Insel der Rebellen
Regina, ohne ihre Beschäftigung mit einer dicken Scheibe in Honig gebackenen Schinkens zu unterbrechen, die in einem großen Brötchen steckte und von Butter und Minzmarmelade troff.
Mrs. Crimm, die etwas spät dran war, nahm am Fuß der Tafel Platz und hob eine Gabel, um zu signalisieren, dass mit dem Essen begonnen werden konnte.
»Was soll das heißen, was ist mit mir passiert?« Mrs. Crimm warf Regina einen warnenden Blick zu. »Und warte gefälligst, bis alle essen. Als hätte ich dir keine Manieren beigebracht.«
Andy schnitt sich das einzige Stück mageren Schinkens ab, das er unter den Fettbergen auf seinem Teller finden konnte, als Trader den Raum betrat. Andy bemerkte sofort, dass sich der Presse-Sprecher offenbar in einem Schockzustand befand; er blutete und roch nach verbrannten Chemikalien und Schießpulver.
»Mich würde viel mehr interessieren, was mit Ihnen passiert ist«, sagte Andy zu Trader.
Mrs. Crimm entnahm diesen Worten, dass der attraktive junge Gast nicht eine Minute lang gedacht hatte, es wäre irgendetwas mit ihr passiert. Sie sah verführerisch wie immer aus, und es war widernatürlich und abscheulich viktorianisch, wenn Frauen ihre Körper hinter dicken Schichten weiter und langer Kleidung versteckten. In Kürze würde Andy seine Aufmerksamkeit ihrem Ende des Tisches zuwenden, um sie von Kopf bis Fuß in Augenschein zu nehmen. Nach dem Essen würden sie beide dann im Schlafzimmer verschwinden, wo sie die Tür abschließen und Ja sagen und es auch meinen würde. Selbst wenn der Gouverneur nach Hause käme, würde er nichts merken. Nur leise mussten sie sein, sie und Andy.
»Sind Sie in einen Sturm oder eine Demonstration geraten?«
Andy ließ seine Aufmerksamkeit erst einmal bei Trader, der sich in langen, atemlosen Erklärungen erging und so schnell sprach, dass seine Worte übereinander stolperten.
»Was zum Teufel hat er gesagt?«, fragte First Lady Crimm alle zehn Sekunden an Andy gewandt. »Ob er wohl einen Schlaganfall hatte?«
Obwohl Trader lange brauchte, um seine Geschichte zu erzählen und sich die Tatsachen dabei so rasch veränderten wie Wolken am Himmel, ließ sich seine Erzählung rasch zusammenfassen: Genau um neunzehn Uhr sei er zum Fluss gekommen, wo ein Afroamerikaner neben seinem Fahrrad gestanden und geangelt habe. Er habe den Mann begrüßt und sie hätten sich über das Wetter unterhalten, während er, Trader, die Krebse und die Forelle ins Wasser geworfen habe.
»Oje«, unterbrach ihn Mrs. Crimm. »Der wird die Krebse doch nicht etwa in den James geworfen haben, oder? Wenn die nicht den Weg in die Bucht finden, dan n hätte man sie auch gleich erschießen können.«
Hastig fuhr Trader mit seiner Geschichte fort.
»Apropos Schießen«, übersetzte Andy das wirre Gestammel, »er sagt, es habe eine Schießerei gegeben«, übersetzte Andy. »Ein Lincoln mit New Yorker Nummernschild kam vorbei und ein Hispano Mitte zwanzig begann aus einer Neun-Millimeter-Pistole aus dem Auto zu schießen und laut zu schimpfen. Er traf den Angler aus kurzer Entfernung in die Brust. Wahrscheinlich entzündete sich dabei das Feuerzeug, das der Angler in der Brusttasche trug.«
»Warum wahrscheinlich? Wieso weiß er das alles nicht mit Sicherheit?« Regina griff sich ein neues Brötchen. »Hat er nicht wenigstens nachgeschaut, ob der arme Mann noch am Leben war oder ob er tatsächlich bei lebendigem Leib verbrannt ist? Warum hat er nicht versucht, das Feuer zu löschen oder Hilfe zu holen?«
Sie richtete ihren Blick auf Trader, während sie weiteraß. »Sie sind einfach abgehauen und haben nicht mal versucht zu helfen? Was sind Sie bloß für ein Mensch?«
»Ar hätt uff mi gschisse!« Trader erhob seine Stimme und erkannte nicht, dass sein plötzliches Sprachproblem Ausdruck eines posttraumatischen Belastungssyndroms war, das bestimmte Gensequenzen aktiviert hatte, mit dem Erfolg, dass er sich plötzlich ausdrückte wie ein Pirat von Tangier Island.
»Solche Worte pflegen wir am Esstisch nicht zu verwenden!«, schnauzte Mrs. Crimm ihn an.
»An ums annermol hätt är uff mi gschisse! I hätt än Hölleschiss!«
»Das ist ja unerträglich.« Regina hielt sich die Ohren zu. »Kann nicht jemand für ihn sprechen? Andy, erklären Si e uns einfach, was er sagen will. Meint er im Ernst, der Hispano hätte sein großes Geschäft auf ihm verrichtet? Hat er es auf ihm getan oder ihn damit beworfen?« Sie blickte finster drein. »Was soll das bloß heißen, der Schütze hätte auf
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