Insel der schwarzen Perlen
musste sogar Amala weinen. Deswegen war sie Elisas Freundin, weil diese junge, deutsche haole verrückter war, aber auch mehr Mut und Grips hatte als viele Männer aus dem Dorf.
Sie kühlte die heiÃe Stirn des Mädchens mit einem nassen Lappen, dann legte sie feuchte Wickel um ihre Waden, wie Elisa es ihr beigebracht hatte. Die Kleine seufzte im Schlaf, und Amala roch an ihrem Atem. Das Kind hatte weiÃen Atem, kein Kind aus ihrem Dorf roch so. Es war ein leicht süÃlicher Menschengeruch, wie auch Elisa ihn verströmte. Amala mochte ihn nicht besonders, er erinnerte sie mal an ein frisch geschlachtetes Huhn, ein anderes Mal an vergorenes Obst. Der Atem der WeiÃen blieb ihr fremd.
Doch vielleicht würde sie ihre schwangere Freundin in Zukunft trotzdem wie eine Blutsschwester lieben müssen, denn Elisa war bis auf Kelii und Eli mutterseelenallein auf der Welt. Eigentlich war sie eine bemitleidenswerte Waise, dachte Amala, denn ihre deutsche Mutter hatte sie verstoÃen, und das war noch schlimmer als gar keine Eltern mehr zu haben. Und all das, weil sie einen Hawaiianer liebte. Es war hart, aber zum Teil verstand Amala die Haltung der deutschen Einwanderer. Ebenso wie die Hawaiianer wollten sie lieber unter sich bleiben. Im Grunde genommen teilten fast alle Rassen auf Hawaii diese Einstellung. Donât mix the blood.
Nach diesem Motto lebten die Hawaiianer und die WeiÃen, aber auch die Chinesen und die Japaner, daher wurden alle Mischlinge zunächst mit Skepsis beobachtet. Darunter litten vor allem die Chinesen, deren junge Männer hawaiische Frauen heirateten. Denn in den Augen ihres Volkes galten diese als minderwertig.
Für die Hawaiianer war es noch schlimmer, denn die Chinesen hatten Unheil in Form von Seuchen von den Schiffen aus über die Inseln gebracht. Brachte ein Hawaiianer eine chinesische Frau mit nach Hause, hatte er deshalb oftmals wenig zu lachen. Für Mischlinge wie Ulani galten wiederum andere Regeln, die ebenfalls nicht einfach waren. Das Mädchen, das fiebernd vor ihr lag, hatte zwar einen hawaiischen Namen, aber eindeutig einen weiÃen Vater. Das arme Ding. Wahrscheinlich war seine Mutter vergewaltigt worden und hatte nicht den Mut aufgebracht, sich vor der Geburt mit dem Kind zu töten. Andere Hawaiianerinnen wiederum ertränkten solche Babys der Schande gleich nach der Geburt.
In Amalas Augen zählte das Blut eines Menschen. Es war wichtiger als die Gesinnung, und Elisas schlechte Herkunft wog in Amalas Augen schwer. Schlechtes Blut brachte über kurz oder lang Unglück. Das musste so sein, auch wenn es nicht gerecht war.
»Elisa?«
Ulani schlug kurz die Augen auf.
»Wo ist Elisa?«
Amala war wieder einmal erstaunt über das Grün der Augen, die ihr aus dem spitzen Gesicht entgegenleuchteten.
»Alles ist gut. Schlaf weiter. Elisa kommt später â¦Â«
»Und das Baby?«
»Ihr Kind ist noch nicht da ⦠Elisa sieht nach dir, sobald sie kann. Bis dahin verlässt du nicht die Hütte, verstanden?«
Die Kleine nickte, drehte sich um und schlief kurz darauf wieder ein. Leise verlieà Amala die Hütte.
Milder gestimmt ging sie erneut über den Dorfplatz. Inzwischen waren alle Plätze vor den Hütten leer. Die Feuer für das Abendessen waren mit Steinen bedeckt.
Um Elisa hatte sich eine Menschentraube gebildet. Tutus und Kinder redeten um die Wette, jeder wollte einen Blick auf die bösen Polizisten am Dorfeingang erhaschen, aber noch war niemand zu sehen. Vielleicht hatten sie vor der letzten Biegung noch einmal Rast gemacht. Amala schmunzelte über Elisas Mischmasch aus Pidgin, Hawaiisch und Englisch, das sie sich erst kürzlich angewöhnt hatte, weil die GroÃeltern es den Kleinen so beibrachten. Bevor sie in die Schule kamen, mussten sie ein wenig Englisch können oder zumindest genug Pidgin, die primitivere Form, durchsetzt mit hawaiischen Ausdrücken. Im Moment versuchte Elisa, die kleinen Jungs davon zu überzeugen, dass es keine gute Idee war, mit Blasrohren Kerne auf die Uniformierten zu spucken.
Immer noch waren WeiÃe im Dorf eine Seltenheit. Es kam nicht allzu oft vor, dass Polizisten den Aufstieg vom Tal auf sich nahmen, noch dazu vier. Es musste sich also um etwas Wichtiges handeln, so dachten auch die anderen Tutus, die sich mit den Kindern um Elisa versammelt hatten.
Elisa war sichtlich froh, Amalas Nachricht von Ulanis Genesungsschlaf zu
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