Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
einen Mann nicht zu übersehen, daß Brian die Nacht mit einer Frau verbracht hatte. Beim Anblick des entspannten, zufriedenen Gesichtsausdrucks seines Sohnes kam er sich töricht vor – und Neid stieg in ihm auf. Wieviel einfacher wäre es für alle Beteiligten, wenn er einfach davongehen und die Dinge auf sich beruhen lassen würde.
Mit leisem Schnauben nahm er seine Mütze wieder ab und ging ins Haus.
»Ich muß mit dir reden.«
Brian warf ihm einen raschen Blick zu. Er hatte schon seine Schürze umgebunden und schüttete Kaffeebohnen in die elektrische Mühle. »Ich habe zu tun.«
Sam baute sich breitbeinig vor ihm auf. »Ich muß trotzdem mit dir reden.«
»Dann mußt du reden, während ich arbeite.« Brian schaltete die Kaffeemühle an, die sich lärmend ans Werk machte. »Ich bin heute nämlich ein bißchen spät dran.«
»Hmm.« Sam drehte die Mütze in seinen Händen und beschloß zu warten, bis der Kaffee gemahlen war, anstatt gegen den Lärm anzuschreien. Er beobachtete, wie Brian das Kaffeepulver abmaß, Wasser in die große Kaffeemaschine füllte und das Gerät anschaltete. »Es geht um gestern abend.«
Brian goß Milch in die Schüssel und maß die Menge mit einem kurzen Blick. »Ich habe alles gesagt, was zu sagen war, und ich weiß nicht, warum wir alles noch mal aufrühren sollten.«
»Du magst deinen Teil gesagt haben, aber vielleicht möchte ich auch meinen sagen.«
Brian griff nach einem Holzlöffel, zog die Schüssel heran und begann, den Teig zu rühren. »Ich denke, du hattest ein
halbes Leben lang Zeit, deinen Teil zu sagen. Und ich habe jetzt zu tun.«
»Du bist ein harter Brocken, Brian.«
»Ich hatte ein gutes Vorbild.«
Ein hübscher, gut gezielter kleiner Pfeil. Sam nahm ihn zur Kenntnis, akzeptierte ihn. Trotzdem hatte er die Rolle des Bittstellers satt. Entschlossen legte er seine Mütze beiseite. »Hör an, was ich zu sagen habe, und die Sache ist erledigt.«
»Also los.« Brian ließ den Teigklumpen auf ein bemehltes Brett klatschen und knetete ihn dann mit aller Kraft durch.
»Du hattest recht.« Sam spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte, und schluckte. »Mit jedem Wort hattest du recht.«
Die Hände bis zu den Knöcheln im Teig vergraben, wandte Brian langsam den Kopf und starrte seinen Vater verblüfft an. »Wie bitte?«
»Hast du Teig in den Ohren?« knurrte Sam ungeduldig. »Ich habe gesagt, daß du recht hattest. Wie lange dauert es denn noch, bis mit dieser verdammten Maschine eine Tasse Kaffee fertig ist?« murmelte er mit anklagendem Blick auf das Gerät.
Langsam knetete Brian weiter, den Blick auf Sam gerichtet. »Du kannst dir schon eine eingießen, wenn du sie brauchst.«
»Das tue ich.« Er öffnete die Schranktür und betrachtete stirnrunzelnd die Batterie von Gläsern und Porzellan.
»Die Kaffeetassen stehen schon seit acht Jahren woanders«, sagte Brian nachsichtig. »Zwei Schränke weiter links.«
Leise grunzend goß Sam sich einen Kaffee ein. Nach dem ersten Schluck ging es ihm schon besser. Er nahm noch einen.
»Gut, dein Kaffee.«
»Liegt allein an den Bohnen.«
»Macht wohl einen Unterschied, wenn man sie frisch mahlt.«
»Das kann man wohl sagen.« Brian ließ den Teig zurück in die Schüssel klatschen, breitete ein Tuch darüber und machte sich an den Abwasch. »Weißt du, daß das die erste halbwegs normale Unterhaltung zwischen uns ist?«
»Ich habe mich dir gegenüber falsch verhalten.« Sam starrte auf das schwarze Getränk in seiner Tasse. »Es tut mir leid.«
Brian hielt inne, schnappte nach Luft. »Was?«
»Verdammt noch mal, muß ich denn alles wiederholen?« Sam blickte auf. In seinen Augen lag Enttäuschung. »Ich entschuldige mich bei dir, und du solltest groß genug sein, das anzunehmen.«
Beschwichtigend hob Brian die Hand – nicht schon wieder ein Streit. »Damit habe ich nicht gerechnet. Du hast mich kalt erwischt«, erklärte Brian, als er den Kühlschrank öffnete. »Ich würde vielleicht annehmen, wenn ich wüßte, wofür genau du dich entschuldigst.«
»Dafür, daß ich nicht da war, als du mit zwölf verhauen worden bist, als du mit fünfzehn deinen ersten Rausch hattest, als du mit siebzehn mit einem Mädchen geschlafen hast und nicht wußtest, was man tun muß, um nicht gleich Vater zu werden.«
Mit zitternden Händen nahm Brian eine Bratpfanne aus dem Schrank. »Kate ist mit mir rüber nach Savannah gefahren und hat mir Kondome gekauft.«
»Unmöglich.« Wenn Brian ihm die Pfanne auf den Kopf
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