Insel der Traumpfade Roman
für Landbesitzer, Regierungsvertreter und Offiziere der Armee geworden. Ihr Vater hatte gewusst, dass sie den stillen Luxus der Hotelräume schätzen würden, in denen sie vor den raueren Elementen draußen abgeschirmt waren, und dass sie für die auserlesenen Gerichte und den Wein, den er reichte, gut bezahlen würden. Er war schon auf dem besten Weg, seine Investition wieder hereinzuholen.
Ihre Schwestern platzten herein und unterbrachen ihre Tagträume. »Du siehst wunderbar aus«, sagte Anastasia atemlos.
»Genau wie Mama«, stimmte Irma ihr zu.
»Sie fehlt mir jetzt, da ich selbst Mutter geworden bin, noch mehr«, sagte Eloise. »Sie war so klug.« Sie durchquerte den Raum und trat an die Wiege, in der ihr kleiner Charles schlief. Sein helles Haar war feucht, trotz der Brise, die zum Fenster hereinwehte und den Raum etwas kühlte, und sein kleines Gesicht war gerötet.
»Die Mutterschaft steht dir gut, Eloise«, sagte Irma und warf einen Blick auf ihren Neffen. »Ohne Zweifel ist auch dein bezaubernder Mann der Grund für dein Strahlen«, fügte sie kokett hinzu.
Eloise wusste darauf nichts zu sagen. Wie sollte sie ihr von den gefürchteten Nächten erzählen, wenn Edward sich ihr aufdrängte, von den stillen, einsamen Tagen, davon, dass auch die leiseste Zuneigung zwischen ihnen fehlte? Wie sollte sie über Edwards mangelndes Interesse an seinem Sohn und die langen Abende sprechen, die sie in ihrem Zimmer verbrachte, während er sich mit seinen Freunden unten bis zur Bewusstlosigkeit betrank? »Lasst uns etwas essen«, sagte sie stattdessen. »Wo ist Papa?«
»Er ist mit den Rechnungen beschäftigt. Ich sollte ihn nicht stören – er ist heute ziemlich reizbar.«
»Ich hoffe, es hat nichts damit zu tun, dass er Edward trifft«, meinte Eloise, als sie sich an den Tisch setzten. Die kalte Hühnerpastete und die neuen Kartoffeln sahen köstlich aus, doch die Hitze war so stark, dass niemand großen Appetit hatte.
»Papa war nicht gerade bester Laune, als er gestern Abend von eurer Dinnerparty zurückkam«, sagte Irma. Ihre dunklen Augen ruhten nachdenklich auf Eloise. »Es sind doch keine scharfen Worte gefallen, oder?«
Eloise rief sich die gestelzte Unterhaltung zwischen Edward und seinem Vater in Erinnerung; Edwards unverhohlene Grobheit hatte den Abend verdorben. »Papa war gut in Form«, erwiderte sie vorsichtig. »Er und Jonathan haben sich bestens verstanden.« Sie sah Irma an, dass sie sich damit nicht zufrieden gab, und erklärte Edwards Groll gegenüber seinem Vater, der während seiner Kindheit durch Abwesenheit geglänzt hatte. »Edward und Jonathan versuchen, die verlorenen Jahre zurückzuholen, aber sie können schwer miteinander umgehen«, schloss sie ab.
»Der arme Edward«, flüsterte Irma. Sie kehrten wieder zu den bequemeren Sesseln am Fenster zurück. »Wie eigenartig muss es für ihn gewesen sein, seinen Vater gar nicht zu kennen.«
Eloise hatte nur Edwards Version der Geschichte gehört, weshalb sie keinen Kommentar abgab. Sie ordnete ihre Röcke und versuchte, ihre Nervosität nicht nach außen zu zeigen. »Ich frage mich, was Edward wohl aufhält«, sagte sie. »Es ist schon fast eins, und Vater hat betont, dass er sich nicht verspäten sollte.«
»Das alles ist höchst mysteriös«, sagte Anastasia, deren Wangen sich vor Neugier gerötet hatten. »Papas Gesicht war wie eine Gewitterwolke, als er die Nachricht gestern in die Kaserne schickte.«
Um was es sich auch handelte, Eloise hoffte nur, es würde Edward nicht in Rage versetzen, denn im Gegensatz zu den kurzlebigen Wutanfällen ihres Vaters, die niemanden verletzten außer ihn selbst, waren Edwards Ausbrüche abgrundtief und hielten tagelang an.
»Er ist da«, piepste Anastasia, die nach ihm Ausschau gehalten hatte.
Eloise spähte durch das Fenster und sah, wie Edward von seinem Pferd sprang.
»Er sieht so gut aus«, seufzte Irma. »Du hast Glück, Eloise.«
»Er sieht so gut aus wie mein Thomas«, verkündete Anastasia, die leidenschaftlich verliebt war und sich vor kurzem mit Thomas Morely verlobt hatte.
Eloise bemerkte den missmutigen Gesichtsausdruck ihres Mannes, bevor er ihren Blicken entschwand. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie seine Schritte auf der Treppe hörte und die knurrige Stimme des Barons, der Edward auf sein Klopfen hin hereinbat. Alles deutete darauf hin, dass ein Streit in der Luft lag.
»Ich kann diese Ungewissheit nicht ertragen«, rief Anastasia. »Was meint ihr, was will Papa von
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