Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Kitty? Das kommt sehr früh.«
    »Nein, Richard, es ist wie ein Traum! Ich bin…« Sie suchte nach Worten. »Ich bin überglücklich! Ein eigenes Kind!«
     
    Am Montag hörte Richard wieder, dass Major Robert Ross ernstlich krank sei. Am Dienstag wurde er in aller Frühe zum Major bestellt. Ross lag in dem großen Zimmer im ersten Stock, das er normalerweise als Arbeitszimmer benutzte, denn dort oben war er vor lästigen Besuchern sicher. Richard folgte Lizzie Lock die Treppe hinauf. Er war unruhig und besorgt, und als er das Zimmer betrat, entsetzt. Das Gesicht des Majors war grauer als seine glasigen, tief eingefallenen Augen. Steif wie ein Brett lag er da, die Arme neben sich ausgestreckt. Nur seine Hände wirkten seltsam erwartungsvoll.
    »Sir?«
    »Morgan? Gut. Stellen Sie sich so hin, dass ich Sie sehen kann. Sie können gehen, Lizzie. Doktor Callam wird bald hier sein.« Plötzlich krampfte sein Körper sich zusammen. Der Major riss den Mund auf und entblößte seine Zähne. Obwohl er sich alle Mühe gab, die Schmerzen zu unterdrücken, stöhnte er leise. Ein anderer hätte geschrien, dachte Richard. Ross litt stumm, und seine Hände verkrallten sich in die Decke.

    Richard wartete ruhig. Er wusste, Ross wollte weder Mitgefühl noch Hilfe. Schließlich ließen die Schmerzen nach. Das Gesicht des Kranken war schweißnass.
    »Jetzt ist es besser«, sagte Ross schließlich. »Callam meint, es sei ein Nierenstein. Wentworth stimmt ihm zu, Considen und Jamison nicht.«
    »Ich würde Callam und Wentworth glauben, Sir.«
    »Das tue ich auch. Jamison kann nicht einmal eine Katze kastrieren, und Considen ist ein lausiger Zahnarzt.«
    »Was kann ich für Sie tun, Sir?«
    »Seien Sie darauf gefasst, dass ich sterbe. Callam gibt mir ein Mittel, das den Gang zwischen Niere und Blase erweitern soll. Er hofft, dass ich so den Stein loswerde. Das ist die einzige Rettung.«
    »Ich werde für Sie beten, Sir«, sagte Richard bewegt.
    »Das hilft wahrscheinlich mehr als Callams Medikamente.«
    Wieder kam ein Anfall.
    »Wenn ich sterbe, bevor das nächste Schiff kommt, wird auf der Insel das Chaos ausbrechen«, sagte Ross, als er wieder sprechen konnte. »Hauptmann Hill ist ein verdammter Narr, und Ralph Clark ist in seiner geistigen Entwicklung etwa so weit wie mein Sohn. Faddy ist ein Einfaltspinsel und zugleich ein Kind. Zwischen meinen Seesoldaten und den Soldaten des Neusüdwales-Korps wird es Krieg geben. Alle Verbrecher von Francis bis Peck werden sich Hill anschließen. Es wird ein Blutbad geben, und deshalb will ich diesen verdammten Stein loswerden, egal wie.«
    »Sie werden es schaffen, Sir; den Nierenstein, der Sie umbringen könnte, gibt es noch nicht«, sagte Richard lächelnd. »Kann ich noch etwas für Sie tun?«
    »Ja. Ich habe bereits mit Mr Donovan und einigen anderen gesprochen und angeordnet, dass Musketen ausgegeben werden. Sie bekommen auch eine, Morgan. Dank Ihrer Arbeit funktionieren zumindest die Musketen der Seesoldaten. Das Neusüdwales-Korps pflegt seine Waffen nicht, und Hill habe ich Ihre Dienste niemals angeboten. Arbeiten Sie mit Donovan zusammen und halten Sie sich von Andrew Hume fern. Hume steckt mit Hill unter einer Decke und ist an seinen Verbrechen beteiligt. Er ist ein Betrüger,
Morgan. Er versteht von Flachsverarbeitung genauso wenig wie ich, aber er sitzt in Phillipsburgh wie die Spinne im Netz und glaubt, mit Hill zusammen gehöre ihm die Hälfte der Insel.«
    »Konzentrieren Sie sich darauf, den Stein loszuwerden, Sir. Wir werden nicht zulassen, dass Hill und das Neusüdwales-Korps die Macht übernehmen.«
    »Oh, die Schmerzen fangen schon wieder an. Gehen Sie, Morgan, und seien Sie wachsam.«
    Draußen auf dem Treppenabsatz blieb Richard stehen. Seine Gedanken rasten. Er versuchte sich Norfolk Island ohne Major Ross vorzustellen. Auf der Insel brodelte es, dafür hatte der Seesoldat Henry Wright gesorgt. Wright war dabei erwischt worden, wie er Elizabeth Gregory, ein zehnjähriges Mädchen aus Queensborough, vergewaltigte. Es war bereits sein zweites Vergehen. Vor zwei Jahren war er in Port Jackson zum Tod verurteilt worden, weil er ein neunjähriges Mädchen vergewaltigt hatte. Der Gouverneur hatte ihn begnadigt, aber für den Rest seines Lebens nach Norfolk Island verbannt und das Problem damit an Major Ross weitergegeben. Wright war mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter auf die Insel gekommen. Nach dem Verbrechen an Elizabeth Gregory hatte seine Frau beantragt, mit ihrer

Weitere Kostenlose Bücher