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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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und ohne Vorwarnung zu ihm, nachdem die Sonne viermal aufgegangen war. Mandawuy bewegte sich im Schlaf und schreckte auf, als er den alten Mann neben sich hocken sah. Verschlafen und benommen vor Hunger stand er auf, um ihm gegenüberzutreten.
    »Ich habe dich beobachtet, Mandawuy. Du hast einen gesunden Schlaf in diesem Land der bösen Geister. Sind deine Träume nicht gestört?«
    Er schüttelte den Kopf. »Python und Wallaby sind nicht meine Feinde. Ich bin nicht in ihr geheiligtes Land eingedrungen.«
    »Das ist gut«, murmelte der alte Mann.
    Mandawuys hungriger Blick fiel auf die Echse, die nun zu Füßen des Ältesten lag. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
    »Deine Augen sprechen für deinen Magen, Mandawuy. Aber zuerst musst du ein Feuer anzünden.«
    Er machte sich auf die Suche nach Brennbarem, doch die Gegend war öde, und es fiel schwer, etwas zu finden. Kurz darauf kam er mit etwas trockenem Gras und sonnengebleichtem Holz zurück. Er rieb zwei Stöcke aneinander, und schon bald erhoben sich Rauchschwaden in die stille Luft. Er fügte noch mehr Gras hinzu, blies in die Funken, hockte sich auf die Fersen und beobachtete die Flammen in Vorfreude auf die Echse.
    Der alte Mann wartete, bis das Feuer lodernd brannte. Dann warf er die Echse hinein.
    Mandawuy wurde beinahe ohnmächtig von dem köstlichen Duft, und sein Magen krampfte sich zusammen.
    »Man muss den Hunger beherrschen«, sagte der Älteste kurz darauf, »denn wenn der wanjina – der Wassergeist – nicht kommt, kann Mutter Erde nichts zur Verfügung stellen.« Er nahm ein Steinwerkzeug von seinem Fasergürtel und schnitt von dem verkohlen Fleisch ein dickes Stück ab.
    Mandawuy leckte sich die Lippen, den Blick starr auf das Essen gerichtet.
    Der alte Mann aß genüsslich.
    Mandawuy wusste, das gehörte zur Prüfung – aber es war eine Tortur.
    Bald war nur noch ein kleines Stück von der Echse übrig. Der Älteste hielt es ihm hin. »Du hast es gut gemacht, Mandawuy. Iss jetzt.«
    Er nahm das Fleisch, und obwohl er wusste, er sollte es auskosten und sich lange daran laben, verschlang er es. Sein knurrender Magen verlangte mehr, doch er konnte nur seine Finger ablecken und sich das Fett vom Kinn abwischen.
    Der Älteste stand auf. »Du hast zwei der bedeutendsten Prüfungen bestanden, Mandawuy, die des Hungers und der Furcht. Aber weitere werden kommen. Du wirst diesen Ort verlassen und noch drei Mondaufgänge lang wandern, aber du wirst erst wieder essen, wenn du am Tag des vierten Mondaufgangs in unser Lager zurückkehrst.«
    Mandawuy betrachtete die Überreste der Echse, die im Feuer schwarz wurden. An den Knochen hingen noch Fleischreste. Der alte Mann beobachtete ihn scharf. »Am Tag des vierten Mondes«, wiederholte er, wandte sich ab und ging nach Norden.
    Mandawuy wanderte durch das Land seines Volkes, dachte an die Legenden von Garnday und Djanay, an die Ereignisse, die sie in die Heimat des Südwindes und Nordwindes geführt hatten. Er erklomm die roten Felsen und betrachtete die Höhlenmalereien der Ahnen und die heiligen Traumplätze, die sie in seine Obhut gegeben hatten.
    Der Hunger ließ nach, und eine eigenartige Leichtigkeit durchströmte ihn, als er endlich den Grund für die Geschichten und die Prüfungen begriff. Er war Teil dieses Landes. Hierher gehörte er – es war sein Erbe. Sein Leben war nichts wert, wenn er es nicht verteidigen konnte.
    Auf dem langen Rückweg zum Lager grübelte Mandawuy über diese Dinge nach. Der Onkel seiner Großmutter, Pemulwuy, hatte über viele Jahreszeiten hinweg tapfer gegen die weißen Eindringlinge gekämpft. Nun war er tot, erschossen von der Waffe des weißen Mannes. Pemulwuys Sohn Tedbury setzte die Überfälle auf die weißen Farmen fort; er war zum corroboree gekommen und hatte von seinem Kampf gesprochen, um die südlichen Länder zu befreien. Mandawuy hatte der ergreifenden Rede gelauscht und sich von ganzem Herzen gewünscht, er wäre alt genug, sich ihm anzuschließen, denn nur eine Handvoll Krieger war bereit gewesen, den Kampf zu unterstützen.
    Fast lautlos setzt er seine Füße auf die dunkelrote Erde, während er auf den grünen Dunstschleier des Busches am Horizont zutrottete, doch die Bilder in seinem Kopf und die Erinnerung an die Ereignisse in seiner Kindheit, waren lebhafter denn je. Die Erkenntnis, dass die Weißen langsam nach Norden vordrangen und sich im Süden und Westen über die geheiligten Traumpfade hinwegsetzten, bedeutete, dass die Gefahr von allen

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