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Insel der Schatten

Insel der Schatten

Titel: Insel der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Webb
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wirft Fragen auf
    Nachdem letzte Woche der Trauergottesdienst für Noah und Halcyon Crane stattfand, sind die genaueren Umstände ihres Todes nach wie vor ungeklärt. Die Polizei nimmt derzeit an, dass es sich um Mord und Selbstmord handelt.
    Zum Zeitpunkt seines Todes liefen bezüglich Noah Crane Ermittlungen in dem einzigen Mordfall seit fünfzig Jahren auf Grand Manitou. Julie Sutton (6), die Tochter der hiesigen Einwohner Frank und June Sutton, wurde im Juli auf dem Grundstück der Cranes tot aufgefunden. Anfangs gingen die Behörden von einem Unfall aus, aber bald deuteten Beweise auf ein Gewaltverbrechen hin.
    Das Mädchen war scheinbar aus einem Fenster im zweiten Stock des Crane-Hauses gestürzt. Noah Crane fand den Leichnam und rief die Polizei, die nach ihrem Eintreffen zahlreiche Hinweise fand, die darauf hindeuteten, dass ein Kampf stattgefunden hatte. Das Zimmer, aus dessen Fenster das Mädchen gefallen war, war verwüstet, Lampen waren zerbrochen und Möbelstücke umgestürzt worden. Das Kleid des Mädchens war ebenfalls zerrissen – vermutlich eine Folge des Kampfes – und ihr Hals wies Würgemale auf.
    »Als wir damit anfingen, die Ereignisse dieses Abends zu einem Bild zusammenzusetzen, zeichnete sich ab, dass Mr. Crane am Tod von Julie Sutton beteiligt war«, sagte der Leiter der Ermittlungen, Officer Chip Norton. Er gab außerdem zu Protokoll, dass rings um die Leiche des Mädches seine Fußabdrücke und auf der Fensterbank des Tatorts seine Fingerabdrücke gefunden wurden. Ferner hielt die Tote vermutlich von ihm stammende Haarsträhnen in der Faust, was darauf schließen lässt, dass sie sich heftig gegen ihn zur Wehr gesetzt haben muss.
    Crane beteuerte auch angesichts dieser Beweislast seine Unschuld. Der Polizei gelang es nicht, die Ermittlungen im Fall Julie Sutton vor seinem Tod abzuschließen.
    Noah Cranes Frau Madlyn hielt sich zur Tatzeit nicht im Haus auf. Die einzige Augenzeugin, ihre Tochter, die fünfjährige Halcyon Crane, sprach nach diesem Abend nicht mehr und blieb bis zu ihrem Verschwinden stumm. Ihre Eltern brachten sie zu verschiedenen Psychologen auf dem Festland, aber niemand vermochte herauszufinden, wo die Ursache ihres plötzlichen Schweigens lag.
    Der Vereinigung Amerikanischer Psychiater zufolge kommt es nicht selten vor, dass Kinder, die Augenzeugen eines Verbrechens oder Opfer physischen oder psychischen Missbrauchs geworden sind, als Folge des erlittenen Traumas die Sprachfähigkeit verlieren.
    Ich starrte Will ungläubig an. Davon hatte ich nichts gewusst.
    »Seltsam, nicht?« Er schüttelte den Kopf und nahm meine Hand. »Ich habe mich auch gewundert, als ich es gelesen habe.«
    »Ich habe aufgehört zu sprechen? Erinnerst du dich daran?«
    »Ich habe angestrengt nachgedacht, Hallie, und ich bin mir fast sicher, dass ich dich nach dem Tod von Julie Sutton nicht wiedergesehen habe. Ich könnte beinahe wetten, dass meine Eltern mir danach verboten haben, euch zu besuchen. Aber ich kann sie ja mal fragen.«
    Als er uns zwei Gläser Wein einschenkte, kam ich zu dem Schluss, dass die Dinge allmählich einen perversen Sinn zu ergeben begannen. »Das würde erklären, warum ich mich überhaupt nicht an mein Leben hier erinnern kann«, grübelte ich. »Vielleicht löscht so ein Trauma ja auch das Erinnerungsvermögen eines Kindes aus.«
    »Da frage ich mich doch, was genau du in dieser Nacht gesehen hast.«
    »Das wüsste ich auch gern.« Ich widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Artikel.
    Das endgültige Aus für die Ermittlungen kam letztendlich mit dem Tod von Noah und Halcyon Crane.
    »Er war unser einziger Verdächtiger in diesem Mordfall, und wir arbeiteten fieberhaft daran, Anklage gegen ihn erheben zu können«, erklärte Norton. »Aber sein Tod und der der einzigen Augenzeugin des Verbrechens haben unsere Bemühungen zunichtegemacht.«
    Obgleich die Polizei einräumte, dass es sich um pure Spekulation handelt, sind die Beamten überzeugt, dass Noah Crane seine Tochter und sich selbst tötete, um sich seiner Strafe zu entziehen.
    Mrs. Madlyn Crane stand für ein Interview nicht zur Verfügung, ließ jedoch durch ihren Anwalt unmissverständlich erklären, dass sie nicht an die Schuld ihres Mannes glaubte. »Die Vermutung, mein Mann könnte dieses Kind, und später sein eigenes, getötet haben, ist die makabre Erfindung eines unfähigen Ermittlungsteams, das aus zwei Unfällen zwei Morde konstruieren will. Ihn einer solchen Tat zu beschuldigen ist eine

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