Insel der Rebellen
Kenntnis.
»Vielleicht nehm ich mir den ganzen Tag frei! Ich ha b kein' Urlaub mehr gehabt, seit meine Schwester geheiratet hat und ich bei der Hochzeit dabei war. Ich war die Oberbrautjungfer oder wie das heißt.« Hooter strahlte bei der Erinnerung daran, wie man sie in ein langes, pinkfarbenes Kleid gesteckt und ihr Haar mit Perlen und Schleifen geschmückt hatte. »Das war irre, das kann ich dir sagen, Süße.«
»Ach ja? Wie wär's, wenn du deine beschissene Freundin 'n andermal besuchst, blöde Lesbe, und dich beeilen tätst!« Bubba Loving war zurück in dem Pick-up mit den Bullfängern.
»Wo um Gottes willen ist die Wespe?«, fragte Barbie, während sie schnell ihre Telefonnummer auf einen Zettel kritzelte. »Hat sie ihn gestochen? Schreit dieser vulgäre Mensch deshalb so?«
»Na, du musses ja wissen!«, schrie Hooter zurück.
»Hier, meine Liebe«, sagte Barbie zu Hooter, »ruf mich in den nächsten Stunden an. Ich bin im Baptistenzentrum auf dem Campus. Du rufst mich einfach an und sagst Bescheid, ob du zum Rennen mitkommen kannst, damit ich die Karte nicht jemand anders geb. Bitte komm mit! Ach, es ist so toll, eine Freundin zum Reden zu haben!«
»Ich glaub, ich komm mit. Ach was, ich komm auf jeden Fall. Und ob ich mitkomme.« Hooter wurde ganz aufgeregt bei dem Gedanken. »Du kannst dich drauf verlassen, außer ich find keinen, der mich hier vertritt. Wie wär's, wenn du mich hier abholst, sagen wir um, ja lass mal sehen. Wann denn?«
»Punkt zwei Uhr.«
»Ich verschwind kurz nach Hause und zieh mich um, und dann warte ich an mein' Mauthäuschen, außer es kommt was dazwischen. Und dann haben wir ausreichend Zeit, über dein trauriges Sexleben zu reden.«
»Wär das nicht wunderbar?« Barbie winkte fröhlich zum Abschied, fuhr endlich weiter und bemerkte erst, als der Alarm ausgelöst wurde, dass sie vergessen hatte, die fünfundsiebzig Cent zu bezahlen. »Der Regenbogen funktioniert! Es passieren Wunder über Wunder!«
»Könnt ihr nicht ein andermal Süßholz raspeln? Da kannst du ja warten, bis du schwarz wirst, bevor du endlich drankommst!«, keifte Lamonia aus dem Fenster ihres Dodge Dart.
Lamonia war verständlicherweise gereizt. Erst hatte man ihr wegen ihrer schlechten Augen Handschellen angelegt, und nun steckte sie hier im Verkehr fest, weil zwei Lesben verschiedener Hautfarbe am Mauthäuschen miteinander flirteten, während ein rassistisches Arschloch bei ihrem Anblick vollkommen ausrastete.
Was war bloß los in der Welt? Lieber Gott, lass Gnade walten, dachte Lamonia. Jeder schien entschlossen, den Planeten zu zerstören, und es war nur eine Frage der Zeit, bis Jesus die Nase voll hatte und wiederkehrte, aber Lamonia war noch nicht bereit für die Wiederkunft. O nein. Sie bat Jesus jeden Sonntag, sich noch ein wenig zu gedulden, denn Lamonia hatte so viele Freunde und Nachbarn, die zurückbleiben würden, wenn Er auf einer Wolke daherkäme und bei der Wiederkunft alle Gläubigen in den Himmel geleitete.
»Vertrau dein Leben Jesus an«, sagte Lamonia zu Hooter, als sie ihr eine Dollarnote in die baumwollbehandschuhte Hand legte.
»Sie sagen es, Liebste«, sagte Hooter, warf drei Quarterstücke in die Maschine und gab Lamonia ihr Wechselgeld zurück.
»Ich bin weder Ihre noch irgendjemandes anderen Liebste!«
Lamonia hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. »Beten Sie um Vergebung Ihrer Sünden, beten Sie zu Jesus. Bitten Sie Ihn, sich Ihres Lebens anzunehmen, damit Sie etwas Sinnvolles damit anfangen. Denn Er wird bald kommen, und dann wollen Sie doch nicht in Ihrem Mauthäuschen sitzen, sich widernatürlichen Vergnügungen mit Fremden hingeben und plötzlich feststellen, dass in der Hälfte der Autos keine Fahrer mehr sitzen, weil sie bei der Wiederkunft Gnade vor seinen Augen gefunden haben und aufgefahren sind gen Himmel!«
»Du sagst es«, feuerte Hooter die Predigerin an, »du sagst es, Schwester.«
Lamonia musste nicht mehr angefeuert werden. »Zwei Männer arbeiten auf dem Feld, und plötzlich ist einer verschwunden. Zwei Frauen waschen ihre Wäsche im Waschsalon, und plötzlich ist die eine von ihnen verschwunden. Sie nehmen das Geld entgegen, und plötzlich ist die Hälfte der Fahrer verschwunden. Sie sollten besser beten, dass Sie dann nicht noch immer in Ihrem Mauthäuschen sitzen, denn wenn das so wäre, müssten Sie zurückbleiben!«
»Ich bin bereit für die Wiederkunft, Schwester«, versicherte Hooter der anderen, während sie ihre Telefonnummern
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