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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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umständlich: »Niemand braucht Angst zu haben. Weder bei den Arbeitern auf der Plantage noch oben am Felsen sind Zeichen der Krankheit entdeckt worden. Ihr habt doch alle von Mai Pake gehört, oder?«
    Keiner rührte sich. Die Kinder versteckten sich hinter ihren Tutus. Der Doktor war ein Weißer und als solcher nicht sehr willkommen. Er versuchte ein Lächeln in Richtung der Frauen und Kinder.
    Â»Dann wollen wir mal mit der Untersuchung beginnen … Ich bin gekommen, um zu helfen!«
    Elisa sah, wie verängstigt einige der Kinder sich an ihre Tutus klammerten. Auch in den Gesichtern der Großmütter zeigte sich Unbehagen und Angst, als der Doktor aus seiner schwarzen Tasche Stethoskop und Holzstäbchen auf einem Tuch auf der Erde ausbreitete. Bad Bob legte Seile bereit, falls sich ein Patient widersetzen sollte. Sein Vater stellte den mitgebrachten Kanister in Reichweite. Damit wurden Hütten und Habseligkeiten in Brand gesetzt, falls in einem Dorf Zeichen von Lepra entdeckt wurden.
    Â»Die Seuche erfordert jetzt härtere Maßnahmen.« Der Doktor versuchte in einfachen Worten zu erklären, was bei einem Krankheitsfall zum Schutz der Bevölkerung geschehen musste, und die Gesichter der Umstehenden wurden immer panischer. Die ersten Kinder hatten begonnen zu weinen. Elisa musste teilweise übersetzen, weil die Tutus nicht genug Englisch verstanden.
    Â»Fräulein Vogel, könnten wir nicht gemeinsam …?«
    Elisa wusste, es hatte wenig Sinn, in dieser Situation nicht mit dem Doktor zu kooperieren. Aber es war ihr auch wichtig, ihm zu zeigen, dass das hawaiische Dorf in den Bergen jetzt ihre Welt war, die sie auch notfalls verteidigen würde.
    Â»Wenn wir diese Untersuchung gemeinsam in Angriff nehmen wollen, dann schlage ich vor, die Polizisten treten unter den Baum zurück und warten dort, bis wir fertig sind. Meine Freunde vertrauen mir … niemand wird weglaufen.«
    Barfuß stand Elisa vor Doktor Wellington, ihren voluminösen Leib lediglich in den Pareo gewickelt. Der Doktor nickte.
    Â»Am Versammlungsfelsen hat Kelii mir bei den Männern geholfen. Wir mussten niemand von dort mitnehmen … es war schnell vorbei.«
    Â»Na, dann wollen wir mal beginnen. Worauf genau muss ich achten?«
    Nachdem der Doktor Elisa Anweisungen gegeben hatte, begann die Untersuchung. Der Reihe nach mussten sich alle aufstellen, zuerst die Kinder, dann die Frauen. Einer nach dem anderen wurde vom Doktor angesehen. Elisa assistierte und versuchte, dabei so viel Heiterkeit wie möglich zu verbreiten, doch die Frauen waren verstummt. Die Kinder, die bereits an der Reihe gewesen waren, spielten und redeten leise. Selbst die Vögel, die im Frühlingsbalzen über den Hütten ihre Kreise gezogen hatten, waren verschwunden. Ein Körper nach dem anderen wurde nach verräterischen Zeichen an der Haut untersucht. Der Doktor hörte die Lungen ab und sah in Rachen und Ohren.
    Als sie fast fertig waren, fiel Elisa das Pärchen Alala auf. Die beiden hatten sich den Baum auf dem Dorfplatz für ihr Nest ausgesucht und schnäbelten verliebt. Für Kahuna waren die Alala stets Boten einer tiefgreifenden Veränderung. Doch auch ohne die seltenen Hawaiikrähen spürte Elisa förmlich, wie sich dem Dorf Unheil näherte.
    Sie atmete tief durch, um der Schwäche in ihren Beinen zu trotzen, doch lange würde sie nicht mehr stehen können. Ihr Kind meldete sich mit heftigen Tritten gegen ihren Magen.
    Endlich waren alle Tutus im Dorf untersucht. Sie riefen die Enkelkinder zu sich und gruppierten sich um Elisa und Amala. Die Großmütter waren stattliche, schöne Frauen. In den letzten Jahren waren sie im Dorf unentbehrlich geworden. Sie verlangten von Elisa, dem Doktor zu sagen, er solle seine Männer wieder mitnehmen und gehen. So diplomatisch wie möglich vermittelte Elisa ihre Botschaft. Doch als der Doktor seine Utensilien wieder zusammenpackte, kam Piet van Ween.
    Â»Sind das alle? Wo sind die jungen Mütter, die ihre Kinder noch stillen? Es muss hier doch auch junge Frauen geben?«
    Â»Keine jungen Mütter mehr in unserem Dorf. Alle jungen Frauen aus unserem Dorf arbeiten …« Amala funkelte van Ween wütend an: »Seit Lili’uokalani uns nicht mehr beschützt, bekommen unsere Frauen weniger Kinder. Kein Wunder! Kurz nach der Geburt müssen sie wieder mit den Männern von früh bis spät auf den

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