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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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schluchzte, war Piet van Ween keineswegs überzeugt.
    Â»Wir müssen hier alles durchsuchen. Jede Hütte!«
    Die Polizisten gingen mit Piet van Ween los und kurz darauf war wilder Lärm zu hören. Kinder schrien um die Wette, doch Piet van Weens laute Männerstimme übertönte sie alle.
    Â»Mai Pake! Wie ich gesagt habe!«
    Bad Bob zerrte die taumelnde Ulani an einem Strick hinter sich her. Er hatte das Mädchen an den Händen gefesselt, um es nicht berühren zu müssen. Zusätzlich trugen er und Piet van Ween jetzt Baumwolltücher über Mund und Nase, um sich vor Ansteckung zu schützen.
    Schwach protestierte das kranke Mädchen, es drohte vor Schwäche bei jedem seiner Schritte einzuknicken, sodass Amala ihm mit einem Aufschrei zu Hilfe eilte. Der Kummer um ihre Nichte war für den Moment vergessen.
    Â»Binde meine Ulani sofort los, du Holzkopf! Seid ihr denn völlig wahnsinnig? Habt ihr keine Augen im Kopf? Das hier ist ein Kind! Ein kleines Mädchen und keine Frau!«
    Amala hatte begonnen, Ulani loszuknoten. Dabei trat sie Bad Bob mehrfach gegen das Schienbein.
    Â»Du bist wohl vom Alkohol genauso blöd geworden wie dein Vater! Das hier soll eine Mai-Pake-kranke Frau sein, die einen alten Arbeiter zum Geliebten hat? Ulani hier hat noch nicht einmal ihre Mondzeit!«
    Die anderen Tutus, die sich erneut näherten, stimmten in Amalas Geschimpfe mit ein.
    Â»Ulani ist ein Kind! Sie weiß nichts von der gierigen Dummheit der Männer!«
    Â»Das Mädchen hat eine harmlose Kinderkrankheit!«
    Â»Es ist ein Husten vom vielen Regen.«
    Â»Seht ihr nicht, ihr besoffenen Esel, dass es ein Kind und keine Frau ist?«
    Elisa hielt sich im Hintergrund. Keinesfalls wollte sie die Männer wütend machen und überlegte stattdessen fieberhaft, wie sie ihrem Schützling helfen konnte. Sie sah den vorwurfsvollen Blick des Doktors in ihre Richtung und ahnte bereits, dass es gleichgültig war, was Ulani in Wirklichkeit fehlte oder wie alt die Kleine war. Es ging jetzt vielmehr darum, im Dorf ein Exempel zu statuieren, denn durch Amalas Frechheiten hatten auch die anderen Tutus begonnen, die Polizisten zu beschimpfen. Piet van Weens Gesicht war rot vor Wut. Bad Bob sah nicht weniger zornig aus.
    Â»Ruhe, bitte seid ruhig! Ulani bekommt sonst nur Angst. Komm her, komm zu mir.«
    Bevor Bad Bob reagieren konnte, hatte Ulani sich hinter Elisa verkrochen. Die beiden Beamten aus Lihue bauten sich vor ihr auf.
    Â»Die Kleine muss untersucht werden. Besteht ein Verdacht auf Mai Pake, verlangt der Gouverneur, dass wir sie mitnehmen. Sie wird isoliert, bis die Krankheit vorüber ist …«
    Â»â€¦ oder sie muss auf das Mai-Pake-Boot.«
    Van Ween hatte sich ebenfalls vor Elisa aufgebaut.
    Â»Aber der Doktor hat sie doch noch gar nicht untersucht!«
    Amala stellte sich vor das wimmernde Mädchen und nahm Bad Bob ins Visier.
    Â»Du lässt die Finger von ihr, Bob! Oder bist du jetzt etwa ein kluger Doktor? Du hast doch kaum das Lesen gelernt …«
    Wütend funkelte der junge Riese sie an.
    Â»Wenn sie krank ist, brennen wir hier alles nieder, jede Hütte … und dich nehmen wir auch gleich mit. Du kommst ins Gefängnis, alte Hexe!«
    In aufwallender Panik begann Elisa so stark zu schwitzen, dass sich auf ihrer Stirn und ihrer Oberlippe Schweißperlen bildeten. Genau diese Art von Zuspitzung hatte sie verhindern wollen. Ulani war ihr besonderer Schützling, und sollten die Männer sie mitnehmen, hatte Gouverneur Janson wieder einmal gewonnen. Doch leicht würde Elisa es den Männern nicht machen. Sie wandte sich an den Doktor, der bereits seine Tasche wieder öffnete.
    Â»Tun Sie Ihre Pflicht! Untersuchen Sie das Kind nach Zeichen der Hansenschen Krankheit. Aber ich sage ihnen gleich, dass ein fiebriger Husten alleine nicht zählt. Den hatten hier viele Kinder während der Regenzeit …«
    Der Doktor nickte. Dann nahm er seine Brille ab, putzte umständlich eines der Gläser und setzte die Brille als Monokel an sein Auge.
    Â»Komm her, Kleine. Du brauchst keine Angst zu haben. Die Untersuchung tut dir nicht weh. Ich schaue zunächst einfach nur deine Haut an. Und du sagst mir, ob es wehtut, wenn ich dich in deine Zehen kneife.«
    Elisa sah zu, wie Doktor Wellington das zitternde Mädchen mit seinen knochigen Fingern untersuchte, die jetzt erneut in weißen Handschuhen steckten. Ihr graute es.

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