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Insel der Schatten

Insel der Schatten

Titel: Insel der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Webb
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meinst du, sie hat wirklich parapsychologische Fähigkeiten, die uns von Nutzen sein könnten?«
    »Das kann ich dir leider nicht sagen«, gab er zurück. »Ich fand schon immer, dass sie einen kleinen Schatten hat, aber du kannst es ja trotzdem mal mit ihr versuchen. Es wäre ein Anfang.«
    Wir räumten die Küche auf und gingen dann nach oben. Unser potenzielles Medium konnte warten – jetzt hatten wir erst mal anderes im Sinn.

28
    Was trug man so zu einer Séance? Jeans? Ein Kleid? Perlen?
    Ich überlegte eine Weile hin und her, dann kam ich zu dem Schluss, dass den Geistern meine äußere Erscheinung wohl herzlich egal sein würde, zog Jeans und einen Pullover an und ging nach unten, wo Will im Wohnzimmer mit Wein, Käse und ein paar anderen Snacks auf mich wartete.
    Ich hatte Mira an diesem Morgen angerufen, und nachdem wir ein bisschen über ihre Reise auf das Festland geplaudert hatten, war ich direkt zur Sache gekommen.
    »Sag mal, Mira, wie ich hörte, bist du so eine Art … äh … Also du sollst in dem Ruf stehen …«, hatte ich gestottert.
    »… ein Medium zu sein?«, vervollständigte sie meinen Satz.
    Ich nickte erleichtert. »Ja. Will hat es mir erzählt.«
    »Verstehe«, erwiderte sie. »Aber es stimmt, ich verfüge über eine gewisse Sensitivität.« Dieses hochtrabende Wort aus ihrem Mund zu hören, löste bei mir einen kaum zu unterdrückenden Lachreiz aus.
    »Warum fragst du?«, erkundigte sich Mira dann.
    Ich hielt die Luft an. Jetzt war es so weit, ich würde meinen Verdacht laut äußern müssen. »Ich frage, weil ich fürchte, einen Geist im Haus zu haben. Ich möchte Gewissheit, und wenn meine Vermutung zutrifft, will ich wissen, wie ich ihn loswerden kann«, sprudelte ich in einem Atemzug hervor.
    Mira schwieg so lange, dass ich mich zu fragen begann, ob sie mich für genauso übergeschnappt hielt, wie ich mir selbst gerade vorkam. Aber ich irrte mich, denn endlich sagte sie:
    »Weißt du, ich habe schon immer gespürt, dass es im Crane-Haus nicht mit rechten Dingen zugeht. Meiner Meinung nach besteht wenig Zweifel daran, dass dort Geister ihr Unwesen treiben.«
    »Kannst du nicht mal vorbeikommen und das überprüfen?«, bat ich sie.
    »Mit Vergnügen. Wann soll ich da sein?«
    Wir kamen überein, dass sie sich zum Abendessen bei mir einfinden sollte, denn ich wollte Will auf jeden Fall dabeihaben. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was auf mich zukommen würde, und brauchte seine Unterstützung.
    Nachdem ich aufgelegt hatte, brach mein Lieblingsanwalt zur Arbeit auf, aber nicht, ohne mir zuvor die strikte Anordnung zu erteilen, zu Hause zu bleiben oder aber, ihn anzurufen, damit er mich mit Tinkerbell abholen käme. Ich war gerade dabei, den Frühstückstisch abzuräumen, als die Hintertür plötzlich vernehmlich knarrte. Iris.
    In all der Aufregung hatte ich ganz vergessen, dass sie heute wiederkommen wollte. Im Gegensatz zum Tag zuvor machte sie sich allerdings schon bald daran, mit ihrer Arbeit loszulegen und das Holzwerk mit Lappen und Politur zu bearbeiten.
    »Beim Mittagessen erzähle ich Ihnen die Geschichte Ihrer Mutter«, teilte sie mir brummig mit.
    Aha. Ich schnappte mir mein Buch und zog mich in den Wintergarten zurück.
    Dort leistete sie mir einige Stunden später Gesellschaft. Sie brachte einen Teller des übrig gebliebenen Eintopfs und einen dampfenden Teebecher mit.
    »Iris«, begann ich, als ich mir den ersten Löffel in den Mund schob, »ich hoffe, das, was ich Ihnen zu sagen habe, kränkt Sie nicht, aber ich habe mich gefragt, ob die Geschichten, die Sie mir erzählen, wirklich der Wahrheit entsprechen oder ob … nun, ob vielleicht stellenweise Ihre Fantasie mit Ihnen durchgegangen ist.«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Vermutlich fragt sich das eher Ihr Freund, nicht wahr?«
    »Tja, äh …« Ich brach ab. Sie hatte mich ertappt.
    Iris nickte, schloss die Augen und blieb eine Weile regungslos sitzen. »Sehen Sie Ihre Vorfahren denn nicht, wenn ich Ihnen von ihnen erzähle?«, erkundigte sie sich endlich.
    »Doch! Doch, ich sehe sie.« Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Denn davon hatte ich Will aus Angst, mich vollkommen lächerlich zu machen, nichts erzählt.
    »Dann wissen Sie doch, dass das alles stimmt. Sie sehen schließlich mit eigenen Augen, was sich in Ihrer Familie zugetragen hat.« Sie musterte mich so eindringlich, dass ich den Eindruck gewann, sie versuche zu ergründen, was ich wirklich glaubte.
    »Okay, vergessen

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