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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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dich.«
    Richard war so betroffen, dass er eine Zeit lang gar nichts sagte. Er machte einen Zug mit einem Bauern, verlor den Bauern und versuchte es mit einem Springer. Wenn Lizzie ihn tatsächlich liebte, dann hatte er sie viel tiefer verletzt, als er gedacht hatte. Er wusste noch, was sie ihm über die entwürdigende Behandlung der Frauen auf der Lady Penrhyn erzählt hatte, und hatte geglaubt, das Schlimmste an seiner Zurückweisung sei die öffentliche Demütigung gewesen. Sie hatte ihm nie gesagt, dass sie ihn liebte, ihm mit keinem Wort oder Blick zu verstehen gegeben, was sie wirklich für ihn empfand … Er verlor auch den Springer.
    »Wie ist das Verhältnis zwischen Seesoldaten und Marine?«, fragte er.
    »Gespannt. Hunter konnte Major Ross noch nie leiden, und dass er jetzt hier festsitzt, macht seinen Hass nur noch größer. Bisher konnten die beiden einen handfesten Streit vermeiden, aber irgendwann geraten sie bestimmt aneinander. Hunter hat nur noch das Beiboot der Sirius , mit dem er keine langen Fahrten machen kann. Er rudert fast den ganzen Tag um Nepean Island herum - wahrscheinlich sucht er nach Beweisen zu seiner Verteidigung, wenn er sich in England vor dem Kriegsgericht verantworten muss.«

    »Warum kehrt Johnny eigentlich immer wieder zu ihm zurück - wenn das keine zu indiskrete Frage ist?«
    Stephen zuckte die Achseln und zog die Mundwinkel nach unten. »Nein, ich beantworte sie. Ein einfacher Angehöriger der Königlichen Marine kann sich der Autorität des Kapitäns schwer entziehen; es sei denn, er ist von Natur aus aufsässig, und das ist Johnny nicht. Für ihn kommt Hunter gleich nach Gott.«
    Richard hatte die Partie verloren. Er stand auf und zündete an Stephens Feuer eine Tannenfackel an. »Die Revanche müssen wir verschieben, denn wenn ich jetzt nicht gehe, werde ich nach der Ausgangssperre erwischt.«
     
    Der Winter begann kälter und trockener als im Vorjahr. Weizen und Mais wurden ausgesät, aber die Saat wollte nicht aufgehen. Erst ein stürmischer Regentag, auf den ein sonniger Tag folgte, zauberte zur allgemeinen Freude einen grünen Schleier über die blutrote Erde der Felder im Tal und an den Hängen. Auf der Insel herrschte immer noch das Kriegsrecht. Ross hatte schon viele Leute auspeitschen lassen. Verabreicht wurden die Peitschenhiebe von Jim Richardson, der zu Richards Sägern gehört hatte, bis er sich ein Bein brach. Es waren auch schon welche gehängt worden, allerdings keine Sträflinge. Captain Hunters Diener hatten mithilfe eines Dieners von Major Ross die knappen Rumvorräte des Majors geplündert, einen Teil davon selbst getrunken und den Rest verkauft. In seiner Funktion als Richter, Jury und Henker hatte Vizegouverneur Ross drei der Missetäter gehängt. Sein Diener Escott und Hunters Adjutant Elliott entgingen zwar dem Galgen, erhielten zur Strafe jedoch fünfhundert Peitschenhiebe, die ihnen das Fleisch von den Knochen rissen, wie der Major in seiner Ansprache angedroht hatte. Die fünfhundert Hiebe wurden nicht am Stück verabreicht, sondern in fünf Einheiten zu je hundert Hieben, denn hundert Hiebe galten als das Höchstmaß, das ein Mann auf einmal verkraften konnte. Der Auspeitscher begann an den Schultern und arbeitete sich langsam über Rücken, Gesäß und Schenkel zu den Waden hinunter. Die Matrosen murrten und spielten mit dem Gedanken an Meuterei, doch angesichts des
schweren Verbrechens ihrer Kameraden konnte Captain Hunter nicht ihre Partei ergreifen. Die Seesoldaten ihrerseits waren mehr als bereit, das ganze Matrosenpack niederzuschießen. Ihre Musketen waren dank des Gefreiten Daniel Stanfield in einem ausgezeichneten Zustand, und die Soldaten machten weiterhin jeden Samstagmorgen unter Aufsicht von Stephen und Richard Schießübungen.
    Nach dem Rumdiebstahl suchte Major Ross Richard in dessen Haus auf. Seine Miene war noch grimmiger als sonst.
    Das Amt macht ihn fertig, dachte Richard und bot dem Major einen Stuhl an. Er ist seit seiner Ankunft um zehn Jahre gealtert.
    »Ich habe interessante Dinge über Sie erfahren«, begann Ross. »Mr Donovan erzählte mir, dass Sie Rum brennen können.«
    »Ja, Sir - mit den nötigen Gerätschaften und Zutaten. Allerdings kann ich Ihnen nicht versprechen, dass mein Rum besser sein wird als der berüchtigte Fusel aus Rio de Janeiro. Eigentlich muss Rum wie alle Spirituosen im Fass reifen, bevor er getrunken wird. Das unfertige Zeug wird scheußlich schmecken, aber wahrscheinlich wollen Sie den Rum

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