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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman
Autoren: Colleen McCullough
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er Richard an. »Die Geschäfte gehen schlecht«, sagte er mit einer überraschend tiefen Stimme und einem leichten Akzent.
    »So ist es, Sir«, erwiderte Richard und setzte sich dem Besucher gegenüber.
    »Das tut mir Leid für euch.« Senhor Habitas machte eine kurze Pause. »Vielleicht kann ich helfen.« Er legte seine langen, feinen Hände auf den Tisch und faltete sie. »Der Krieg mit den amerikanischen Kolonien ist daran schuld, ich weiß. Aber anderen hat der Krieg Arbeit gebracht, insbesondere mir. Ich brauche dich, Richard. Willst du wieder für mich arbeiten?«
    Richard wollte schon etwas sagen, doch da mischte sich sein Vater ein. »Zu welchen Bedingungen, Senhor Habitas?«, fragte er grob. Er kannte seinen Richard. Der war zu gutmütig, um zu verhandeln, bevor er zusagte.
    Die unergründlichen Augen des sanften Gesichts blieben unbewegt.
»Zu guten Bedingungen, Mister Morgan. Zwei Schillinge pro Muskete.«
    »Abgemacht!«, sagte Dick sofort.
    Mr Thistlethwaite sah Richard mitleidig an. Wann würde Richard denn einmal selbst über sein Schicksal entscheiden? Richards blaugraue Augen und ebenmäßige Gesichtszüge ließen freilich weder Ärger noch Unzufriedenheit erkennen. Mein Gott, war dieser Mann geduldig! Geduldig mit seinem Vater, seiner Frau, seiner Mutter, den Gästen, Vetter James, dem Apotheker - einer endlosen Liste von Menschen. William Henry schien der einzige Mensch, für den Richard zu kämpfen bereit war, und selbst das nur auf seine ruhige, beharrliche Art. Wer bist du eigentlich, Richard Morgan? Weißt du es selbst? Wenn Dick mein Vater wäre, würde ich ihm jetzt eine Ohrfeige verpassen, dass er umfällt. Stattdessen erträgst du seine Launen, seine Wutanfälle, seine Kritik, ja sogar seine kaum verhüllte Verachtung stumm. Woher nimmst du deine innere Stärke? Denn stark bist du, das weiß ich. Ist es Resignation? Nein, wohl nicht. Du bist mir ein Rätsel, dabei bedeutest du mir mehr als alle anderen, und ich habe Angst um dich. Warum? Weil ich spüre, dass Gott dein Übermaß an Geduld und Nachsicht auf die Probe stellen wird.
     
    Richard wusste von diesen Sorgen nichts. Er kehrte in die Habitas-Werkstatt zurück und begann, für die in Amerika kämpfenden Soldaten die Brown Bess zu bauen.
    Ein Büchsenmacher stellte ein Gewehr her, nicht aber dessen einzelne Komponenten. Sie kamen aus verschiedenen Orten: der stählerne Lauf und die stählernen Teile des Steinschlosses aus Birmingham, der Kolben aus Walnussholz aus einem Dutzend über ganz England verstreuter Orte und die Beschläge aus Messing oder Kupfer aus Bristol und Umgebung.
    »Ich habe eine gute Nachricht«, sagte Habitas, als Richard zu seinem ersten Arbeitstag erschien. »Wir haben den Auftrag erhalten, die kurze Infanteriemuskete zu bauen. Sie ist etwas leichter und einfacher zu handhaben als das alte Modell.«
    Die neue Muskete war mit 42 Zoll etwa vier Zoll kürzer als das
alte, lange Infanteriegewehr, das noch im Siebenjährigen Krieg benutzt worden war, und stellte aus der Sicht des Infanteristen eine deutliche Verbesserung dar. Bei gleicher Zielgenauigkeit wog sie ein halbes Pfund weniger und war besser zu handhaben.
    Richard setzte sich auf den hohen Hocker an der Werkbank. Was er für die Arbeit brauchte, war rings um ihn angeordnet. Die polierten, aus einem Stück gedrechselten Kolben mit der langen, halbmondförmigen Aussparung für den Lauf standen links in einer Halterung. Rechts standen die Läufe mit den gelochten Zapfen auf der Unterseite. In Kästchen auf der Werkbank lagen die verschiedenen Teile für das Steinschloss - Federn, Hähne, Abzugsstollen, Zündpfannendeckel, Abzüge, Nüsse, Schrauben und Zündsteine - und die Messingbänder, Röhrchen, Flansche und Streben, die das Gewehr zusammenhielten. Zwischen die Kästchen legte Richard seine eigenen Werkzeuge, die er jeden Tag in einer schweren Mahagonikiste zur Arbeit mitbrachte. In ein Messingplättchen an der Kiste war sein Name eingraviert. Die Kiste enthielt Dutzende Feilen und Schraubenzieher; Zangen, Blechscheren, Pinzetten, Hämmerchen, einen Bohrer mit verschiedenen Einsätzen und zahlreiche Holzwerkzeuge. Schmirgelpapier stellte Richard selbst her. Er bestrich Leinen mit einem starken Fischleim, auf den er dann die schwarzen Scheuerpartikel streute. Mit der gleichen Technik produzierte er verschiedene Arten von Schmirgelstäbchen, einige davon spitz, andere abgerundet, wieder andere kurz und stumpf. Das Feilen und Schmirgeln machte fünfzig
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