Insel der Traumpfade Roman
für Kinder in dem Alter noch zu lang – besonders bei der Hitze.«
Auf Nells Gesicht zeichnete sich zögerndes Einverständnis ab, und als die Frauen aus dem Haus traten, kam wieder eine fröhlichere Stimmung auf. George wollte schon vorschlagen, dass sie sich Samuel auf seinem Spaziergang anschließen könnten, als Ernest sich von seinem Stuhl erhob und seinen Arm unvermittelt um Bess’ dralle Taille legte.
»Ich … Wir … haben etwas bekannt zu geben«, sagte er mit plötzlich hochrotem Gesicht. »Bess und ich werden Eltern.«
George klopfte ihm auf den Rücken und gratulierte, trat dann zurück, damit Nell und seine Eltern das Paar mit Küssen und Fragen überhäufen konnten. Beim Betrachten der Freudenszene überkam ihn mächtiger Stolz auf Ernest. Sein Bruder hatte so viel durchgestanden, um diesen glücklichen Tag zu erreichen, und Bess war die ideale Partie für ihn.
Der Stolz war jedoch mit einem Hauch von Neid durchsetzt, der George sonst fremd war. Er konnte nur vermuten, dass dieses Gefühl der Ungewissheit über seine eigene Zukunft entsprang. So sehr er sich auch gegen das Bedürfnis wehrte, nach der jungen Frau mit den Kamelien zu suchen, wusste er doch, dass er nicht eher zur Ruhe kommen würde, bis er sie gefunden hatte.
Sydney Town, 28. Dezember 1797
»Komm, Willy, zeig mir, was du auf der Hand hast!« Edward lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er hatte keine Angst, den Stapel Wechselscheine auf dem Tisch zu verlieren, denn er hatte vier Asse.
»Diesmal hab ich dich«, sagte Willy Baines triumphierend und deckte langsam seine Karten auf. »Full House.«
»Das reicht nicht, mein Alter«, erwiderte Edward und blätterte seine Asse hin. »Der Einsatz gehört mir, denke ich.« Er heimste die Scheine ein. »Noch eine Runde?« Doch die übrigen Mitspieler warfen ihre Karten auf den Tisch und gingen.
»Zu teuer für sie, und für mich auch«, murmelte Willy. »Ich habe schon einen Monatslohn verloren und habe meine Kasinorechnungen noch nicht bezahlt.«
Edward warf ein paar Scheine über den Tisch. »Behalt sie«, sagte er mit der Sorglosigkeit eines Menschen, der es sich leisten konnte, großzügig zu sein.
»Vielen Dank.« Willy sammelte sie ein und trank einen großen Schluck Rum. Er ließ nach Edwards Geste keine Verlegenheit erkennen, denn er kannte das bereits.
»Ich werde es ohne Zweifel zurückgewinnen«, erwiderte Edward. »Die Kunst des Bluffens musst du erst noch lernen. Du bist ein einfacher Gegner.«
Willy steckte die Scheine in seine Tasche. »Eines Tages werde ich schon noch mit dir gleichziehen«, sagte er ohne Groll und begab sich dann an die Bar.
Sie wussten beide, dass Edward beim Kartenspiel schummelte, doch Willy würde nie etwas darüber sagen, solange der ranghöhere Offizier seine Schulden bezahlte. Diese Vereinbarung kam beiden gut zupass, denn obwohl Edward von Willys Spielkünsten nicht viel hielt, war Willy schlau, und sie hatten oft den Topf geteilt, wenn sie ihre Kollegen an einem Abend gemeinsam übers Ohr gehauen hatten.
Edward rief lauthals nach einer weiteren Flasche Rum und zündete sich eine Zigarre an. Er streckte die langen Beine aus. Der Raum war nur schwach mit Öllampen beleuchtet, durch die die Luft noch rauchiger wurde, und nur mit dem Nötigsten möbliert, mit Tischen und Stühlen. Diese Räume im ersten Stock einer Pension konnte man jeweils für eine halbe Stunde mieten, und die Hintertür führte auf eine dunkle Gasse, die Anonymität gewährte. Das Haus war bei Militär und Marine sehr beliebt, bei allen, die Frauen und Spiel mochten. Die leitenden Offiziere wussten von seiner Existenz, drückten jedoch beide Augen zu. Männer mussten Dampf ablassen – und solange es keine Probleme gab, ließen sie alles beim Alten.
Der Besitzer der baufälligen Pension war ein Strafentlassener – ein dreckiger Kerl, dem Seife und Wasser fremd waren –, aber er wusste, wie man zu Geld kommt, hielt den Mund und machte seine Gäste glücklich. Seine Huren waren derb, aber einigermaßen sauber, es gab immer Rum und andere Spirituosen, und das Bier lagerte in einem Kühlraum, den er hinter dem Gebäude aus dem Boden ausgehoben und mit Backstein verkleidet hatte.
Edward schaute zur Bar und zu der Frau, die anscheinend nie dahinter hervorkam. Sie war schwarz wie die Nacht und dreckig wie ihr Mann, und ihre Mischlingsbrut war auch nicht besser. Beim Gedanken, mit ihr zu schlafen, drehte sich ihm der Magen um.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die
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