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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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Kaninchen verschlingt. Dann fuhr sie fort. »Weil Sabji meiner Meinung nach gar nicht auf ihren Mann geschossen hat, sondern ihre Tochter gedeckt hat … Wenn du mich fragst, war es so. Malia hat ihn erschossen. Sieh mal, meine Kleine, Sabji hatte Prellungen am ganzen Körper … Das Schwein hat sie oft verprügelt, wenn er betrunken war. Aber dieses Mal könnte er meine Schwester so schlimm verprügelt haben, dass Malia dachte, ihre Mutter stirbt, oder? Sie war erst dreizehn …«
    Â»Aber warum hat Sabji es nicht der Polizei gesagt? Ein so junges Mädchen wäre doch bestimmt nicht hart bestraft worden. Sie war noch fast ein Kind!«
    Mai sah Maja mit mildem Lächeln an.
    Â»Malia war schon mit dreizehn eine reizvolle Schönheit. Meine Schwester hat dafür gesorgt, dass sie nicht da war, als die Bullen kamen. Meinst du denn, die wären mit dem hübschen Ding Eisessen gegangen? Sag mal, weißt du überhaupt, was hier vor fast vierzig Jahren los war, vor allem in den Slums? Wie die Weißen mit uns Hawaiianern umgegangen sind, wenn wir kein Geld hatten? Malia wäre an den Strand verschleppt und zu Tode gef- nein, ich sag das Wort nicht. Aber da ist meine Schwester lieber selber in den Bau gegangen. Sie liebte ihre Tochter abgöttisch. Sie war das einzige Licht in Sabjis Tunnel, die kleine Malia …«
    Mai und Maja waren sich einig, dass sie sich zusammen um Sabji kümmern und die alte Frau vor noch mehr Kummer bewahren würden, auch wenn es schwierig werden würde. Die Augen von Mai blinzelten feucht.
    Â»Ich hätte dich sofort zu mir genommen, Schätzchen, dich aufgezogen wie meine eigene missratene Brut. Ich hätte dich geliebt … und ich weiß, dass du Sabjis Enkelin bist … es ist nicht nur dein Geruch … Du bist Kahuna.«
    Maja wusste nicht, warum sie in den Armen von Mai weinen musste. Was in ihr zerbrach, seit sie Schritt um schmerzhaften Schritt tiefer in einen Dschungel aus Lügen eintrat, war doch nicht wirklich wichtig, wenn man gerade selber ein Kind bekam und versuchte, mit einem Mann aus einer fremden Kultur auf der anderen Seite der Erde seine Wurzeln zu schlagen, oder doch?
    Immer noch hörte Maja ihren Vater oben. Inzwischen begann sie daran zu zweifeln, ob ihr Gespräch eine gute Idee war. Wie sagte ihr Vater stets: Worte, die man einmal gesagt hat, gerade Worte des Misstrauens, können nie zurückgeholt werden. Vertrauen ist sehr wichtig, Maja, wichtiger noch als Liebe.
    Oft hatte Max ihr diese Weisheit eingetrichtert, wenn Maja wieder mal in ihrer Welt keinen Halt fand, sich in der Schule einbildete, Klassenkameraden wendeten sich gegen sie, nur weil sie anders aussah. Sie hatte durch ihren Vater früh gelernt, sich selbst zu misstrauen, stets zunächst die eigenen Gefühle infrage zu stellen und nicht die Absicht der anderen. Das hatte sie geschwächt, denn sie war oft sehr unsicher.
    Majas schlimmste Angst war jetzt, dass sie sich diese Verwandtschaft nur einbildete, wegen eines Ringes, den es vielleicht hundert Mal gab. Alles andere konnten Zufälle sein. Nur gab es noch ein weiteres Indiz, das Maja gerne verdrängte. Sabjis Tochter Malia litt bereits als Kind unter Herzproblemen, wie Mai ihr erzählt hatte. Die Familie hätte sich eine Operation niemals leisten können. War das kranke Herz der Grund, warum Malia ihr Kind nicht großziehen wollte oder konnte? War sie zu schwach?
    Das letzte große Warum war vielleicht schwieriger zu beantworten als alle anderen. Warum konnte Maja sich nicht Keanu anvertrauen? Die ganzen letzten Tage über hatte sie geschwiegen. Sie lag nachts neben ihrem Liebsten im Bett und zermarterte sich das Gehirn mit Fragen, wie ihr eigenes Leben und das ihres kleinen Sohnes von nun an weitergehen würde, denn sollte Sabji wirklich ihre Tutu sein und Malia ihre leibliche Mutter, so würde Majas Blut aus einer Familie stammen, die in Hawaii zur untersten Schicht gehörte. Gefängnis, Putzfrau, Verbrechen, Armut … Was würde ihr Liebster dazu sagen? Wie würden es seine Königstreuen, allen voran Leilani, werten? Zwischen den Al’i und den sogenannten gewöhnlichen Hawaiianern galten seit Jahrhunderten strenge Regeln.
    Maja hörte oben die Tür. Kurz später saß ihr Vater bei ihr am Tisch, wollte wissen, was es so Wichtiges gab, und klopfenden Herzens schob Maja ihm das alte Foto hin. Max sah es an, lange und mit einer tiefen

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