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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Meer eintauchen. Der Himmel wurde dunkel und verfärbte sich tiefblau, während das Meer wie von den Strahlen der untergegangenen Sonne durchleuchtet milchig blau erglühte.
    »Diese Insel ist ein wunderbares Fleckchen Erde«, sagte Stephen. Die Szene mit Lizzie Lock erwähnte er nicht, obwohl er davon gehört haben musste. »Hier muss einst der Garten Eden gewesen sein. Die Insel bezaubert mich. Sie zieht mich in ihren Bann wie eine Sirene, ich weiß gar nicht, warum. Doch jetzt sind Menschen da, und sie werden sie zerstören. Der Mensch hat auch den Garten Eden zerstört.«
    »Vielleicht werden sie es versuchen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Gott liebt diese Insel.«
    »Es gibt übrigens Gespenster hier, wusstest du das?«, bemerkte Stephen beiläufig. »Ich habe eines gesehen, ganz deutlich und am helllichten Tag, einen Riesen mit gewaltigen Wadenmuskeln und goldener Haut und nackt bis auf einen dünnen Lendenschurz. Sein Gesicht war von einer strengen Schönheit, ein geradezu aristokratisches Gesicht, und seine Schenkel waren mit einem Muster aus verschnörkelten Linien tätowiert. Ich habe so jemanden noch nie gesehen, nicht in meinen wildesten Träumen. Er kam mir am Strand entgegen, doch als er so nahe war, dass ich ihn fast hätte berühren können, bog er ab und ging mitten durch die Wand von Nat Lucas’ Haus. Olivia begann zu schreien wie am Spieß.«
    »Dann kann ich ja froh sein, dass ich oben im Tal wohne. Obwohl Billy Wigfall mir neulich erzählte, er hätte John Bryant an der Stelle stehen sehen, wo der Baum ihn erschlug. Nur einen Augenblick lang, dann war er wieder verschwunden. Wie erschrocken über seine Entdeckung, sagte Billy.«
    Die Brandung donnerte gegen das Riff. Die Supply hatte die Reede verlassen und fuhr um die Insel nach Cascade. Dort würden King und seine schwangere Lebensgefährtin sich einschiffen, keine leichte Sache, da sie von einem rutschigen Felsen in ein schwankendes Beiboot springen mussten.

    Stephen musterte Richard mit Augen, die im Abendlicht fast schwarz schienen. Richard saß zusammengekauert und angespannt wie eine Stahlfeder neben ihm.
    »Ich habe gehört, du hattest heute Morgen Besuch vom Major.«
    Richard lächelte gequält. »Major Ross hat Fledermausohren. Ich habe keine Ahnung, wie er erfuhr, was gestern Abend am Lagerfeuer geschah. Aber du kennst ihn ja. Er wartete, bis ich zum Frühstücken nach Hause zurückkehrte, platzte herein, setzte sich hin und sagte: ›Wie ich hörte, haben Sie Ihre Frau öffentlich verstoßen. ‹ Ich nickte und er grunzte. Dann sagte er: ›Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet, Morgan, aber ich nehme an, Sie haben Ihre Gründe, wie sonst ja auch.‹«
    Stephen kicherte. »Eine diplomatische Formulierung.«
    »Dann fragte er mich, ob Lizzie meiner Meinung nach eine gute Haushälterin für einen Offizier abgäbe! Ich sagte, sie sei reinlich und ordentlich, könne gut nähen, stopfen und kochen und sei meines Wissens noch Jungfrau. Er klatschte sich auf die Knie und stand auf. ›Mag sie Kinder?‹, fragte er. ›Ich glaube schon‹, sagte ich. ›Zu den Kindern im Gefängnis von Gloucester war sie jedenfalls immer sehr nett.‹ Dann fragte er noch, ob ich sicher sei, dass sie aufrichtig und ehrlich sei. ›Absolut‹, versicherte ich ihm. ›Dann entspricht sie genau meinen Vorstellungen‹, sagte er und marschierte so zufrieden hinaus wie eine Katze, die einen Topf voll Rahm entdeckt hat.«
    Stephen bog sich vor Lachen. »Ich sage dir, Richard, bei Major Ross kannst du nichts falsch machen. Aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, hast du bei ihm einen dicken Stein im Brett.«
    »Er mag mich, weil ich keine Angst vor ihm habe«, sagte Richard. »Und weil ich ihm die Wahrheit sage, statt ihm zu schmeicheln. Deshalb wird er Tommy Crowder auch nie so schätzen wie King. Als ich King einmal sagte, was meiner Meinung nach getan werden müsste, hatte er nicht übel Lust, mich auspeitschen zu lassen. Bei Major Ross bestand diese Gefahr nie.«
    »King ist Engländer durch und durch«, sagte Stephen. »Er ist reizbar und launisch. Außerdem ist er jeder Zoll Mitglied der Königlichen Marine. Ross dagegen ist der klassische Schotte, immer
gleich gelaunt - nämlich schlecht. Er kommt aus einem kalten Land, das nur Sieger oder Verlierer hervorbringt.« Stephen stand auf und streckte Richard die Hand hin, um ihm hoch zu helfen. »Ich bin jedenfalls froh, dass er das Problem gelöst hat, was mit deiner verstoßenen Frau geschehen

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