Insel der Rebellen
hatte keine Ahnung, dass Andy nun beide Hände und Füße frei hatte. Langsam griff Andy nach der Pistole im Halfter. Seinem Beispiel folgend, zog Hammer ihre NeunMillimeter aus der Tasche. Beide verbargen sie ihre Waffen unter ihren Beinen, sodass Smoke sie nicht sehen konnte, falls er wieder von seinem Sitz aufstand und ins Cockpit schaute.
Auch Fonny Boy und Dr. Faux konnten nicht erkennen, was los war, als sie, für alle sichtbar, die Janders Road entlanggingen und nicht einen einzigen Inselbewohne r erblickten. Nur vereinzelt brannte Licht in den kleinen Häusern, und in der dunklen Kälte kam weder ein Golfcart noch ein Fahrrad an ihnen vorbei. Sie hatten die Insel praktisch verlassen vorgefunden, als sie von Bord des Postschiffs gegangen waren, nachdem sich der Kapitän geweigert hatte, sie zum Krebskorb mit der gelben Boje zu bringen.
»Verflix ond zugneih! Villich isch Chrischti Widäkähr gwäs«, sagte Fonny Boy, dem die Wiederkunft angekündigt wurde, seit er sich erinnern konnte. »Ond us hätt sä nöd mitgnomme wägn unsre Sünd.«
»Das ist albern«, antwortete der frustrierte Zahnarzt.
Er war durchgefroren, hungrig und müde und nahm an, die Inselbewohner hätten sich alle in ihren Booten auf die Suche nach dem Tory-Schatz gemacht. Er fragte sich, ob die Küstenwache sie wohl alle aufgegriffen und in Haft genommen hatte oder ob die Fischer sich irgendwie mit den Behörden geeinigt hatten. Dr. Faux hatte schlicht und einfach keine Ahnung, was vor sich ging, doch er war verängstigt und wünschte, er wäre nie so töricht gewesen, seine Rechnungen zu manipulieren, sich an Kindern zu bereichern und die Zähne seiner Patienten zu ruinieren, und das alles nur, weil er den Hals nicht voll kriegen konnte.
Als sie zum Haus gelangten, in dem Fonny Boy wohnte, trafen sie auch dort niemanden an.
»Mei Mudder sullt hi sin ond si ums Hus kümmere. Sä gaht sonst nimmär usse, wanns duschter isch«, wunderte sich Fonny Boy, dessen Angst stetig wuchs. »I glubb würkli, dä Chrischt isch vo Himmel nunterkomme ond hätt all mitnomme, usser us!«
»Hör schon auf«, befahl der Zahnarzt. »Niemand ist in den Himmel gekommen, Fonny Boy. Das ist ein Märchen.
Es muss eine andere Erklärung dafür geben, dass die Insel verlassen ist, also lass uns einfach den Golfcart deiner Familie nehmen. Ich schlage vor, dass wir zum Flughafen rüberfahren und nachsehen, ob wir dort was finden.«
Doch der Akku des Golfcart war leer, und das verstärkte Fonny Boys böse Ahnung, sie seien ewiger Verdammnis ausgeliefert.
»Dann müssen wir wohl gehen«, sagte Dr. Faux, drehte sich um und schlug eine Richtung ein, die quer über die Felder führte. »Ich gebe zu, das ist merkwürdig. Wenn alle draußen auf dem Wasser sind, um nach dem Schatz zu suchen, warum haben wir dann so viele Boote im Hafen gesehen, als wir das Postboot verlassen haben?«
»Scht!«, machte Fonny Boy und legte einen Finger an seine Lippen. »I kunn dä Häli hörn! Das muossen dä Lüt vun dä Kuschtenwacht sin!«
Der Zahnarzt lauschte angestrengt und vernahm in der Ferne das dumpfe Geräusch der Rotoren, aber er hörte auch noch etwas anderes.
»Gesang«, sagte er. »Hörst du das auch, Fonny Boy?«
Beide hielten inne, streckten lauschend die Köpfe vor und vernahmen die schwachen Töne eines Kirchengesangs, die ihnen von dem gleichen Seewind zugetragen wurden, der ihnen die Haare zerzauste.
»Das kummt vo dä McMann-Leon-Methodisten-Kirch in dä Main Street«, sagte Fonny Boy ganz außer Atem vor Aufregung.
»I wiss nu nöd, wieso. In dä Kirch sin sonscht nuer Versammlunge am Samschtagobbe.«
Eilig brachen Fonny Boy und der Zahnarzt in Richtung der Kirche auf, während das Geräusch der Hubschrauber zunahm und zwei grelle Lichter im Westen de s sternübersäten Himmels auftauchten und rasch größer wurden. Fonny Boy begann zu laufen und vergaß den Zahnarzt vollkommen.
»He! Warte auf mich!«, rief Dr. Faux hinter ihm her. »Ach, was soll's, ich laufe zum Landeplatz und sehe zu, ob mich nicht einer der Hubschrauber mitnimmt!«
Fonny Boy lief so schnell wie noch nie in seinem Leben und war außer Atem und in Schweiß gebadet, als er die Kirchentreppe hinaufstürmte und die Tür aufriss. Er mochte kaum glauben, was er erblickte. Ausnahmslos schienen sich die Inselbewohner in die kleine Kirche gezwängt zu haben, das elektrische Licht war ausgeschaltet, und alle hielten Kerzen in den Händen. Ohne musikalische Begleitung sangen sie Amazing Grace.
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