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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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Er schrie, als der Eber auf ihn zuraste, und versuchte verzweifelt, ihm auf allen vieren aus dem Weg zu kriechen.
    Der Eber hatte den Feind gewittert und kam rasch näher. Er senkte den Kopf zum Angriff, bei dem er die Fänge tief in den Körper bohren würde.
    Edward schwitzte vor Angst, bemüht, den Nebel in seinem Hirn zu verscheuchen, die Hand ruhig zu halten und den Eber ins Visier zu nehmen. Er drückte auf den Abzug.
    Mandarg warf den Speer in dem Moment, in dem der Schuss fiel.
    Die Fänge des Ebers waren nur noch Zentimeter von der Brust des Jungen entfernt, als der Speer das Tier zu Fall brachte.
    Eine Stille des Schreckens legte sich über die Lichtung, als die drei erstarrten.
    »Ein Wunder!«, rief Harry und fiel beinahe von seinem Pony in seiner Eile, zu seinem Bruder zu kommen. »Charlie, Charlie, ist schon gut, der schwarze Mann hat dich gerettet.« Er warf sich zu Boden, zog den noch immer zuckenden Eber von den Beinen des Jungen und streckte eine Hand nach seinem Bruder aus.
    Edward stieg unbeholfen aus dem Sattel, den Blick auf den Krieger gerichtet, der auf der anderen Seite der Lichtung stand. Vom Alkohol benebelt, hämmerte sein Herz noch immer vor Angst.
    »Charlie!«, schrie Harry. »Charlie, nein!«
    Edward riss den Blick von dem Schwarzen los und stolperte über die Lichtung. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, warum der Krieger aufgetaucht war und warum Harry kreischte. Doch als sein Schatten über seine Söhne fiel, löste sich seine Verwirrung mit einem Schlag auf und er erkannte, dass der Alptraum erst begonnen hatte.
    Charles lag tot in Harrys Armen, die Brust von der Kugel zerfetzt.
    »Du hast ihn umgebracht!«, rief Harry. »Du hast meinen Bruder getötet.«
    Edward schaute in das hasserfüllte Gesicht seines Sohnes und taumelte zurück. »Nein«, flüsterte er ungläubig. »Ich habe auf den Eber gezielt«, stotterte er. »Ich schieße nie daneben.«
    Schluchzend legte Harry seinen Bruder auf den Boden. »Doch, wenn du betrunken bist!«, schrie er. Harry sprang auf, seine Wut trieb ihn dazu, auf die Brust seines Vaters einzuhämmern. »Besoffener Mörder!«, heulte er.
    Edward stand wie ein Fels und versuchte, die schmerzhaften Schläge seines Sohnes abzufangen. Plötzlich war er so nüchtern wie schon seit Jahren nicht mehr. Während er den Fausthieben widerstand, schaute er über Charles’ reglosen Körper hinweg und begegnete dem Blick des Schwarzen. Sie starrten einander an, und es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis der Krieger im Busch verschwand.
    Harrys Schläge ließen nun an Intensität nach, die Wut, die ihnen die Kraft verliehen hatte, verebbte zu herzzerreißendem Schluchzen. Edward schüttelte das Gefühl ab, der Schwarze habe versucht, ihm etwas mitzuteilen, packte die Arme des Jungen und hielt sie fest, bis das Kind sich wieder unter Kontrolle hatte. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, um den Schmerz seines Sohnes zu lindern, doch er begriff, dass es für das Verbrechen, das er heute begangen hatte, keine Absolution geben würde.
    Eloise las Oliver vor, als Meg ins Schlafzimmer eilte. Beim Anblick des aschfahlen Gesichts ihrer Bediensteten sprang sie vom Stuhl auf. »Was ist los?«
    »Es hat einen Unfall gegeben«, schluchzte sie. »Einen schrecklichen Unfall.«
    »Kümmere dich um Oliver.« Eloise schob sich an ihr vorbei und lief die Treppe hinunter. Die Haustür stand offen, und sie rannte hinaus auf die Veranda, wo sie taumelnd stehen blieb, als sie die Reiter in den Hof kommen sah. Ihr Blick schoss von Harry auf das Pony, das er am Zügel führte, von dort auf die reglose Gestalt in Edwards Armen. »Nein«, hauchte sie. »Lieber Gott, bitte nicht.«
    Sie rannte die wackeligen Stufen hinunter bis an die Stelle, an der Edward auf sie wartete. Das Gesicht ihres Lieblingssohnes war blutleer, seine Brust aufgerissen – und noch während sie die Hand ausstreckte, um ihn zu berühren, wusste sie, dass er tot war.
    Der qualvolle Aufschrei saß tief in ihr, Tränen liefen ihr über die Wangen. »Wie ist es passiert?«, flüsterte sie.
    Edward war in seinem Leid verstummt und machte keine Anstalten, von seinem Pferd zu steigen oder sich von seiner tragischen Bürde zu befreien.
    Harry stieg von seinem Pony und legte einen Arm um seine Mutter. Während sie zitternd in den länger werdenden Schatten des Hofes stand, erfuhr sie, wie ihr Sohn gestorben war.
    Mit ohnmächtigem Hass starrte Eloise ihren Mann an. Doch als sie dann sprach, verriet nur das Beben in

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