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Insel der Traumpfade Roman

Insel der Traumpfade Roman

Titel: Insel der Traumpfade Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley Marion Balkenhol
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Sie saß allein auf der groben Holzbank am Teich, beobachtete den Sonnenuntergang und sammelte Kraft, um zum Haus zurückzugehen und sich der ersten Nacht ohne die Kinder zu stellen.
    Es raschelte, und sie drehte sich um.
    »Jack hat gesagt, du wärst wohl hier«, keuchte Nell, und es sah aus, als wate sie durch ein Meer aus langem, silbrig glänzendem Gras. »Ich dachte, wir sollten ein ruhiges Wort miteinander wechseln, allein, ohne die Männer. Die dicke Luft bereinigen.«
    Alice machte Platz für sie auf der Bank. Sie war nicht auf ein Gespräch vorbereitet – schon gar nicht mit der mageren, bleichen Nell, die nun neben ihr saß.
    Nell kicherte. »Kuck nicht so eisig«, sagte sie. »Ich will dich nicht beißen.« Sie stupste an Alice’ Arm. »Obwohl ich ein bisschen Speck auf den Rippen gebrauchen könnte – Billy hat mich schon gefragt, ob ich mich ganz in Luft auflösen will.«
    Alice lächelte verhalten. »Du siehst doch gut aus«, sagte sie wahrheitsgemäß.
    »Du auch, obwohl dir das Wollfett in den Haaren nicht so gut steht.«
    Alice sah das Blitzen in ihren Augen und musste unwillkürlich kichern. »Es tut Wunder an der Wolle, deshalb dachte ich, ich probier das Zeug auch mal aus«, sagte sie.
    Nell lächelte und schaute dann zum Horizont, an dem dieSonne einen scharlachroten Streifen hinterlassen hatte. »Ich war nicht nett zu dir, Alice«, begann sie. »Der Chirurg hat mir klipp und klar gesagt, was los ist, und ich weiß, du hast keine Schuld an dem, was passiert ist.«
    »Es ging dir eben nicht gut.« Die Erinnerung an jene beiden Tage schnitt Alice noch immer ins Herz.
    »Ja, ich weiß, aber das ist keine Entschuldigung, weil ich davor auch schon wütend auf dich war.« Die letzte Farbe verblasste am Himmel. Aus Nells Augen sprach Bedauern. »Wir beide mussten auf die harte Tour lernen, Alice, und obwohl es nicht leicht ist, glaube ich, dass wir uns jetzt besser verstehen.« Sie machte eine Pause. »Übrigens hast du das mit den Kleinen gut hingekriegt.«
    »Sie sind prächtig«, sagte Alice, unfähig, die Wehmut in ihrer Stimme zu verbergen. Sie musste daran denken, wie die Kinder nach dem allabendlichen Bad ihre Köpfe schläfrig und sauber duftend auf die Kissen gebettet hatten.
    Nell nickte. »Du wirst eine gute Mutter abgeben, wenn du an der Reihe bist«, erwiderte sie. »Aber ich glaube, es ist besser, wenn du die Kinder jetzt eine Weile mir überlässt. Sie müssen mich wieder kennenlernen.«
    Alice musste schlucken, doch der Kloß in ihrem Hals wollte nicht verschwinden. Sie konnte nur nicken. Nells Botschaft war deutlich, und sie sah den Sinn dahinter – aber, du lieber Gott, es tat weh.
    Nell stand auf und klopfte sich Grassamen von ihrem Baumwollkleid. »Ich weiß nicht, ob wir je gute Freundinnen sein können«, sagte sie nach kurzem Schweigen. »Wir sind zu verschieden. Aber wir haben hier draußen nur uns als weibliche Gesellschaft. Billy und Jack wollen keinen Ärger, und ich auch nicht, also sollten wir ihnen und uns zuliebe unsere Querelen beiseitelassen und das Beste daraus machen. Was meinst du?«
    Alice stand auf und sah sie an. »Das ist eine sehr gute Idee«,erwiderte sie. »Aber meine Stellung hier ist genauso wichtig wie deine.«
    »Solange du dir klarmachst, wo du stehst, und es mit meinen Kindern nicht übertreibst«, erklärte Nell.
    »Oh, ich glaube, das wirst du mir dann schon sagen«, gab Alice zurück.

Acht
     
    Sydney Town, März 1798
    G eorge war beinahe zwei Monate auf See gewesen und hatte nach seiner Rückkehr Hawks Head einen kurzen Besuch abgestattet. Er war am Abend zuvor wieder in Sydney eingetroffen, doch die Stippvisite zu Hause hatte ihm deutlich ins Bewusstsein gerufen, wie selten er seine Familie sah. Er machte sich noch immer Sorgen um seine Eltern. Sein Vater wurde allmählich gebrechlich, und obwohl seine Mutter stets ein strahlendes Lächeln aufsetzte und geschäftig im Haus herumwirtschaftete, erkannte George, dass auch sie gealtert war.
    »Wenn man doch nur Florence finden und überreden könnte, nach Hause zu kommen«, murmelte er vor sich hin, während er sich für das Gartenfest des Gouverneurs umzog. »Sie hat sie doch wahrlich genug gestraft.«
    Seine Schwester war am Abend vor der Gerichtsverhandlung verschwunden. Sie hatte nur wenig von sich hören lassen, bis auf die Nachricht, dass sie mit zwei Missionaren reiste, die offenbar die Absicht hatten, in die unwegsamsten Gegenden Australiens vorzudringen und dort vor den Eingeborenen zu

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