Insel der Nyx: Insel der Nyx, Die Prophezeiung der Götter
Philine, dass er ihre Freundin mitnehmen würde. Doch er ging nur wenige Schritte, ehe er Elenis Körper an einer grasbewachsenen Stelle auf den Boden bettete. Schließlich richtete er sich auf und sah noch einmal auf sie hinab.
Eleni rührte sich nicht mehr. Philine presste die Zähne zusammen, um nicht zu schreien.
Der Schattenmann sah auf und drehte sich in die Richtung der Festgesellschaft. Er machte eine ausladende Bewegung mit dem Arm, als wollte er über die Menschen hinwegwischen – kurz bevor er sich abwandte und auf die Hochebene hinausging.
Philine sah ihm nach, wie er immer tiefer in die Dunkelheit eintauchte, bis er sich ganz darin auflöste.
Erst jetzt fiel die Starre von ihr ab. Sie rannte zu ihrer Freundin, ließ sich neben ihr auf den Boden fallen und beugte sich über sie. Eleni bewegte sich nicht, selbst ihre Brust schien still zu stehen.
Rasende Angst tobte durch Philines Körper. Was, wenn er sie getötet hatte?
»Eleni!« Sie strich über ihre Wange. »Eleni, wach auf, bitte!« Die Haut ihrer Freundin fühlte sich warm an, lebendig – doch gleichzeitig war sie so regungslos! »Komm schon! Wach auf!« Philine warf einen hastigen Blick auf das Fest. Irgendjemand sollte zu ihr herübersehen. Sie brauchte Hilfe!
Aber niemand schien sie abseits in der Dunkelheit zu bemerken.
Schließlich zog sie Eleni in ihre Arme, bettete sie auf ihren Schoß und beugte sich über ihr Gesicht – einen Moment später fühlte sie das, worauf es ankam: Elenis Atem strich über ihre Wange.
Philine lachte erleichtert auf. »Du lebst!«
Ein leises Stöhnen kroch aus Elenis Mund. Ganz langsam öffnete sie die Augen.
Philine nahm sie in die Arme und half ihr, sich aufzurichten.
»Was ist passiert?« Eleni sah sich benommen um.
»Eine ganze Menge.« Philine deutete auf die Schattengestalten, die das Fest umzingelten.
»Ach du Scheiße!«, hauchte Eleni. »Woher ...?«
Philine nickte in die Richtung der Insel.
Plötzlich gab der Stromgenerator ein Stottern von sich, brummte ein letztes Mal und ging aus. Die Lichterketten erloschen und die Musik verstummte. Der orangefarbene Schein des herunterbrennenden Feuers war das letzte Licht, das über den Festplatz glomm.
Ein aufgeregtes Gemurmel erhob sich. Die Menschen sahen sich unruhig um und rückten näher ans Feuer, bis sich alle in den engen Radius drängten, der noch von den Flammen erhellt wurde.
Die schwarzen Wolken am Himmel rissen auf und ließen einen Mondstrahl über die Hochebene gleiten. Überall standen weitere Schatten. Sie setzten sich in Bewegung, strebten auf das Fest zu und glitten schließlich durch den Kreis der schwarzen Gestalten hindurch. Manche von ihnen teiltensich ebenfalls und mischten sich überall dort unter die Menschen, wohin der Schein des Feuers nicht dringen konnte.
Plötzlich schlug die Stimmung der Feier um. Die Leute drängelten und schubsten sich, um näher ans Feuer zu gelangen. Manche riefen empört auf und fingen an, sich zu streiten.
»Immer hältst du zu der kleinen Ratte!« Zoes Geschrei erhob sich plötzlich aus der Menge. »Wen hast du eigentlich lieber, deinen blöden Bruder oder mich?«
Philine suchte nach ihr und fand sie zusammen mit Vasili am äußeren Rand der Menschengruppe. Eine alte, hutzelige Schattenfrau stand hinter Zoes Rücken und strich mit den Fingern über ihren Nacken. Sie war die einzige Schattengestalt, die keine Kapuze trug. Stattdessen wallten lange weiße Haare über ihren Umhang und fielen in ihr runzliges Gesicht. Die Alte kicherte über Zoes Zorn und streckte ihren anderen Arm nach Vasili aus.
Sobald sie ihn berührte, wich er vor seiner Freundin zur Seite. Sein Gesicht glühte vor Wut, aus seinen Augen sprangen förmlich Funken. »Klar nehm ich ihn in Schutz! So, wie du über ihn redest! Er ist mein BRUDER, Zoe! Und mein Bruder ist KEINE RATTE, verstanden?!«
»Kimon.« Philine flüsterte. Plötzlich wurde ihr klar, dass er ebenfalls dort am Feuer war. Doch sie konnte ihn nicht sehen.
Auch ihr Vater und Arjana waren nirgendwo auszumachen.
Hoffentlich waren die drei in der Mitte der Menschenmenge, so weit wie möglich von den Schatten entfernt!
Der Einzige, den sie entdecken konnte, war Kosta. Er taumelte aus der Gruppe heraus ins Dunkle. Eine schwarze Gestalt verfolgte ihn, legte ihre Hand an seinen Rücken undschubste ihn voran. Kosta stolperte und fiel – im nächsten Moment übergab er sich in den Staub. Die Kreatur hockte sich hinter ihn und drückte seinen Kopf mit jedem
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