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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Der Schrecken stand ihm noch ins Gesicht geschrieben. Er holte tief Luft. »Die Surprize , die Neptune und die Scarborough
wurden mit 1000 Sträflingen an Bord nach Port Jackson geschickt. Davon starben 267 auf der Überfahrt, und von den verbliebenen 759 waren 500 schwer krank. Es war … Ich fürchtete schon, Seine Exzellenz würde gleich in Ohnmacht fallen, und wer hätte es ihm verdenken können? Sie können sich nicht vorstellen …« Murray versagte die Stimme. »Das Innenministerium hatte die Lieferanten gewechselt. Für die Verpflegung der drei Schiffe war eine Sklavenhandelsgesellschaft zuständig. Sie wurde im Voraus pro Sträfling bezahlt, doch im Liefervertrag war nicht davon die Rede, dass die Sträflinge lebend und gesund abzuliefern seien. Der Gewinn der Gesellschaft war größer, wenn die Sträflinge möglichst bald nach der Abfahrt starben, deshalb bekamen sie fast nichts zu essen. Außerdem waren sie die ganze Reise über unter Deck eingesperrt und gefesselt wie früher die Sklaven - mit Fußschellen, verbunden durch eine ein Fuß lange Eisenstange. Sie konnten also nicht einmal herumlaufen. Es war schon grausam genug, Schwarze für eine Reise von sechs oder acht Wochen so zu fesseln, aber stellen Sie sich den Zustand von Männern vor, die fast ein Jahr lang mit solchen Fußschellen unter Deck eingesperrt waren.«
    »Sie müssen unter schrecklichen Qualen gestorben sein«, sagte Stephen Donovan mit gepresster Stimme. »Verflucht seien alle Sklavenhändler!«
    Die anderen schwiegen.
    »Am schlimmsten war es auf der Neptune «, fuhr Murray fort. »Doch auf der Scarborough war es auch nicht viel besser. Dort waren sechzig Männer mehr in einem kleineren Raum als beim ersten Mal eingesperrt. Am besten ging es den Sträflingen noch auf der Surprize . Auf ihr starben unterwegs nur 36 von 254 Sträflingen. Ich muss sagen, wir kämpften mit den Tränen und mussten uns übergeben, als wir die lebenden Skelette aus den Frachträumen holten, in denen es unerträglich stank. Die Menschen starben, während wir ihnen heraushalfen, auf den Decks und in den Booten, und als wir sie ans Ufer trugen. Wer dann noch lebte, den mussten wir vor der Einweisung ins Lazarett zunächst vom Ungeziefer befreien; die Sträflinge waren völlig verlaust. So war es doch, oder habe ich übertrieben, Mr Wentworth?«

    »Kein bisschen«, erwiderte D’arcy Wentworth, ein stattlicher, blonder Mann, der als Arzt auf Norfolk Island Dienst tun sollte. »Die Neptune war die Hölle. Ich diente auf ihr als Schiffsarzt, doch wurde ich während der ganzen Reise kein einziges Mal aufgefordert, nach den Sträflingen zu sehen - es war mir sogar verboten, das Gefängnis zu betreten. Wir hatten die ganze Zeit über den Gestank in der Nase, und als ich in Port Jackson zu den Sträflingen hinunterstieg, um zu helfen - mein Gott! Es lässt sich nicht mit Worten beschreiben, wie es dort unten aussah. Ein Gewimmel von Maden, verwesende Leichen, Kakerlaken, Ratten, Flöhe, Fliegen, Läuse. Doch einige Männer lebten noch, können Sie sich das vorstellen? Wir Ärzte befürchten, dass die Überlebenden alle wahnsinnig sind.«
    »Wer ist der Kapitän der Neptune ?«, fragte Stephen, der mehr Kapitäne der Handelsmarine kannte als die Offiziere.
    »Eine Bestie namens Donald Trail«, erwiderte Wentworth. »Er konnte unsere Empörung gar nicht verstehen, sodass wir uns fragten, wie viele Sklaven wohl bei seinen Fahrten nach Jamaica überleben. Trail war wie Anstis nur daran interessiert, den Leuten in Port Jackson Nahrungsmittel zu verkaufen, allerdings zu so astronomischen Preisen, dass nur sein Rum Absatz fand.«
    »Ich habe schon von Trail gehört«, sagte Stephen angewidert. »Die Schwarzen muss er besser versorgen, weil er sie nur lebend verkaufen kann. Ihm einen Liefervertrag zu geben, der ihm stillschweigend erlaubt, die Sträflinge sterben zu lassen, ist Mord! Der Teufel soll das Innenministerium holen!«
    »Berichten Sie weiter, was mit den armen Teufeln in Port Jackson geschah, Mr Murray«, forderte Major Ross den Arzt auf.
    »Seine Exzellenz der Gouverneur ließ weit außerhalb der Siedlung eine große Grube ausheben«, fuhr Murray fort. »Dort wurden die Toten hineingelegt, und Mr Johnson sollte einen Trauergottesdienst für sie abhalten. Die Leichen wurden mit Steinen zugedeckt, damit sie vor den Hunden der Eingeborenen sicher waren - die fressen alles. Es wurden immer noch Leichen dorthin gebracht, als die Surprize hierher aufbrach. Die Männer

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