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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Ross für die Rumbrennerei ausgesucht hatte, lag ein Stück vor Charlotte Field am Ende eines Weges, der von der Straße zur Anson Bay abging. Dort entsprang ein Bach, der sich weiter unten mit anderen Bächen zu einem kleinen Fluss vereinigte und schließlich unweit von Point Ross am westlichen Ende von Sydney Town ins Meer mündete. Für zusätzlichen Lohn gingen die drei Seesoldaten und drei Seeleute mit Feuereifer daran, Grund für einen Holzschuppen und einen großen Stapel Eichenholz zu roden. Die Steinblöcke für den Ofen ließ Ross von Sträflingen
aus Sydney Town bis zur Abzweigung des Weges schaffen. Den Sträflingen wurde gesagt, die Steine seien für Charlotte Field bestimmt. Nach Einbruch der Dunkelheit holten Richard und seine sechs Männer sie persönlich von der Straße ab. Auch den Schuppen mussten sie selbst bauen. Ross besorgte Kupferkessel, Absperrhähne und Ventile, Kupferrohre und Bottiche aus in der Mitte durchgesägten Fässern. Richard schweißte und montierte die Teile zusammen. Er wunderte sich, dass es gelang, das Projekt geheim zu halten. Das geschnittene Zuckerrohr und einige Maiskolben verschwanden in den Pressen und Handmühlen der Brennerei.
    Vier Wochen später konnte Richard das erste Destillat herstellen. Der Vizegouverneur nippte vorsichtig daran, verzog das Gesicht und nahm noch ein Schlückchen. Dann kippte er den Rest des Viertelpints hinunter. Er schätzte Rum ebenso wie seine Soldaten.
    »Das Zeug schmeckt scheußlich, Morgan, aber es hat die richtige Wirkung«, sagte er und lächelte sogar. »Damit haben Sie uns womöglich vor Meuterei und Mord gerettet. Abgelagert wäre der Rum natürlich milder, aber das ist Zukunftsmusik. Wer weiß? Vielleicht beliefern wir Port Jackson irgendwann einmal nicht nur mit Kalk und Holz, sondern auch mit Rum.«
    »Wenn es Ihnen recht ist, Sir, würde ich jetzt gern wieder zu meinen Sägegruben zurückkehren«, sagte Richard. Der Anblick der Brennerei rief in ihm keine glücklichen Erinnerungen wach.
    »Dann begleiten Sie mich doch nach Sydney Town.« Ross ermahnte noch die sechs Helfer Richards. »Bewacht und pflegt den Schuppen gut, Jungs«, sagte er leutselig und immer noch lächelnd. »Jeder von euch bekommt dafür zwanzig Pfund extra im Jahr.«
    Die Straße durch den Wald folgte dem Bergrücken bis zum Gipfel des Mount George, der eine herrliche Aussicht bot - über das Meer, Sydney Town, die Lagune, die Brandung, Nepean Island und Phillip Island. Major Ross blieb stehen, um sie zu genießen.
    »Ich habe die Absicht, Ihnen die Freiheit wiederzugeben, Morgan«, sagte er. »Vorerst kann ich Ihnen zwar noch keinen völligen, sondern nur einen bedingten Straferlass gewähren, doch sobald die Umstände es mir erlauben, werde ich bei Seiner Exzellenz in
Port Jackson Ihre volle Begnadigung beantragen. Ich finde, Sie haben sich das verdient. Damit genießen Sie einen besseren Status als einer, der nur freigelassen wurde, weil er seine Strafe abgebüßt hat - sagten Sie nicht, dass Ihre Strafe im März 1792 abläuft?«
    Richards Augen füllten sich mit Tränen. Er bemühte sich krampfhaft, ein Schluchzen zu unterdrücken, und brachte kein Wort heraus. Stattdessen nickte er nur und rieb sich die Augen. Frei. Endlich!
    Der Blick des Majors war immer noch auf Phillip Island gerichtet. »Ich gebe nicht nur Ihnen die Freiheit wieder, sondern auch Lucas, Phillimore, Rice, dem älteren Mortimer und noch ein paar anderen. Ihr sollt die Möglichkeit erhalten, ein Stück eigenes Land zu bewirtschaften und etwas aus euch zu machen, denn ihr habt euch, seit ich euch kenne, wie redliche Männer verhalten. Männern wie euch ist es zu verdanken, dass es diese Kolonie noch gibt und dass ich oder mein Vorgänger Leutnant King sie regieren konnte. Doch nun zu Ihnen, Morgan. Sie sind von nun an ein freier Mann. Das bedeutet, dass Sie als Aufseher der Säger einen Lohn von fünfundzwanzig Pfund im Jahr erhalten. Außerdem zahle ich Ihnen fünf Pfund für die Beaufsichtigung der Brennerei im Wechsel mit Leutnant Clark und eine einmalige Summe von zwanzig Pfund für ihren Bau. Da London uns kein Münzgeld zur Verfügung gestellt hat, erhalten Sie Ihren Lohn in Form von Schuldscheinen der Regierung. Die können Sie als Zahlungsmittel benutzen, wenn Sie in den staatlichen Vorratshäusern oder bei Privatleuten etwas kaufen. Ich wünsche, dass über die Brennerei weiterhin absolutes Stillschweigen gewahrt wird. Es ist durchaus möglich, dass ich sie eines Tages wieder

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