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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ist ein neuer Stein für deinen Filterapparat. Wechsle ihn aber erst, wenn es nötig ist - Gott sei Dank ist der Stein kaum schwerer als Bimsstein. Hier haben wir Teeröl und eine neue, besonders ergiebige Seife. Du verbrauchst deine Seife viel zu schnell, Richard! Hier ist etwas von meiner Asphaltspezialsalbe - sie heilt alles vom Geschwür bis zur Schuppenflechte. Tinte und Papier - ich habe den Korken mit Draht festgebunden, damit die Flasche nicht auslaufen kann. Und schau dir das an, Richard!« Die Begeisterung über die neue Erfindung ließ ihn seinen Kummer für einen Augenblick vergessen. »Das sind so genannte ›Schreibfedern‹, weil sie dieselbe Funktion erfüllen wie die Spitze eines angeschnittenen Federkiels. Man steckt sie in die stählerne Fassung am Ende dieses Holzstiels. Ich habe die Federn aus Italien kommen lassen, obwohl sie in Arabien hergestellt werden - Gänse scheint es in Arabien kaum zu geben. Noch ein Rasiermesser, für alle Fälle. Eine große Büchse Malz, falls du zu wenig Obst oder Grüngemüse bekommst - Malz ist gut gegen Skorbut. Und Lappen, jede Menge Lappen. Meine Frau und deine Mutter haben den Stoffhändlern der Nachbarschaft alle Leintücher abgekauft, die sie vorrätig hatten. Dazu eine Mullbinde und ein blutstillendes Mittel. Und eine Flasche von meinem patentierten Stärkungsmittel, dem
ich ein Dram Gold beigefügt habe, damit du keine Furunkel bekommst. Falls du Furunkel oder Karbunkel bekommst, wenn du das Stärkungsmittel aufgebraucht hast, dann kaue ein paar Tage lang etwas Schrot. Was nicht mit Lappen ausgestopft ist, ist mit Kleidern ausgestopft.«
    Vetter James hatte fast alles in der Kiste untergebracht. Jetzt runzelte er die Stirn. »Ich fürchte, du wirst ein paar Sachen in die Manteltaschen stecken müssen, Richard.«
    »Die sind schon voll«, sagte Richard bestimmt. »Reverend James hat mir Bücher gebracht, und auf die kann ich nicht verzichten. Wenn mein Geist verkümmert, nutzt mir ein gesunder Körper nichts mehr, Vetter James. Was meinen Geist in den letzten drei Monaten gesund erhalten hat, war die Möglichkeit zu lesen. Das Schlimmste an der Gefangenschaft ist die erzwungene Untätigkeit. Zu Bunyans Zeit - ja, Bunyans Pilgerreise habe ich dabei - durfte ein Häftling nützliche Arbeiten verrichten und das, was er herstellte, sogar verkaufen, um seine Frau und seine Kinder zu unterstützen, so wie Bunyan es zwölf Jahre lang tat. In Newgate stört es die Wärter schon, wenn wir herumlaufen. Ohne Bücher wäre ich verrückt geworden. Deshalb muss ich sie behalten.«
    »Verstehe.«
    Nach vielem Ein-, Aus- und Umpacken war schließlich doch alles in der Kiste verstaut, allerdings war sie so voll, dass die beiden massiven Schnappschlösser erst zugingen, als Willy sich auf den Deckel setzte. Den Schlüssel hängte Richard sich an einem Lederriemen um den Hals. Er hob die Kiste hoch. Sie wog mindestens fünfundzwanzig Kilo.
    Willy hatte auch eine Kiste erhalten, die allerdings kleiner und leichter war.
    »Ich kann nicht in Worte fassen, wie dankbar ich dir bin«, sagte Richard zu Vetter James. Seine Augen strahlten vor Freude und Liebe.
    »Ich danke Ihnen ebenfalls«, sagte Willy zu Tränen gerührt.
    Dann nahmen sie Abschied voneinander. Sie würden sich erst um die Fastenzeit vor dem Geschworenengericht wieder sehen.
Am frühen Morgen des 6. Januar schlurften Richard und Willy mit ihren Kisten durch das Gittertor auf den Korridor. Dort holten Walter und ein Fremder mit einem Knüppel sie ab und stießen sie in den Raum mit den Eisenketten an den Wänden. Richard dachte schon, die Fußfesseln würden ihnen für die Reise abgenommen, und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Die Kiste war schon schwer genug. Doch er hatte sich zu früh gefreut. Der zerlumpte Verwalter der Schreckenskammer legte ihm ein zwei Zoll breites Eisenband um die Taille und schloss es vorne ab. Außerdem verpasste er ihm Handschellen, die er durch zwei Fuß lange Ketten mit dem Schloss auf Richards Bauch verband. Dann entfernte er die Kette zwischen Richards Füßen und kettete die Fußschellen ebenfalls an den Eisengürtel. An dem Schloss über Richards Bauchnabel liefen damit vier Ketten zusammen. Richard konnte jetzt zwar größere Schritte machen, doch die Ketten schränkten seine Bewegungsfreiheit derart ein, dass er nie hätte fliehen können.
    Irgendwie gelang es ihm, seine Kiste hochzuheben. Mit einem seltsamen Gefühl der Genugtuung stellte er fest, dass die Ketten

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