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Insel der Rebellen

Insel der Rebellen

Titel: Insel der Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Außenbordmotor hinauf und warf das Eisenstück in die Luft. Es landete auf Fonny Boys Schoß, als dieser gerade mit eingezogenen Wangen ein Kussmaul übte, um sauberere Noten auf der Mundharmonika zu produzieren.
    »Da hol mi doch!«, rief Fonny Boy überrascht. »Schau hü«
    Er betrachtete das Stück Eisen eingehend und erkannte sofort, dass es sehr alt war und höchstwahrscheinlich von einem versunkenen Schiff stammte.
    »Dä Schotz isch so nah wi dä himmlisch Fridde, da unte liägt än Kaperschiff!«, schrie er außer sich vor Begeisterung, als er begriff, dass nun all seine Mühsal bald ein Ende haben und sich sein Schicksal endlich zum Guten wenden sollte. »Mer muosse däs hi markiere, oddä mer verlirre äs!«
    Es gab nur einen Weg, die Stelle zu markieren: mit Hilfe eines Krebskorbes. Und tatsächlich konnten die entflohenen Krebse schon wenige Minuten später beobachten, wie einer der Drahtkörbe langsam nach unten schwebte. Allerdings kam er ein gutes Stück über dem Meeresboden zum Stillstand, weil die Schnur zu kurz war.
    Der Krebs verzog seine Mundöffnung zu einem Grinsen, denn die Inselbewohner waren so berechenbar, dass er genau wusste, was nun passieren würde. Die Gier des Jungen würde sein Urteilsvermögen benebeln, und bald würde die Seven-Up-Bande in den Knast wandern.
    Auch bei Possum verlief so weit alles nach Plan. Er war dabei, T-Shirts von unterschiedlichen Farben zu zerschneiden und die einzelnen Teile so zusammenzukleben, dass man langsam, aber sicher sehen konnte, dass hier eine Flagge entstand.
    »Siehst du, was ich hier mach, mein Mädchen?«, flüsterte er Popeye zu.
    Er strich die Flagge auf dem Bett glatt, und Popeye blickte erschreckt auf einen grinsenden Totenkopf, der eine Zigarette rauchte.
    »Nu ham wir 'ne NASCAR-Flagge für die Rennen«, fuhr er stolz im Flüsterton fort. »Siehst du, wir könn' die jetzt bei der Box aufhängen, wo wir so tun, als würden wir zur Crew gehören, und ich bin sicher, dass dann jemand nach der Flagge Ausschau hält und uns retten tut. Oder wenn das nich klappt, dann gefällt Smoke die Flagge vielleicht so gut, dass er netter zu uns is, und wenn wir dann nach Tangier Island fliehen, finde ich einen Weg, wie wir uns aus dem Staub machen und bei einem der Fischer unterkommen können.«
    Possum ließ die Nadel erneut in die Flagge eintauchen, deren Buchstaben nun als Jolly Goodwrench zu entziffern waren.
    »Dann geb ich dich wieder zurück zu Superintendent Hammer, und die Polizei vergisst bestimmt, dass ich auf Moses Custer geschossen hab. Vielleicht kann ich dich sogar von Zeit zu Zeit besuchen. Oder kann auf dich aufpassen, wenn Superintendent Hammer mal wech muss. Was glaubst du?«
    Popeye fand die Idee ganz wunderbar. Possum bemühte sich weiter mit Stofffetzen, Sekundenkleber, Nadel und Faden an der endgültigen Gestalt der Flagge. Das Resultat entsprach nicht ganz seinen Erwartungen, denn er stellte fest, dass seine Flagge nur einseitig war, was bedeutete, dass sie nicht frei an einem Fahnenmast oder einer Antenne hängen konnte. Er musste sie an einer Wand befestigen. Aber ansonsten war er mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es war nicht bloß eine NASCAR-Flagge oder ein Jolly Roger, sondern eindeutig eine Mischung aus beidem.
    Possum befestigte seine fertige Arbeit an der Wand, und während er auf dem Bett hockte, stellte er sich Smokes Reaktion vor. Er machte sich Sorgen wegen des geplanten Rennbesuchs am Samstag und malte sich aus, was alle s schief gehen könnte. Possum wollte auf keinen Fall noch mehr Ärger. Hätte er doch nur wieder in den Keller seiner Eltern zurückkehren und nachts durch die Straßen wandern können, ohne Angst vor einer Verhaftung haben zu müssen. Im Fernsehen hatte er gesehen, dass Moses immer noch im Krankenhaus war und dass sein Zustand sich Gott sei Dank stabilisiert hatte. Possum begann das Herz heftig zu schlagen, als er sich daran erinnerte, wie er die Pistole auf den armen Mann gerichtet und den Abzug gedrückt hatte.
    Er konnte noch immer nicht begreifen, was in ihn gefahren war, nur an die Angst vor Smoke erinnerte er sich. Wenn er sich anders als die übrigen Straßenpiraten verhielt oder so etwas wie Gewissen zeigte, endete er bestimmt mit einer Kugel im Kopf. Ach, wie seine Mama schreien und weinen würde, wenn man ihr mitteilte, dass er umgebracht worden war und man ihn neben dem Leichnam eines kleinen schwarz-weißen Hundes gefunden hatte. Wenn nur Ben Cartwright oder Little Joe oder Hoss ihm

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