Insel der Traumpfade Roman
bebte. Dem hohlen Echo folgten eilige Schritte. Er trat einen Schritt zurück, als ein Schlüssel umgedreht wurde und zwei misstrauische braune Augen sich durch den schmalen Spalt auf ihn richteten. »Der Herr ist nicht da«, sagte das Dienstmädchen und war im Begriff, die Tür vor seiner Nase zu schließen.
George stellte den Stiefel in die Öffnung. »Ich möchte deine Herrin sprechen«, sagte er. »Ist sie zu Hause?«
»Nein.«
George glaubte ihr nicht. »Wo ist sie?«
»Das geht Sie nichts an. Nehmen Sie Ihren Stiefel aus der Tür und verschwinden Sie!«
Er ließ den Fuß stehen. »Ich weiß, dass sie da ist, und ich möchte sie sehen«, beharrte er. »Bitte sagen Sie ihr, George sei hier. Sie wird mich sprechen wollen.«
»Sie ist nicht da.« Die braunen Augen blickten kampfeslustig.
»Eloise!«, rief er. »Eloise, ich bin’s, George.«
Die Augen blitzten triumphierend auf, als keine Antwort kam. »Sie können schreien, so viel Sie wollen«, murmelte sie. »Es ist niemand da, der Sie hört, außer Ned und mir – und an Ihrer Stelle würde ich das Weite suchen. Ned ist nur im Hof, und er hat eine Waffe.«
George wusste, dass er die Frau nicht beiseitestoßen konnte, so sehr ihm auch danach war. »Eloise«, rief er noch einmal. »Eloise, bitte, lass mich hineinkommen! Ich muss wissen, dass du nicht in Gefahr bist.« In diesem Augenblick hörte er, wie ein Gewehr entsichert wurde.
George drehte sich abrupt um, wobei hinter ihm die Tür zugeschlagen wurde. »Du musst Ned sein«, sagte er etwas unsicher beim Anblick des Gewehrlaufs.
»Spielt keine Rolle, wer ich bin, Sir. Sie haben hier nichts verloren.«
Das grimmige Gesicht und der unbewegte Blick sagten George, dass er sich geschlagen geben musste. Ned befolgte offenbar die Befehle seines Herrn und hatte wahrscheinlich kaum Gewissensbisse, Besucher auf der Schwelle des Hauses zu erschießen. George band sein Pferd los und schwang sich in den Sattel. »Ich hoffe, du behandelst nicht jeden Besucher so«, sagte er und versuchte, die Situation zu bagatellisieren.
»Nur solche, die nicht eingeladen sind«, erwiderte Ned verdrießlich und hob das Gewehr, um seine Drohung zu unterstreichen.
George trieb sein Pferd in den Galopp. Er setzte über den Lattenzaun und jagte kurz darauf den Strand entlang. Doch er wusste, das konnte nicht das Ende sein. Er musste Eloise sehen. Das Problem war nur, an sie heranzukommen.
»Ist er fort, Meg?« Eloise saß im Schatten des Wohnzimmers.
»Ja, Mylady. Ned hat ihn hinausbegleitet.«
»Danke, Meg. Ich möchte gern, dass der Besuch dieses Herrn in Gegenwart meines Mannes nicht erwähnt wird.«
Meg verschränkte die Arme. »Sie können mir und Ned vertrauen.« Sie neigte den Kopf, ihr Blick war von Sorge erfüllt. »Sie sollten sich ausruhen, Mylady. Sie sehen blass aus.«
»Danke, Meg. Ich ruhe mich hier aus bis zum Abendessen. Sollte Oliver aufwachen, lass es mich bitte wissen.«
»Den werden Sie schnell genug hören«, erwiderte sie mit liebevollem Lächeln. »Die einzige Zeit, in der wir hier in diesem Haus zur Ruhe kommen, ist, wenn er schläft.«
Eloise lehnte sich in die Polster zurück, als Meg leise die Tür schloss. Meg wusste nichts von ihrer Liebesaffäre mit George, aber sie war äußerst fürsorglich. Auch nach ihrer Freilassung und ihrer Heirat mit Ned war sie in Eloises Dienst geblieben. Merkwürdig, dass ihre engste Freundin und Verbündete eine ehemalige Strafgefangene war – andererseits lebten sie in merkwürdigen Zeiten, und ihre Lebensumstände waren ungewöhnlich.
Georges unerwartete Ankunft hatte sie in Verwirrung gestürzt. Er durfte sie auf keinen Fall sehen und musste verschwinden, bevor Edward zurückkehrte, denn sie misstraute ihrer eigenen Standhaftigkeit. Allein der Klang seiner eindringlichen Stimme hatte an ihr Herz gerührt. Wie schwierig wäre es dann erst, ihn zu sehen, ohne ihm in die Arme zu sinken und ihn zu bitten, sie mitzunehmen.
Eloise erhob sich vom Sofa und trat vor den Spiegel über dem Kamin. Ihr Gesicht schimmerte bleich im weichen Licht, das durch die kaputten Fensterläden drang. Sie fuhr mit den Fingernüber die hässliche Prellung, die auf ihrer Wange anschwoll. Es war die letzte von unzählig vielen, und sie hatte längst gelernt, Anzeichen von Edwards Wutanfällen zu erkennen und ihm aus dem Weg zu gehen. Doch an diesem Morgen hatte er sie unvermutet erwischt, der Schlag hatte sie beinahe zu Boden geworfen, als sie sich weigerte, Oliver an dem Jagdausflug
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