Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
geschlagen hätte, hätte er nicht schockierter sein können. »Kate hat dir Gummis gekauft?«
»Allerdings.« Bei dieser Erinnerung mußte Brian unwillkürlich grinsen. »Sie hat mir einen Vortrag über Verantwortung und solche Dinge gehalten und mir dann eine Packung Kondome gekauft.«
»Gütiger Himmel.« Auch Sam konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Ich kann’s nicht glauben.« Dann räusperte er sich und straffte die Schultern. »Eigentlich wäre es ja meine Aufgabe gewesen.«
»Kann man wohl sagen.« Brian ließ die Würstchen in die Pfanne gleiten. »Und warum hast du’s nicht getan?«
»Weil deine Mutter mir nicht gesagt hat, daß der Augenblick gekommen ist, in dem ein Vater mit seinem Sohn sprechen muß. Oder daß Lexy mehr Anerkennung braucht. Ich hab’ die Dinge zwar beobachtet, aber niemand hat mir einen Stoß gegeben. Ich hab’s einfach auf sich beruhen lassen.« Er stellte die Tasse ab. »Ich bin’s nicht gewohnt, mich zu erklären, und ich mag’s nicht.«
Brian nahm eine zweite Schüssel aus dem Schrank und schlug das erste Ei für die Pfannkuchen auf. »Kann ich verstehen.«
»Ich habe sie geliebt.« Langsam schnürte sich seine Kehle wieder zu, und Sam war froh, daß Brian sich auf seine Arbeit konzentrierte. »Es fällt mir nicht leicht, das auszusprechen. Vielleicht hab’ ich’s ihr nicht oft genug gesagt. Das Gefühl war immer da, aber die Worte nur selten. Ich brauchte Belle. ›Mein ernster Sam‹ hat sie mich genannt. Sie war gern unter Menschen, sie unterhielt sich gern über alles mögliche. Sie liebte dieses Haus, diese Insel. Und eine Zeitlang hat sie auch mich geliebt.«
Brian kam es vor, als hätte er aus dem Mund seines Vaters noch nie eine längere Rede als diese gehört. Er wollte ihn nicht unterbrechen. Schweigend goß er die zerlassene Butter in die Schüssel.
»Sicher hatten wir unsere Probleme. Aber wir haben uns immer wieder zusammengerauft. In der Nacht, in der du zur Welt kamst … Gott, was hatte ich da für eine Angst. Belle überhaupt nicht. Für sie war alles ein großes Abenteuer. Und als alles vorbei war und du an ihrer Brust lagst, hat sie gelächelt. ›Schau nur, was für ein wunderschönes Baby wir gemacht haben, Sam. Und wir werden noch viel mehr machen. ‹ So eine Frau muß ein Mann einfach lieben«, murmelte Sam. »Er hat keine andere Wahl.«
»Ich hab’ immer geglaubt, du hättest sie nicht geliebt.«
»Ich habe sie geliebt.« Sam griff wieder nach seiner Tasse. Die vielen Worte hatten seine Kehle ausgetrocknet. »Erst nach vielen Jahren ohne sie habe ich aufgehört, sie zu lieben. Vielleicht habe ich sie verjagt, aber ich weiß nicht, womit. Diese Ungewißheit hat mich im Lauf der Zeit fertiggemacht.«
»Das tut mir leid.« Er sah das überraschte Aufflackern in den Augen seines Vaters. »Ich hatte keine Ahnung, daß es dir was ausmacht. Ich dachte, nichts davon würde dir was ausmachen.«
»Oh, doch. Aber mit der Zeit lernt man, mit dem zu leben, was man hat.«
»Und du hattest die Insel.«
»Auf sie konnte ich mich verlassen. Die Insel hat mich davor bewahrt, den Verstand zu verlieren.« Er atmete tief ein. »Aber ein guter Vater wäre für seinen Sohn dagewesen, wenn er sich zuviel Budweiser hinter die Binde gekippt hätte.«
»Löwenbräu.«
»Lieber Himmel, ein Import-Bier. Kein Wunder, daß ich dich nicht verstehe.«
Seufzend betrachtete Sam den Mann, der sein Sohn war. Den Mann, der eine Schürze trug und Kuchen backte. Ein Mann mit festem Blick und breiten Schultern, korrigierte er sich.
»Jetzt haben wir beide gesagt, was wir zu sagen hatten. Ich weiß zwar nicht, ob es etwas ändert, aber ich bin froh, daß wir es getan haben.« Sam streckte seine Hand aus und hoffte, daß es die richtige Geste war.
Bei dem höchst ungewohnten Anblick von Vater und Sohn, die sich vor dem Herd die Hände schüttelten, blieb Jo wie angewurzelt in der Tür stehen. Peinlich berührt schauten die beiden Männer sie an. Aber Jo war zu müde und zu gereizt, um sich zu fragen, was da vor sich ging.
»Lex fühlt sich nicht gut. Ich übernehme ihre Schicht.«
Brian griff nach der Gabel und wendete hastig die Würstchen in der Pfanne, bevor sie anbrannten. »Du willst servieren?«
»Hab’ ich doch gerade gesagt.«
»Wann hast du das zum letztenmal gemacht?« fragte Brian.
»Als ich letztesmal hier war und ihr knapp an Leuten wart.«
»Du bist eine miserable Kellnerin!«
»Eine andere hast du nicht, mein Lieber. Lexy hat rasende
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