Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Häuschen erforderliche Menge. Die Suche nach den Schalen musste deshalb nach und nach auf die Botany Bay und Port Hacking im Süden und auf Gebiete hundert Meilen nördlich von Port Jackson ausgedehnt werden. Millionen verbrannter und zermahlener Austernschalen wurden zu Mörtel verarbeitet, um die Ziegel und Steinblöcke der ersten festen Gebäude von Sydney Cove zusammenzuhalten.
    Die Zahl der Toten stieg alarmierend, bei den Freien nicht weniger als bei den Gefangenen. Auch Frauen und Kinder blieben nicht verschont. Einige Sträflinge waren geflüchtet, trotzdem mussten immer noch über tausend Menschen ernährt werden. Skorbut und Hunger grassierten, weshalb die Arbeit nur im Schneckentempo voranging. Daneben gab es natürlich auch Sträflinge - und Seesoldaten -, die Arbeit grundsätzlich ablehnten. An Ausreden fehlte es nicht.
    Der Mai brachte die ersten Fröste des herannahenden Winters. Sie vernichteten fast alles, was in den Gärten wuchs. Lizzie brach beim Anblick ihres erfrorenen Gemüses in Tränen aus und wagte sich dann gefährlich weit ins Hinterland vor, um nach etwas zu suchen, das grün und essbar aussah. Doch nachdem die nackten Leichen zweier von den Eingeborenen getöteten Sträflinge ins Lager gebracht worden waren, verbot Richard ihr, die nähere Umgebung der Bucht zu verlassen. Immerhin hatten sie Sauerkraut und das würden sie essen, auch wenn der Rest der Welt lieber an Skorbut erkrankte.

    Am 4. Juni hatte der König Geburtstag. Zur Feier des Tages legte Seine Exzellenz der Gouverneur die Grenzen der ersten Grafschaft von Neusüdwales fest und nannte sie Cumberland County.
    »Es ist zweifellos die größte Grafschaft der Welt«, hörte man Marineadmiralarzt White sagen, »aber es gibt hier rein gar nichts!« Mit der Einschränkung freilich, dass irgendwo in Cumberland County vier schwarze Kühe und ein schwarzer Bulle herumliefen. Die wertvollen Rinder hatten die Trunkenheit des sie beaufsichtigenden Sträflings ausgenutzt und waren aus ihrem Pferch ausgebrochen. Verzweifelt suchte man sie. An Dunghaufen und zerkauten Sträuchern sah man, welchen Weg die Tiere genommen hatten, doch wollten sie sich nicht wieder einfangen lassen. Eine Katastrophe!
    Die Supply kehrte von ihrer zweiten Reise nach Norfolk Island mit erfreulichen, aber auch deprimierenden Nachrichten zurück. Es gab nach wie vor keine Möglichkeit, ganze Baumstämme in die Schiffe einzuladen, doch konnte man immerhin aus Tannenholz zugesägte Balken, Latten und Bretter nach Port Jackson liefern, und Tannenholz war besser zum Bauen geeignet als das Holz der Palmen.
    Andererseits, so berichteten die Seemänner der Supply , sei es so gut wie unmöglich, auf Norfolk Island Gemüse oder Getreide anzubauen, da es dort von Raupen und Larven nur so wimmelte. In seiner Verzweiflung schickte Leutnant King seine wenigen weiblichen Sträflinge auf die Felder, damit sie die Larven einsammelten. Doch so schnell sie auch sammelten, sie wurden der Plage nicht Herr. Der Boden war fruchtbar, und doch konnte King dort nichts anbauen! Trotzdem schien der Leutnant nach wie vor begeistert von Norfolk Island. Er war trotz der vielen Schädlinge davon überzeugt, dass Menschen auf der Insel besser leben konnten als in der Umgebung von Port Jackson.
     
    Die Eingeborenen waren in den Augen der Engländer hässlich, noch unansehnlicher als die Schwarzen Afrikas. Sie stanken, beschmierten sich mit weißem Ton und verstümmelten ihre Gesichter, indem sie sich entweder einen Schneidezahn herausbrachen
oder den Knorpel zwischen den Nasenlöchern mit einem kleinen Knochen durchbohrten. Ihre schamlose Nacktheit erregte großen Anstoß, ebenso das Verhalten ihrer Frauen, die im einen Augenblick schamlos mit den Männern kokettierten und im nächsten wüste Beschimpfungen ausstießen.
    Welten trennten Eingeborene und Engländer. Sie verstanden einander nicht und wollten das auch gar nicht. Der Gouverneur wollte, dass die Sträflinge den Eingeborenen mit größter Rücksicht begegneten, und deshalb begannen die Sträflinge die in ihren Augen nutzlosen Primitiven regelrecht zu hassen, vor allem weil diese nicht bestraft wurden, wenn sie Fisch, Gemüse oder Werkzeuge stahlen. Außerdem machte der Gouverneur für die gelegentlichen Übergriffe und Morde immer die Sträflinge verantwortlich. Auch wenn es keine Zeugen gab, ging er davon aus, dass Sträflinge die Eingeborenen provoziert hatten. Die Sträflinge bestritten das natürlich. Der Gouverneur hätte gegen

Weitere Kostenlose Bücher