Insel der glühenden Sonne
hören.
Lady Franklin steuerte auf einen hohen Zaun zu.
»Was liegt dahinter?«
»Nur die Getreidemühle und der Kornspeicher.« Da jedoch ein fortwährendes lautes Knarren von innen ertönte, marschierte Ihre Ladyschaft auf einen Wachposten zu und verlangte, er möge das Tor öffnen.
Er blickte Moore an, doch Lady Franklin hämmerte mit ihrem Spazierstock auf den Boden, worauf er rasch den Riegel zurückschob.
Vor ihnen ragte eine riesige Tretmühle empor, auf der mindestens dreißig Männer schufteten. Bewegten sie sich nicht schnell genug, würden ihnen die kreisenden Stufen die Schienbeine aufschürfen. Ihre Kleidung war zerrissen, sie sahen mager und erschöpft aus.
»Wie lange müssen sie hier arbeiten?«, fragte Barnaby den Captain und wandte sich von dem scheußlichen Anblick der mit Peitschen bewaffneten Aufseher ab, die es offenbar gar nicht erwarten konnten, dass die Besucher sich verzogen.
»Meistens dreißig Tage.«
Lady Franklin war bereits davongeeilt und hatte eine Diskussion mit einem Aufseher begonnen.
»Lassen Sie ihn frei!« Sie deutete auf einen Mann, der am Boden kauerte.
Er war an einen Pfosten gekettet, seine Hände ruhten auf einem hölzernen Bock. Er schien große Schmerzen zu leiden, und erst als Barnaby näher trat, entdeckte er, dass die Finger in Daumenschrauben steckten.
»Folter kann ich nicht dulden!«, schrie Ihre Ladyschaft.
»Aber so lautet der Befehl«, erwiderte der Aufseher hilflos.
»Holen Sie ihn raus, sonst mache ich es selbst.«
Der Mann wurde befreit und sank zu Boden. »Dr. Roberts, kümmern Sie sich um ihn! Man soll ihn sauber machen.«
Barnaby war erstaunt, weil sich die Dame über die brutalen Fußeisen, die Last der schweren Bretter und die Tretmühle als solche nicht weiter aufgeregt hatte, nun aber an den Daumenschrauben Anstoß nahm. Er wurde nicht schlau aus ihr. Ebenso wenig verstand er diesen Ort. Einerseits versuchte man, die Gefangenen zu bilden und sie ein Handwerk zu lehren, damit sie nach ihrer Freilassung für sich sorgen konnten, andererseits verhängte man die brutalsten Strafen! Der Gouverneur hatte ihnen auf dem Boot erklärt, die Gefangenen in Port Arthur seien wohlgenährt, weil sie so viel Gemüse und Getreide anbauten; es gebe mehr als genug Nahrung für die über tausend Sträflinge und das Gefängnispersonal.
»Statistisch gesehen sind sie besser ernährt als der durchschnittliche Arbeiter in der alten Heimat. Sie sind körperlich kräftiger und gesünder als ihre Eltern oder Geschwister zu Hause.«
Barnaby dachte bei sich, dass es ihnen wenig nützte, wenn sie nach Jahren der Gefangenschaft starben oder von der Zwangsarbeit zu Krüppeln wurden.
Ein Bote kam mit einer Nachricht zu Captain Moore gelaufen.
»Sir John bittet um Ihre Rückkehr, Lady Franklin. Die Jacht ist bereit zum Ablegen.«
»Sehr schön. Es war ein interessanter Tag, nicht wahr, Barnaby?«
Er nickte zustimmend.
»Ich werde dem Kommandanten sagen, dass wir gern einmal für mehrere Tage herkommen möchten. Wir haben nicht einmal die Eagle Hawk Landenge gesehen oder die Kohlegruben und das Jungengefängnis. Und wir müssen unbedingt die Insel der Toten besichtigen, sie sieht so majestätisch aus, wie sie da mitten in der Bucht liegt.«
Barnaby hoffte, dass ihm diese Expedition erspart bleiben möge, und überlegte sich bereits eine Entschuldigung. Erst spät fielen ihm die dunklen Wolken auf, die sich über dem Meer auftürmten, und er dachte besorgt an die bevorstehende Überfahrt.
Dr. Roberts ging neben ihm her, als sie am Gefängnis vorbeikamen, und bemerkte, dass nicht einmal Lady Franklin um eine Führung gebeten hatte.
»Ich glaube, Sie werden demnächst noch oft genug dort sein«, sagte Barnaby.
Doch Roberts wirkte beunruhigt. »Ich weiß nicht, ob ich dieses Angebot annehmen soll, aber alle scheinen es als selbstverständlich zu betrachten.«
»Das verstehe ich gut. Persönlich halte ich Sie auch für ein wenig zu jung.«
»Und zu weich, Sir?«
Barnaby nickte. »Das auch. Die Sträflingssiedlung ist
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