Insel der Rebellen
betreiben konnten.«
»Wohär weischt du däs all?«, fragte Fonny Boy beeindruckt.
»Einiges davon habe ich auf der Website von Trooper Truth gelesen, am Morgen bevor ihr mich gekidnappt habt. Außerdem habe ich mich schon immer für Virginias Geschichte interessiert.«
Nach und nach leuchteten in den kleinen Inselhäusern die Fenster auf, und Fonny Boy sprang hastig in das Boot seines Vaters, um sogleich in Träumen von Gold- und Silberschätzen zu versinken, während sie in pechschwarzer Finsternis durch die Bucht knatterten. Allerdings hätte er lieber überprüfen sollen, wie viel Benzin an Bord war, und einen Reservekanister für die anderthalbstündige Fahrt mitnehmen sollen. So aber begann der Motor acht Kilometer westlich von Tangier, mitten im Sperrgebiet R 6609, zu husten und zu spucken, um schließlich ganz den Geist aufzugeben.
»O nein«, sagte Dr. Faux und befürchtete, Gott hätte i n Wahrheit seine Gebete doch nicht erhört, sondern ihm nur noch schlimmere Strafen für sein betrügerisches Dasein geschickt.
»Was machen wir jetzt, Fonny Boy?«
Jeder Fischer bewahrt für solche Fälle eine Leuchtpistole in seinem Boot auf, doch diese Rettungsmöglichkeit stand Fonny Boy auf leider nicht offen, durfte er doch auf keinen Fall von seinen eigenen Leuten gefunden werden. Er mochte sich gar nicht ausmalen, welche Strafen ihn dafür erwarteten, dass er mit dem Zahnarzt geflohen war. Außerdem wusste er, dass sich rund um die Insel militärische Sperrgebiete befanden, und war sich nicht sicher, ob es eine gar so gute Idee wäre, einfach in die Luft zu schießen. Was, wenn das Militär zurückschoss?
»Glaubst du, die Strömung wird uns bis Reedville treiben?«, fragte Dr. Faux, während ihn die kalte Luft daran erinnerte, dass er für eine nächtliche Bootsfahrt höchst unzureichend bekleidet war.
»Nei«, antwortet Fonny Boy.
Er begann, in den verschiedenen Kisten und Kästen des Bootes herumzukramen, wo er Leinen, ein verrostetes Taschenmesser, mehrere Flaschen Wasser und Insektenspray entdeckte, das der Zahnarzt reichlich anwendete, obwohl es viel zu kalt für Insekten war. Das Fach unter dem Führersitz war durch ein Vorhängeschloss gesichert, und Fonny Boy versuchte verbissen, die Zahlenkombination herauszufinden. Alles, was sie brauchten, einschließlich der Leuchtpistole, musste sich in diesem Fach befinden, und obwohl er sich nicht sicher war, so hoffte er doch, sein Vater möge das Kofferradio dort gelassen haben, anstatt es mit nach Hause zu nehmen.
ZWANZIG
Cruz Morales ging der State Police aus dem Weg, indem er durch eine Reihe abseits gelegener Gassen fuhr und neben einem Müllcontainer hinter Freckles parkte, in der Nähe der Patterson Avenue. Dort saß er im Dunkeln, atmete heftig, lauschte und ließ seine Augen nervös umherwandern. Aus dem Inneren von Freckles drangen Fetzen von Country Music und Stimmengewirr an sein Ohr, und Cruz vermutete, dass es sich um eine kleine Bar handelte. Plötzlich überkam ihn der heftige Wunsch nach einem Bier. Seine Nerven lagen blank, und er war fürchterlich verängstigt. Angst war das Leitmotiv seines ganzen bisherigen Lebens.
Er war sich sicher, dass all die riesigen Hubschrauber mit ihren Suchscheinwerfern, die dicht über dem Erdboden schwebten, auf der Suche nach ihm waren. Er hatte keine Ahnung, was er getan haben könnte, um eine solche Suchaktion auszulösen, abgesehen natürlich von dem Paket im Kofferraum. Aber woher wusste die Polizei davon? Als diese weißen Typen ihn bei dem Autohändler ins Hinterzimmer geführt und ihm das Paket im Tausch gegen ein anderes Paket gegeben hatten, war sich Cruz zwar darüber im Klaren gewesen, dass er sich auf eine Sache einließ, mit der er sich Ärger einhandeln konnte, aber diese Typen hatten ihn sicherlich nicht verpfiffen. Was hätte das für einen Sinn? Die Übergabe hatte niemand beobachten können, und soweit er sich erinnerte, waren die Hubschrauber schon unterwegs gewesen, bevor er überhaupt den Parkplatz des Autohändlers verlassen hatte. Hatte die Polizei schon nach ihm gesucht, bevor er etwas angestellt hatte? Wie war das möglich?
Er stieg aus dem Wagen, öffnete den Kofferraum und nahm das Paket heraus, das praktisch gar nicht versteckt war, denn es befand sich weder ein Ersatzreifen in der Einbuchtung, noch lag ein Teppich über dem Ganzen, und der erste Ort, an dem ein Polizeibeamter suchen würde, war natürlich der Hohlraum unter der verdächtig aussehenden Klappe. Cruz war im
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