Insel der schwarzen Perlen
brachte sie Kelii etwas über die Geschichte der WeiÃen bei? Wollte sie ihn eines Tages mit über das groÃe Meer nehmen â in das Land, in dem man auf gefrorenem Eis spazieren ging?
Während sie in ihrem meeresblauen Tuch durchs Dorf eilte, grüÃte sie im Vorübergehen die vor den Hütten sitzenden Tutus und berichtete von den ankommenden Uniformierten.
»Was? Jetzt zur Abendstunde? Was soll das?«
»Sollen wir die Männer holen? Wo ist Kelii?«
Viele waren dabei gewesen, das tägliche Abendessen aus Poi, Fisch und Früchten vorzubereiten und währenddessen mit den Kindern zu scherzen, so wie jeden Abend.
Jetzt wurden aufgeregte Fragen gestellt. Schnell waren die Frauen sich einig, was zu tun wäre. Elisa brauchte auf alle Fälle Unterstützung. Schon liefen die Kinder los, die Tutus sicherten die Kochstellen mit schweren Steinen und folgten.
Amala ging bis zur letzten Hütte auf dem Plateau des Hügels, dahinter stiegen steil die Felsen an. Sie sah, wie sich die Kinder und die Tutus schützend um Elisa und Eli scharten, und verspürte prompt einen Stich der Eifersucht. Vor ihrem Auftauchen war sie allein für das gesundheitliche Wohl der Kinder und Frauen zuständig gewesen. Die Männer des Dorfes waren ohnehin selten krank, doch auch sie hatten sich Rat suchend an Amala gewandt. War es etwas Ernstes, wurden die Kahuna der Insel konsultiert. Doch diese Kahuna kamen jetzt zu Elisa, um sich von ihr Rat zu holen. Amala war nicht nur in gesundheitlichen Fragen an zweite Stelle gerückt, sondern sie hatte insgesamt an Bedeutung verloren.
Unter einem groÃen Baum, dessen Zweige bis fast auf den Boden reichten, war eine Hütte verborgen, die kleiner als die anderen war. Die Kinderhütte war erst kürzlich von den Männern aus Zweigen errichtet worden, die Frauen hatten sie mit Matten gegen den Regen gedeckt.
»Hallo, meine kleine Schildkröte, wie geht es dir?«
Keine Antwort. Amala bückte sich ächzend, um durch den kleinen Eingang in das Halbdunkel zu kriechen.
»Ulani? Himmelskind �«
Das Mädchen schlief tief und fest auf ihrer Schlafmatte.
»Wie ein erschöpfter Honigsperling atmest du!«, flüsterte Amala und fühlte die heiÃe Stirn der Kleinen. Was sie hörte, als sie sich noch tiefer zu ihr beugte, um an ihren mageren Brustkorb zu horchen, gefiel ihr nicht. Es rasselte feucht, und der Atem war viel zu flach. Eher wie eine Acht- als eine Zehnjährige sah Ulani aus. Ihr Name bedeutete so viel wie Frohsinn, doch davon hatte es in ihrem Leben bislang nur wenig gegeben, seit ihre Eltern gestorben waren. Elisa und Kelii hatten die halb verhungerten Kinder in Lihue beim Stehlen erwischt und spontan mit ins Dorf gebracht. Bis jetzt wusste man kaum etwas über ihre Vergangenheit, denn Ulani sprach nicht viel. Vielleicht hatte sie gute Gründe dafür, denn die Haut des Mädchens war ungewöhnlich hell, und ihre Augen waren grün. Ihr ungewöhnliches Aussehen war Anlass für allerlei Spekulationen im Dorf. Das Mädchen war sicherlich von gemischtem Blut, wohingegen seine jüngeren Brüder reinrassige Hawaiianer waren. Ungefähr in Elis Alter hatten sie sich sofort an Elisas Sohn angeschlossen und schliefen oft mit in der Familienhütte.
Ulani hingegen hielt sich abseits. Kurz nach der Ankunft war sie krank zusammengebrochen. Und auch wenn es immer wieder gute Tage gab, war sie nunmehr seit vielen Wochen krank. Elisa machte sich zwar zu Anfang groÃe Sorgen, doch eines Nachts hatte sie einen Traum von Ulani. In ihrem Traum sah sie das Mädchen als junge Braut, an der Seite eines weiÃen Mannes, dessen Gesicht Elisa zwar nicht erkennen konnte, der ihr aber vertraut war.
»Ulani wird wieder gesund. Eines Tages wird sie einen reichen haole heiraten ⦠Bis dahin müssen wir uns keine Sorgen machen! Erst dann wird es schwierig mit ihr â¦Â«
So war Elisa. Sie hatte einen Traum oder sah Omen. Einmal war es die Art, wie bestimmte Vögel über ihr Dorf flogen, dann spielte es eine Rolle, wie die Frösche am Wasserfall quakten.
Amala konnte nicht anders, als die jüngere Freundin für ihren Mut zu bewundern. So als sei es das Natürlichste der Welt, hatte Elisa sich mit den heruntergekommenen Kindern auf den Dorfplatz gestellt und alle um Hilfe gebeten. Sie hatte von Gott geredet, von Mildtätigkeit und der GroÃzügigkeit der Herzen. Am Ende
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