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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Straßen von Bristol unterhöhlt, dass auf ihnen keine schweren Fahrzeuge mehr verkehren durften. Alle Waren wurden mit Pferdeschlitten transportiert, deren Kufen das Gewicht gleichmäßiger verteilten als Räder. Droschken und leichte Kutschen waren die einzigen von den Ordnungsbehörden noch zugelassenen Fahrzeuge.
    Die Brennerei befand sich in einem gewaltigen, nahezu ungegliederten Raum im Erdgeschoss, der meist nur vom Widerschein der Heizkessel erhellt wurde. Das Ganze sah aus wie ein Wald kupferner, in Schamottesteine gepflanzter Stämme, deren Laub grob gezimmerte Fässer waren, geformt wie Tannenzapfen ohne Spitzen. Es stank nach Rauch, gärender Maische, Melasse und Rum. Richard ekelte sich davor. Der Rumgestank, den er jetzt täglich einatmen musste, brachte ihn jedenfalls nicht in Versuchung, von Bier zu Caves Bestem zu wechseln.

    Cave selbst zeigte sich nur selten. An seiner Stelle herrschte der Vorarbeiter William Thorne. So unterwürfig er Cave begegnete, so grausam behandelte er seine Untergebenen. Leute wie Thorne gehörten auf Sklavenschiffe wie die Alexander , dachte Richard. Thorne liebte es, die Lehrlinge mit Tauenden zu verprügeln. Es bereitete ihm ein heimtückisches Vergnügen, möglichst vielen Beschäftigten von Mr Cave das Leben so schwer zu machen, wie er nur konnte. Richard allerdings ließ er nach einem kurzen, prüfenden Blick in Ruhe. Er erteilte ihm lediglich eine Reihe barscher Anweisungen.
    »Im hinteren Teil des Raumes hast du nichts zu suchen«, sagte er zum Schluss. »Was dort ist, geht dich nichts an, und ich mag keine Schnüffler.«
    Also blieb Richard dem hinteren Teil des Raumes fern, allerdings mehr um des Friedens willen und nicht, weil Thorne ihn eingeschüchtert hätte. Die Kolben der Destillierapparate bestanden aus Kupfer, ebenso die zahlreichen ineinander verschlungenen und sich verzweigenden Röhren. Ventile, Hähne und Streben dagegen waren aus Messing. Deshalb brauchte man jemand, der Schwachstellen entdeckte, bevor sie zu Lecks wurden, und der solche Schwachstellen reparieren konnte, während die Destillierapparate weiterliefen. Sie waren paarweise angeordnet, und ein Paar war immer für größere Reparaturen an den Metallteilen stillgelegt. Auch solche Reparaturen gehörten zu Richards Arbeit.
    Am ersten Arbeitstag wurde er gleich mit dem schlimmsten Ausdruck in Thornes Wortschatz vertraut gemacht: Branntweinsteuer. Importierte Spirituosen waren von den Behörden Seiner Britannischen Majestät schon immer besteuert worden. Sie brachten Importsteuern in die Staatskasse. Auf Schmuggel, der an den Küsten von Cornwall, Devon und Dorset weit verbreitet war, stand der Tod am Galgen. Dann erkannte man, dass mit Steuern auf in England hergestellte Spirituosen noch mehr Geld zu verdienen war. Also wurden auch sie besteuert. Gin und Rum durften nur in Betrieben mit einer entsprechenden Konzession produziert werden. Diese Betriebe wurden von einem Steuereinnehmer streng kontrolliert, denn für jeden Tropfen, den eine Brennerei aus den Fässern
mit gärender Maische herausquetschte, musste Steuer bezahlt werden.
    »Und der ganze Aufwand nur deshalb, damit die Matrosen auf den Schiffen nicht meutern und die Menschen an Land ihre Sorgen vergessen«, sagte Richard am Ende der ersten Arbeitswoche. »Was für ein wunderlich Ding ist doch der menschliche Verstand. So viel Verstand wird darauf verwendet, den Verstand zu betäuben.«
    »Richard«, sagte Dick ungeduldig, »im Grunde deines Herzens bist du ein Quäker. Immerhin verdienen wir mit dem Zeug unseren Lebensunterhalt!«
    »Ich weiß, Vater, aber ich kann doch denken, was ich will, und ich glaube, der Staat will, dass wir uns betrinken, damit er Geld verdienen kann.«
    »Wenn dich Jem Thistlethwaite hören könnte!«
    »Ich weiß schon.« Richard grinste. »Er würde mein Argument im Handumdrehen auseinander nehmen. Beruhige dich, Vater! Ich meine es nicht ernst.«
    »Peg, ruf deinen Mann zur Ordnung!«, sagte Dick.
    Peg drehte sich um und lächelte so strahlend, dass Richard der Atem stockte. Es ging ihr so viel besser! Hatte sie nur darauf gewartet, auf das endgültige Ende der Bedrohung, die sie mit einem Umzug nach Clifton verband? Jetzt, da ganz sicher war, dass sie im Cooper’s Arms bleiben würden, weil Richard sein Geld verloren hatte, fühlte sie sich vollkommen geborgen.
    Sie ließ den leeren Becher fallen, den sie in der Hand hielt, und bückte sich rasch, um ihn aufzuheben. Ein entsetzlicher Schrei gellte

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