende Gesicht des Vaters, als ob
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