Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
würde.
Nur die ungewöhnliche Müdigkeit, die Chloe in diesen Tagen quälte, half ihr, an dem Abend einzuschlafen. Am nächsten Morgen wachte sie jedoch sehr früh auf und machte sich mit besonderer Sorgfalt zurecht. Da sie nur eine Tasse Tee getrunken hatte und viel zu früh fertig war, entschloss sie sich, mit der U-Bahn zu fahren und dann durch den Park zum Ritz zu spazieren, anstatt ein Taxi zu nehmen.
In der Nacht hatte es zum ersten Mal gefroren, und das Laub knirschte unter ihren Schuhen, als sie durch den Park ging. An diesem Morgen war sie hier ganz allein. Sie ließ sich bewusst Zeit und versuchte, sich innerlich auf die bevorstehende Prüfung vorzubereiten. Denn es würde für sie eine Prüfung werden, aus dem Mund eines Fremden zu hören, wie ihre Ehe
unwiederbringlich aufzulösen wäre.
Immer noch zu früh, traf sie am Ritz ein, ging zur Rezeption und nannte ihren Namen.
"Selbstverständlich. Sie werden erwartet. Wenn Sie mir bitte folgen möchten?"
Chloe wurde zu einem Aufzug geleitet, der sie und den Hotelangestellten im Nu nach oben transportierte. Der Mann klopfte an die Tür einer Suite und verabschiedete sich lächelnd.
Als geöffnet wurde, rang Chloe sich ein höfliches Lächeln ab und betrat den Raum.
Ein cremefarbener Veloursteppich, dunkle Ledersofas, Samtvorhänge vor den großen Fenstern - mehr nahm Chloe nicht wahr. Denn im nächsten Moment wurde die Tür hinter ihr geschlossen, und sie sah sich Leon gegenüber.
"Du? Was tust du hier?"
Sie wollte auf der Stelle wieder hinaus, aber Leon kam ihr zuvor und versperrte ihr den Weg. Lässig lehnte er sich gegen die Tür. Offenbar hatte er gerade erst geduscht, denn sein Haar war noch feucht, und Chloe roch den feinen Duft seines teuren Duschgels.
"Wie konntest du mir das auch noch antun?" fragte sie heiser.
Der Schock, Leon an Stelle des erwarteten Anwalts zu sehen, ließ sie ihren Stolz vergessen. "Hast du nicht schon genug getan?"
"Nicht annähernd so viel, wie ich gern getan hätte!" stieß Leon unerwartet heftig aus und zog sie in die Arme. "Sag mir, dass du mich nicht willst", flüsterte er, "dass du mich nicht liebst, und ich werde durch diese Tür gehen und dich nie wieder belästigen."
Chloe schluckte. "Ich will dich nicht, und ich liebe dich nicht." Es tat so weh, diese Worte auszusprechen!
"Lügnerin." Er ließ den Daumen sacht über ihre Wange gleiten. "Du hast Christina Kriticos gesagt, dass du mich immer noch liebst."
Sie hielt den Atmen an.
"Es gibt nur einen sicheren Weg, es herauszufinden. Ein Kuss kann nicht lügen, oder? Ich hätte früher daran denken sollen", flüsterte Leon und küsste sie innig auf den Mund.
Chloe versuchte, sich zu wehren und das sehnsüchtige Verlangen zu bezwingen, das sein Kuss in ihr weckte. Sie war machtlos gegen ihre Gefühle. Ihre Lippen öffneten sich bereitwillig Leons Kuss. Ohne zu wissen, was sie tat, legte sie Leon die Arme um den Nacken und bemerkte erst, dass ihr die Tränen über die Wangen rannen, als Leon sie sacht fortwischte.
"Und nun sag mir, dass du mich nicht liebst."
"Ich kann es nicht", gestand Chloe heiser. "O Leon, warum musstest du das tun? War es Stolz? Als Strafe für mich gedacht?
Wenn du auch nur irgendetwas für mich empfinden würdest, würdest du mich freigeben."
"Meinst du?" Leon sah sie forschend an. "Gerade weil ich etwas für dich .empfinde, wie du es ausdrückst, kann ich das nicht tun. Verdammt, Chloe, hast du auch nur eine Ahnung, was es mir bedeutet hat, zu hören, dass du mich wirklich liebst? Und das zu einem Zeitpunkt, als ich alle Hoffnung aufgegeben hatte und dich für immer verloren zu haben glaubte?" Er drückte sie an sich und barg das Gesicht in ihrem seidigen Haar.
"Was glaubst du, warum ich aus Athen hierher geflogen bin, wenn ich nichts für dich ,empfinden' würde? Empfinden!
Verdammt, ihr kühlen Briten! Ich liebe dich, Chloe, der Gedanke an dich verfolgt mich Tag und Nacht. Wie konntest du mich glauben lassen, ich wäre dir gleichgültig!"
"Du liebst mich?" wiederholte Chloe ungläubig. "Aber was ist mit Marisa ...? Sie hat behauptet..."
"Nein, sag es nicht", fiel er ihr sanft ins Wort. "Komm, setz dich, Chloe. Ich muss dir etwas sehr Wichtiges erzählen."
Gehorsam folgte Chloe Leon zu einem Ledersofa und setzte sich. Leon nahm mit ernster Miene neben ihr Platz.
"Marisa ist gestern Nacht gestorben."
Das hatte sie nicht erwartet! Spontan nahm sie Leon in die Arme und drückte ihn mitfühlend an sich.
"Danke", sagte Leon
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