Insel der glühenden Sonne
dem Schiff traf er als Erstes auf Tom Flood und Frau, mit denen er nur steife Höflichkeitsfloskeln austauschte. Angenehm wurde es, als der junge Dr. Roberts hinzukam und ihn aus der unerfreulichen Gesellschaft rettete, indem er ihm anbot, sich an ein Bullauge zu setzen und die Küste zu betrachten. Barnaby kam es vor, als hielte der Arzt auch nicht viel von den Floods, wobei ihm der Unfall einfiel, bei dem der Arbeiter die schweren Verbrennungen erlitten hatte. Danach hatte es viel Gerede gegeben.
Sie mussten eine Viertelstunde auf einige Nachzügler in Gestalt des bekannten Chirurgen Dr. Slatter und Lady Franklins Freundin Miss Skinner warten.
»Bedauere, dass ich Sie und Ihre Gäste habe warten lassen, Exzellenz«, sagte Slatter. »Leider ergab sich eine Verzögerung. Ich hoffe, Sie verzeihen uns.«
»Dr. Slatter ist ein solcher Gentleman«, warf Miss Skinner ein, »aber ich kann nicht dulden, dass er die ganze Schuld auf sich nimmt. Ich war leider so aufgeregt, dass ich nicht rechtzeitig fertig wurde.«
»Das dachte ich mir«, sagte Lady Franklin und wandte sich an den Adjutanten. »Sagen Sie dem Skipper, er soll ablegen. Wir müssen zum Mittagessen dort sein. Und nun, da alle versammelt sind, werden wir den Morgentee einnehmen, falls es der Seegang erlaubt. Zuerst möchte Sir John allerdings ein paar Worte sagen.«
Als das Boot beim Ablegen schwankte, forderte Sir John seine Gäste auf, sich an der Reling festzuhalten. »Wir können uns keine blauen Flecken und verstauchten Knöchel leisten. Port Arthur ist eine große Anlage, wir müssen gut zu Fuß sein. Selbst ohne die Kohlegruben und Außenstellen misst das Gelände über hundert Hektar.«
»Aber es ist sehr schön«, sagte Lady Franklin, was Barnaby verwunderte, da er sich kein schönes Gefängnis vorstellen konnte.
»Zunächst möchte ich unseren geschätzten Dr. Slatter vorstellen, der viel für die Gesundheit unserer Gemeinde getan hat. Er wurde übrigens soeben zum obersten Militärarzt ernannt.«
Begeisterter Applaus, woraufhin Dr. Slatter höflich die Hoffnung aussprach, der großen Verantwortung gerecht zu werden.
»Ich werde mein Bestes geben, Eure Exzellenz. Und eine meiner ersten Pflichten besteht darin, einen neuen Militärarzt für Port Arthur zu ernennen. Hoffentlich kann ich Dr. Roberts überreden, diese Position zu übernehmen.«
Alle Augen wandten sich zu dem jungen Arzt. »Ich weiß nicht, ob ich der Aufgabe gewachsen bin«, meinte er scheu.
»Aber ich bin davon überzeugt«, entgegnete Slatter.
Sir John schloss sich seiner Meinung an. »Der oberste Militärarzt sollte es eigentlich wissen. Auch ich hoffe, dass Sie annehmen. Es gibt noch eine weitere Ankündigung: Leutnant Flood hat sich bereit erklärt, als mein Adjutant zu fungieren, bis Captain Moore aus dem Urlaub zurückgekehrt ist, den er kommende Woche antreten wird.«
Barnaby bemerkte, wie ein Schatten über das Gesicht von Dr. Roberts huschte.
Aus purem Egoismus hoffte er, der Arzt werde die Stelle nicht annehmen, da er gern einen guten Mediziner in seiner Nähe wusste.
Als sie die Landspitze umrundeten, legte sich der Wind, und die Passagiere erblickten die Halbinsel, auf der das Gefängnis stand. Eine Flucht von dort schien tatsächlich mehr als schwierig.
Barnaby bestaunte die reizvolle Bucht, durch die sie gerade segelten, die dunkel bewaldete Küste und die kleine Insel inmitten der Bucht.
»Hat sie einen Namen?«, erkundigte er sich bei Captain Moore.
»Ja, das ist die Insel der Toten, der Friedhof von Port Arthur. Sieht hübsch aus, aber es soll dort spuken.«
Barnaby schauderte. »Werden die Sträflinge dort begraben?«
»Ja, und zwar in Armengräbern, falls niemand den Grabstein bezahlt, was natürlich selten vorkommt. Dort liegen aber auch viele anständige Leute, die das Unglück hatten, hier zu sterben – hauptsächlich Angehörige des Militärs, Ehefrauen und sogar Kinder. Gott schenke ihnen Frieden.«
Die Jacht ankerte in einer sandigen Bucht. Die Siedlung wurde von dem riesigen Ziegelbau des Gefängnisses überragt, dessen vier Stockwerke einen Schatten auf das hübsche Dorf warfen, das auch in eine englische Grafschaft gepasst hätte.
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