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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ein herrlicher Ort für kleine Jungs, ein herrlicher Ort für große Abenteuer. Und für dunkle, gefährliche Geheimnisse.
    Er durchfuhr das westliche Marschland mit den blubbernden Sümpfen und den schmalen, baumbewachsenen Inselchen. Der Wind hatte aufgefrischt und rauschte durch das Schilfgras. Am Rand der Sümpfe gingen zwei Silberreiher auf ihren stelzenartigen, staksigen Beinen im seichten Wasser Patrouille.
    Dann begann der Wald, üppig wuchernd und exotisch fremd. Nathan verlangsamte das Tempo, so daß der Pick-up aus seinem Blickfeld verschwand. Hier herrschte Stille, hier waren all die dunklen Geheimnisse zu Hause. Sein Herz begann unangenehm zu pochen, und seine Hände schlossen sich fester um das Lenkrad. Die Schatten waren tief, und die Flechten hingen wie Gespinste monströser Spinnen von den Ästen. Um sich selbst zu testen, hielt er an und stellte den Motor ab. Er hörte nichts – nur seinen eigenen Herzschlag und die Stimme des Windes.
    Geister, dachte er. Er würde hier nach ihnen Ausschau halten. Und wenn er sie wirklich fand, was dann? Würde er sie lassen, wo sie Nacht für Nacht ihr Unwesen trieben, oder würden sie ihn weiter heimsuchen, ihn bis in den Schlaf verfolgen?
    Er atmete tief aus und ertappte sich dabei, wie er nach den Zigaretten griff, obwohl er schon seit einem Jahr nicht mehr rauchte. Ärgerlich drehte er den Zündschlüssel im Schloß, bekam aber nur ein langsam ersterbendes Rumpeln als Antwort. Er trat mehrmals das Gaspedal durch und drehte noch einmal den Zündschlüssel – nichts.
    »Verdammt«, murmelte er. »Das ist großartig.«
    Er ließ sich in den Sitz zurückfallen und trommelte mit den Fingern ungeduldig auf das Lenkrad. Was lag näher, als auszusteigen und einen Blick unter die Kühlerhaube zu werfen? Er wußte, was er da sehen würde. Einen Motor. Schläuche und Röhren und Riemen. Nathan wurde klar, daß er von Motoren und Schläuchen und Röhren genausoviel Ahnung hatte wie von Gehirnchirurgie. Er war auf einer gottverlassenen Straße liegengeblieben – das hatte er nun davon, daß er sich von einem Freund hatte breitschlagen lassen, ihm seinen gebrauchten Jeep abzukaufen.
    Resigniert stieg er aus und öffnete die Kühlerhaube. Klar, dachte er, genau das, was ich erwartet habe. Ein Motor. Er beugte sich darüber, stocherte ein wenig darin herum und spürte den ersten dicken Regentropfen auf seinen Rücken klatschen.
    »Wird ja immer besser.« Er stieß die Hände in die vorderen Taschen seiner Jeans und blickte finster drein. Und sein Blick wurde immer finsterer, je stärker ihm der Regen auf den Kopf prasselte.
    Er hätte schon Verdacht schöpfen sollen, als der Freund ihm mit dem Jeep grinsend eine Werkzeugkiste in die Hand gedrückt hatte. Nathan erwog, ihn herauszukramen und mit dem Schraubenschlüssel auf dem Motor herumzuschlagen. Anspringen würde der Wagen zwar dadurch wahrscheinlich nicht, aber er konnte wenigstens seine Wut abreagieren.
    Er machte einen Schritt zurück und erstarrte, als der Geist aus dem Wald heraustrat und ihn anblickte.
    Annabelle.
    Der Name schoß ihm durch den Kopf, und gleichzeitig schnürte es ihm die Kehle zu. Da stand sie im Regen, starr wie ein geblendetes Reh, ihr rötlich schimmerndes Haar hing in feuchten Strähnen herab, und die großen blauen Augen schauten ihn ruhig und traurig an.
    Dann regte sie sich und strich sich ihr nasses Haar aus dem Gesicht. Und ging auf ihn zu. Jetzt sah er, daß er keinen Geist, sondern eine Frau aus Fleisch und Blut vor sich hatte. Es war nicht Annabelle, aber er war ganz sicher, daß es Annabelles Tochter war.
    »Panne gehabt?« Jo versuchte, ihre Stimme unbekümmert klingen zu lassen. So, wie er sie anstarrte, wünschte sie sich, den Wald lieber nicht verlassen zu haben. Er wäre sicher auch allein klargekommen. »Sie stehen doch bestimmt nicht zum Spaß hier im Regen.«
    »Nein.« Glücklicherweise hörte sich seine Stimme normal an. »Die Kiste springt nicht mehr an.«
    »Tja, das ist wirklich ein Problem.« Irgendwie kam ihr sein Gesicht bekannt vor. Ein attraktives Gesicht, stark und kantig und männlich. Und interessante Augen, dachte sie, ganz reines
nes Grau und ein offener Blick. »Haben Sie die Ursache schon gefunden?«
    Ihre Stimme klang wie Honig und Schlagsahne, sie hatte dieses Südstaaten-Timbre. Das half ihm, die Anspannung abzulegen. »Ich habe zumindest den Motor gefunden«, antwortete er lächelnd.«
    »Gut. Und jetzt?«
    »Jetzt überlege ich, wie lange ich ihn mir

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