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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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holen, bevor sie sinkt« - er ignorierte Hunters verzweifelten Blick - »dann reichen unsere Vorräte schätzungsweise knapp drei Monate. Wir müssen also ständig fischen und jeden essbaren Vogel fangen, den wir hier finden.«
    Kings Miene hellte sich auf. »Es gibt hier einen schmackhaften Seevogel, der im April eintrifft und bis August bleibt«, sagte er lebhaft. »Wenn die Situation kritisch wird, ist er eine Nahrungsquelle. Sie müssen nur Wege zu seinen Nistplätzen auf dem Mount Pitt anlegen.«
    »Ich danke Ihnen für diese Information, Mr King.« Ross räusperte sich. »Wie dem auch sei, die größte Gefahr sehe ich in einer
Meuterei.« Er funkelte seine Offiziere drohend an. »Und zwar nicht nur in einer Meuterei der Sträflinge. Unter meinen Unteroffizieren und Mannschaften sind viele Raufbolde, die ständig mit Rum versorgt werden müssen. Und wenn ich sagte, dass unsere Lebensmittelvorräte höchstens drei Monate reichen, dann meinte ich damit auch den Rum. Da ich genug Rum für meine Offiziere reservieren muss, bin ich gezwungen, die Rationen der Unteroffiziere und Mannschaften weiter zu kürzen. Und natürlich erwarten Captain Hunters Leute ebenfalls, dass sie mit Rum versorgt werden - so ist es doch, Captain, oder?«
    Hunter schluckte. »Ich fürchte ja, Major Ross.«
    »Dann sehe ich nur eine Lösung: das Kriegsrecht! Jeder Diebstahl, ganz gleich, ob ein Freier oder ein Sträfling ihn begeht, wird ohne vorherige Gerichtsverhandlung mit dem Tode bestraft. Und glauben Sie mir, meine Herren, ich meine es ernst.«
    Nach dieser Ankündigung herrschte tiefes Schweigen. Nur die Geräusche der Männer, die sich draußen abmühten, die Vorräte der Sirius zu bergen, drangen schwach durch die Wände der Gouverneursresidenz.
    »Am Montagmorgen um acht versammelt sich die gesamte Bevölkerung der Insel am Fahnenmasten mit dem Union Jack«, sagte Ross. »Dort werde ich sie über die neue Lage unterrichten. Bis dahin, meine Herren, erbitte ich mir strengstes Stillschweigen. Wer jetzt schon verrät, dass das Kriegsrecht über die Insel verhängt werden soll, den lasse ich auspeitschen, egal wie hoch sein Rang ist. Sie können gehen.«
     
    Am Montagmorgen um acht wurden alle Inselbewohner zum Fahnenmasten mit dem Union Jack abkommandiert. Seesoldaten und Matrosen mussten sich auf der rechten Seite aufstellen, die Sträflinge auf der linken. Die Offiziere standen in der Mitte, direkt unter der Fahne.
    »Als Kommandant dieser englischen Kolonie erkläre ich hiermit, dass ab sofort das Kriegsrecht gilt!«, brüllte Major Ross. »Bis Gott und Seine Majestät der König uns Hilfe schicken, sind wir auf uns selbst angewiesen. Wenn wir überleben wollen, müssen
wir uns zwei Ziele fest vornehmen: wetterfeste Unterkünfte zu bauen und Nahrung zu produzieren. Nach meiner Rechnung werden nach Abfahrt der Supply noch 504 Menschen hier sein - über dreimal so viele wie vor einer Woche! Wir sind vom Hunger bedroht, aber eins versichere ich euch: Keiner wird bevorzugt, keiner bekommt mehr zu essen als der andere. Gott prüft uns, wie er das Volk Israel in der Wüste geprüft hat, auch wenn wir nicht von uns behaupten können, so tugendhaft zu sein wie dieses alte und bewundernswerte Volk. Unser Schicksal hängt allein von uns ab - von unserem Einfallsreichtum, von unserer Bereitschaft, hart zu arbeiten, und von unserem Willen, allen Widrigkeiten zum Trotz zu überleben!«
    Er hielt inne, und wer in seiner Nähe stand, sah, wie sein Gesicht einen verbitterten Ausdruck annahm. »Ich sage es noch einmal, ihr seid nicht das Volk Israel! Unter euch ist der Abschaum der Menschheit, daher werde ich, wenn es sein muss, hart durchgreifen. Wer sein Los mit Anstand erträgt und sich selbstlos in den Dienst der Gemeinschaft stellt, wird belohnt. Wer anderen das Essen vom Mund wegstiehlt, wird mit dem Tode bestraft! Wer stiehlt, um das Diebesgut gegen andere Dinge zu tauschen, um ein bequemeres Leben zu haben, um sich zu betrinken oder aus irgendeinem anderen Grund, wird ausgepeitscht, bis die Haut ihm in Fetzen von den Knochen hängt! Das gilt für Männer und Frauen, und auch Kinder werden streng bestraft. Es herrscht Kriegsrecht, und das bedeutet, dass ich Richter, Jury und Henker in einer Person bin. Mir ist egal, wenn ihr Unzucht treibt. Ich habe auch nichts dagegen, wenn ihr in eurer Freizeit zusätzliches Gemüse anbaut oder euch eine Unterkunft zimmert. Aber ich werde nicht den geringsten Verstoß gegen die Interessen der Gemeinschaft

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