Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Zeit, noch länger zu zögern. Eleni griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich. Die andere Hand reichte sie ihrer Schwester und schließlich rannten sie zu dritt durch den Wald. Der Sturm schob sie voran, ließ sie fast fliegen, während sie den kurvigen Pfad zwischen den Bäumen entlangrasten, über Brücken und Steine hinwegsprangen, bis sie die Treppe erreichten, die sie aus der Schlucht hinausführen würde.
Der Sturm toste noch heftiger als zuvor, wollte sie fast von den Stufen reißen, während sie die Treppe hinaufstiegen. Aber Eleni hielt sie noch immer an den Händen und Philine spürte ihre Kraft, einen starken Halt, der sie sicher bis auf die Ebene begleitete. Als sie oben ankamen, rollte ein tiefes Grollen auf sie zu. Der Boden unter ihren Füßen begann zu beben, die felsige Ebene zitterte und schwankte, als wollte sie die Mädchen wieder hinunter in die Schlucht stürzen.
Philine schrie auf, ein zweiter Schrei mischte sich in ihren: Leándra! Nur Eleni war still und hielt sie an den Händen. Ihr Blick glitt über die Ebene hinweg auf das Meer.
Philine folgte ihrer Blickrichtung und erstarrte. Eine schwarze, wirbelnde Wolke tobte über dem Meer, wie die Säule einer Windhose drehte sie sich auf der Stelle. Für einen Moment glaubte Philine, der Wirbelsturm würde auf sie zurasen,bis sie begriff, dass er blieb, wo er war, irgendwo dort hinten auf dem Meer, viele Kilometer entfernt. Plötzlich zuckten grelle Blitze in der schwarzen Säule, das Meer unter dem Wirbelsturm schäumte auf.
»Unser Haus!« Philine reckte ihren Kopf, aber sie konnte das Haus und den Strand von hier aus nicht sehen. »Was passiert mit unserem Haus?« Sie riss sich los und fing an zu laufen, an der Schlucht entlang in Richtung Meer. Sie musste sehen, was an ihrem Strand geschah – auch wenn sie nichts daran ändern konnte.
Eleni folgte ihr, doch Leándras Stimme blieb weit hinter ihnen zurück: »Eleni! Philine! Bleibt stehen!«
»Mach dir um uns keine Sorgen!«, rief Eleni ihrer Schwester zu. »Aber du musst zum Haus! Jetzt gleich!«
Plötzlich fing die Erde wieder an zu beben, so heftig, dass sie mit jedem Schritt um ihr Gleichgewicht kämpften. Der Felssporn unter ihnen rüttelte von rechts nach links. Philine hörte Leándra hinter sich aufschreien, sie drehte sich im Laufen um und erkannte, wie Elenis große Schwester von einem Bein auf das andere trat – und schließlich doch über die Hochebene auf ihr Haus zurannte.
Der Sturm wurde immer heftiger und tobte um sie herum. Direkt über ihnen zuckten die Blitze durch die Luft und schlugen nur wenige Meter entfernt in die Erde.
Philine wollte aufschreien, aber Elenis Hand schloss sich um ihre und beruhigte sie.
Der Wind toste, während sie an der Schlucht entlangrannten, immer wieder rüttelte und grollte der Boden unter ihnen. Aber schließlich erreichten sie die Stelle, an der sie auf den Strand hinabsehen konnten. Große Wellen spülten darüberhinweg, schlugen gegen das Haus und rollten so weit in die Schlucht, dass sie selbst Mama Olivia erreichten.
Tränen traten in Philines Augen. Dass ihre Sachen zerstört wurden, vielleicht sogar ihr Haus, war das eine – aber Mama Olivia ließ sich nicht ersetzen und für einen Olivenbaum konnte Salzwasser tödlich sein.
Eleni rührte sich nicht und blickte stumm auf das Meer. Der Wirbelsturm tobte noch immer, und plötzlich zuckten so viele Blitze gleichzeitig vom Himmel, dass Philine die Augen schließen musste. Im nächsten Moment ertönte ein Kreischen über ihren Köpfen. Philine warf den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Es war ein Vogel, ein riesiger weißer Adler, der mit ausgestreckten Schwingen seine Kreise zog.
Auf einmal stürzte er zu ihnen herab, bremste seinen Sturzflug im letzten Moment und landete auf Elenis ausgestrecktem Arm. Philine ließ die Hand los und wich zurück. Es war ein gewaltiges Tier, aber Eleni schien sich nicht daran zu stören.
Philine fragte sich, ob sie träumte? Dieser Adler konnte nicht real sein, ebenso wenig wie der sonderbare Wirbelsturm.
Sie wollte aufwachen. Der Albtraum sollte endlich vorbei sein ...
Aber sie wachte nicht auf. Der Adler stupste seinen Schnabel an Elenis Schläfe und plötzlich löste sie sich aus ihrer Starre. Ein warmes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, während sie Philine zum ersten Mal ansah. Auch der Adler wandte sich in Philines Richtung. Er neigte den Kopf zur Seite und beäugte sie mit großen Raubtieraugen.
Philine versuchte, ihm
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