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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Richard.
    »Weil ich offiziell Ihr Vorgesetzter bin. Doch in diesem Zelt ist es umgekehrt. Es ist mir unangenehm, wenn Sie mich mit ›Mister‹ ansprechen, ich Sie aber mit ›Morgan‹. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, nennen Sie mich im Zelt Daniel, und ich sage Mister Morgan zu Ihnen.«
    Richard sah ihn überrascht an, dann lächelte er. »Wie Sie wollen, ich nenne Sie gern Daniel. Ihrem Alter nach könnten Sie fast mein Sohn sein.« Richard spürte, wie sich sein Herz bei diesen Worten zusammenkrampfte. Schlafe weiter, William Henry, schlafe weiter auf dem Grund meiner Seele.
    »Sie gelten als schweigsam«, sagte Daniel einige Tage später. Er
konnte inzwischen allein Musketen zerlegen. »Wir Soldaten kennen alle Sträflinge, auch wenn wir nicht wissen, was ihr getan habt und warum. Sie sind auch der Anführer verschiedener gut funktionierender Gruppen und genießen überall Respekt. Das erleichtert den Soldaten die Arbeit.«
    Richard grinste, ohne aufzusehen.
     
    Gouverneur Phillip beschloss, die Sirius nach Kapstadt zu entsenden, um Proviant zu holen. Auf das Versorgungsschiff Guardian zu warten war zu ungewiss. Schon jetzt wurde die Nahrung knapp. Die Sirius sollte über Kap Hoorn fahren. Die Entscheidung, ob sie auf dem Rückweg Van-Diemens-Land oder Kap Hoorn umrunden würde, blieb Captain Hunter überlassen. Zusammen mit der Sirius sollte auch die Golden Grove Port Jackson verlassen. Sie sollte zunächst Norfolk Island anlaufen und eine erste Gruppe von Sträflingen dort absetzen, um das übervölkerte Port Jackson zu entlasten und die kleine Siedlung auf der Insel zu verstärken.
    Als Major Ross am letzten Septembertag nach Richard schickte, wusste dieser bereits, was der Major ihm sagen würde. Richard war vor kurzem vierzig Jahre alt geworden und hatte seit seinem siebenunddreißigsten Lebensjahr jeden Geburtstag woanders verbracht: im Gefängnis von Gloucester, auf dem Gefangenenschiff Ceres , auf der Alexander und in Neusüdwales. Noch vor seinem einundvierzigsten Geburtstag würde er Neusüdwales verlassen. Diesmal freilich kam der Wechsel früher als erwartet. In wenigen Wochen würde er in Norfolk Island sein, davon war er überzeugt.
    »Beim Soldaten Stanfield haben Sie ein wahres Wunder vollbracht, Morgan«, sagte der Vizegouverneur. »Und dank Ihnen haben wir jetzt sogar zwei ausgebildete Sägenschleifer. Sie schicke ich deshalb als Säger, Sägenschleifer und Büchsenmacher nach Norfolk Island. Leutnant King hat Seine Exzellenz benachrichtigt, sein einziger Säger sei ertrunken. Sie sind zwar kein ausgebildeter Sägewerker, Morgan, doch bin ich überzeugt, Sie werden dieses Handwerk rasch erlernen. Sie sind ja ein praktischer Mensch. Ich habe Leutnant King in meinen Depeschen darauf hingewiesen,
dass Sie für Norfolk Island sehr wichtig sein werden.« Die dünnen Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Lächeln. »Was man nicht von allen sagen kann, die mit Ihnen gehen.«
    »Darf ich meine Frau mitnehmen, Sir?«, fragte Richard.
    »Leider nein. Auf dem Schiff sind keine Plätze für Frauen mehr frei. Seine Exzellenz hat mir eine Liste der Frauen gegeben, die mitfahren sollen. Ich überlege noch, ob ich Blackall von der Alexander als weiteren Säger mitschicke. Denn ich befürchte, Sie werden mit dem Schleifen der Sägen genug zu tun haben. Das Bauholz für Port Jackson kommt bis auf weiteres aus Norfolk Island. Um endlich Steine oder Ziegel verwenden zu können, müssen wir zuerst Kalkstein finden. Das Holz aus der Gegend hier taugt nichts, doch die von der Supply mitgebrachten Balken und Bretter sind ideal. Die Supply hat eine stürmische Überfahrt hinter sich und muss auf Kiel gelegt werden. Deshalb wird die Golden Grove Sie auf Norfolk Island absetzen.«
    »Darf ich meine Werkzeuge mitnehmen?«
    Ross sah beleidigt aus. »Die Beamten Seiner Majestät sind nicht befugt, Ihnen auch nur einen einzigen Nagel wegzunehmen«, sagte er steif. »Nehmen Sie alle Ihre Habseligkeiten mit, das ist ein Befehl. Es tut mir Leid wegen Ihrer Frau, aber darauf habe ich keinen Einfluss. Stanfield wird mit den Werkzeugen hier zurechtkommen, er weiß ja jetzt, wie man Schmirgelpapier und Feilen herstellt. Jetzt packen Sie Ihre Sachen. Sie gehen morgen Nachmittag um vier an Bord. Halten Sie sich an der östlichen Anlegestelle bereit - und keine Abschiedsszenen, verstanden?«
    Stanfield war in die Arbeit an einer Brown Bess vertieft und blickte nicht auf, als Richard das Zelt betrat.
    »Mr Stanfield«, sagte

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